Julienne erwachte am darauffolgenden Tage und wusste erst mal nicht, wo sie war. Das Haus schien ihr seltsam vertraut und doch konnte sie sich nicht daran erinnern, es schon mal gesehen zu haben. Erst als sie sich aufsetzte und vