Der Städtebund von Tangara > Ayd'Owl-Akademie

Zimmer von Rikhard Kraftweber

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Sandra:
Während Stella sich weiter unterhielt ließ sie hin und wieder ihren Blick zu Rikhard herüber wandern um zu beobachten, wie er sich so anstellte.
Zunächst hatte sie sich nicht viel dabei gedacht, als Rikhard sich mit Lucas über Fachthemen unterhielt, schließlich war Lucas dafür ein ausgezeichneter Ansprechpartner, doch während andere Gespräche und Gruppen sich immer wieder etwas neu zusammensetzten blieb Rikhard ausschließlich mit Lucas im Gespräch. Daher wurde Stella nun langsam innerlich etwas unruhig.
Als sie wieder mal einen Blick in Rikhards Richung warf hatte sie außerdem den Eindruck, dass er dem Blick von Lucas zu ihr herüber folgte.
Auch ihr Blick ging nun gelegentlich zu Lucas, dem sie ein kleines Lächeln wie ein kleiner Flirt zuwarf und diesen gleichzeitig daran erinnerte, was Gorix ihm eingetrichtert hatte, was seine Aufgabe war und damit die Verbindung von Kydora und Stella anging.
Außerdem war Lucas ganz süß… Sollte Rikhard doch ruhig denken, dass die beiden einander mochten - was ja auch nicht ganz falsch war.

Als der Abend noch weiter voran schritt und Rikhard immer noch an Lucas zu kleben schien, blickte der Adept wieder zu ihr hin und signalisierte ihr, dass sie vielleicht besser herüber käme, anscheinend wurde ihm das Thema von Rikhard unangenehm. Die Blicke der beiden hatten sich nun über die Unterhaltung mit Rikhard hinweg schon ein paar mal getroffen.
Sie stand auf und kam mit einem Lächeln auf den Lippen zu den beiden herüber, als Rikhard Lucas über den Verbleib von Kydora fragte

Rikhard Kraftweber:
Das ist es also! Stellas Lächeln sagte alles, und Rikhard musste innerlich grinsen. Sie ist also in Lucas verliebt! Wer hätte das gedacht..

Mit einem verschwörerischen Grinsen auf den Lippen beugte er sich zu Stella hinüber und flüsterte: "Keine Sorge... bei mir ist das Geheimnis sicher, das ihr beide habt! Ich verrate es keinem. Aber ich wünsche euch ganz viel Glück, ihr könnt es gewiss brauchen!"

Sandra:
Stella konnte gerade noch eine Gesichtsentgleisung unterdrücken und schickte ein Stoßgebet zu Elja, dass es sich dabei nicht um das Geheimnis mit Kydora handelte. Stattdessen gab sie nur ein überraschtes “Ähhhh…Danke.” von sich.
Der unschuldige Blick von Lucas sorgte zwar dafür, dass sie sich wieder etwas entspannte, aber sie würden sich darüber definitiv noch unterhalten müssen, was Rikhard wusste. Aber ändern ließ sich jetzt eh erst einmal nichts.

Sie war unschlüssig darüber, ob sie noch ein wenig hier bleiben sollte, oder sich lieber mit Lucas unterhalten und anschließend ins Bett begeben sollte, immerhin war es schon deutlich nach Mitternacht.
Außerdem hatte sie eigentlich nicht wirklich Lust, sich großartig mit Rikhard zu unterhalten, weshalb sie sich zu Lucas beugte, ihm etwas zuflüsterte und dieser mit einem Nicken und Lächeln reagierte. Dann wendete sie sich noch einmal Rikhard zu während Lucas ebenfalls aufstand, um sie zu begleiten. “Du entschuldigst uns? Ich wollte nochmal an die Luft bevor ich gleich schlafen gehe, immerhin ist es schon ziemlich spät, aber ich wünsche dir noch einen unterhaltsamen Abend.”

Rikhard Kraftweber:
Ich hab das wirklich gemacht.

Es waren nun ein paar Tage vergangen, und die ganzen Gäste waren abgereist. Der normale Lehrbetrieb wurde fortgesetzt, und auch, wenn einige Schüler über den Jahreswechsel zu ihren Eltern gereist waren, war in der Ayd'Owl noch einiges los.

Rikhard saß in seinem Zimmer und ruhte sich aus. Der Tag hatte ihn völlig in Beschlag genommen: der Umbau des Westflügels nahm einfach viel zuviel Zeit in Anspruch. Ständig musste Rikhard in seiner Stellung als Assistenz neue Formulare ausfüllen und auch unterschreiben lassen, und dann musste er Lieferungen auf Vollständigkeit und Schäden überprüfen, dann musste er sich mit verschwitzten Arbeitern abgeben...

...aber irgendwie musste er dem Kanzler ja beweisen, dass er trotz seiner Regelbrüche das Vertrauen des Herrn Stauffer verdient hatte.

Überhaupt, ich hab ja noch Glück gehabt!
Wie er da so saß, ließ er die Ereignisse der Tage an sich vorüber ziehen. Begonnen hatte alles mit dem Ritual, das er durchgeführt hatte. Bis zuletzt war er unentschlossen gewesen, obwohl er Vorkehrungen getroffen hatte. Und dann, nach der Vorlesung, als die anderen Schüler begonnen hatten, untereinander zu schwatzen und alles lockerer wurde - da hatte er einmal mehr gespürt, dass er ausgegrenzt wurde.
Also war er in sein Zimmer gegangen. Dort hatte er das Ritual vorbereitet, und hatte es auch durchgeführt.

Und dann war alles schiefgegangen. Gnadenlose Selbstüberschätzung. Wie er versteinert wurde, und wie Magister Sonnenwende den Zauber schließlich löste.

Der unselige, brutale, schmerzhafte Streit, den er mit Runa gehabt hatte. Ein kleiner Teil von ihm wünschte sich immer noch, er hätte es verschwiegen, aber Rikhard wusste genau, dass es besser so war. Er hatte Mist gebaut, und es war allein sein Fehler gewesen.
Rikhard Kraftweber machte keine Fehler. Wenn er versagte, dann lag es an äußeren Umständen oder an den fehlenden Fähigkeiten seiner Mitschüler. So war er durch's Leben gegangen.
Und damit bin ich gewaltig auf die Nase gefallen.

Die vielen Gespräche gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Rikhard war beileibe nicht dumm, aber er hatte mehr Angst, als gut für ihn war. Angst davor, zu versagen. Angst, nicht ernst genommen zu werden - und vor allem anderen Angst, Freundschaften zu schließen, und dann doch wieder zurückgewiesen zu werden.

Aber diese Angst ist keine Entschuldigung, Rikhard.
Nüchtern und organisiert sezierte Rikhard seine eigene Erinnerung. Fein säuberlich ging er die Tage des letzten Jahres durch und sortierte sich selbst ein. Er versank mehr und mehr in einen meditativen Zustand und schwomm gewissermaßen durch den Sumpf, den er geschaffen hatte, als er sich selbst immer und immer wieder belogen hatte.

Als er aus diesem Sumpf wieder auftauchte, fand er sich selbst fast ein wenig abstoßend.
Ich mag inhaltlich ja Recht damit haben, wenn ich sage, dass ich der Beste bin. Schließlich kann nur Runa mir in diesem Jahrgang das Wasser reichen. Aber wenn ich das den anderen Schülern unter die Nase reibe, fühlen sie sich schlecht und in ihrer Wertigkeit angegriffen.
Rikhard nickte und machte sich innerlich eine Notiz.
Aktion - Reaktion. Das, was ich meine, ist nicht immer das, was empfunden wird.

Es würde ein langer und steiniger Weg werden.

Aber es war ein Anfang.

Vanion:
Der Brand war nun Tage - nein, Wochen her. Rikhard erstickte in Arbeit. Allein die Logistik hinter den Schäden, die beseitigt werden mussten. Unzählige Briefe hatte Rikhard an unzählige Taubenbeine geheftet. Hier etwas abgeschrieben, dort etwas unterschrieben, da etwas angenommen. Das Wissen der Ayd'Owl - verloren. Zum Glück war niemand zu Schaden gekommen - über den Verbleib des Kanzlers hatte Rikhard noch nichts in Erfahrung bringen können, aber der Herr Stauffer lebte immerhin.

Und so hatte Rikhard getan, was er am besten konnte - gearbeitet. Bis über beide Ohren hatte er sich in die Verwaltungstätigkeiten gestürzt, die man als Assistenz der Akademie so machen musste. An der Ayd'Owl herrschte nun eine traurige Geschäftigkeit. Die Dozenten lehrten ein wenig hektischer, ein wenig angespannter. Die Schüler litten ein wenig unter so manchem Lehrmeister, der ein wenig jähzorniger war als sonst - und ständig gab es Gerüchte darüber, wie dieses Feuer überhaupt entstanden war.

Ein fehlgeschlagenes Ritual war noch eine der glaubhafteren Theorien. Aus einer Ecke des Innenhofes hatte Rikhard aufgeschnappt, dass angeblich der Vizekanzler Gorix ein Feuer beschworen hatte, nur um zu schauen, wie mächtig er war. Wieder woanders... konzentriert dich!

Rikhard starrte das Pergament an, das vor ihm auf dem Tisch lag. Die Buchstaben verschwammen vor seinen müden Augen - nein, er hatte die Tinte verschmiert. Er seufzte, dann warf er einen Blick aus dem Fenster. Die Sonne ging bereits unter, und wieder einmal hatte er das Abendessen verpasst.
Im Innenhof herrschte reger Betrieb, ein Pferdegespann war angekommen. Irgendwelche Besucher - und einer dieser Besuche trug eine Laute auf dem Rücken.

Da kam Rikhard eine Idee. Rasch räumte er seine Schreibutensilien zusammen. Sorgfältig verstaute er alles an seinem Platz, dann machte er sich auf den Weg zum Innenhof.

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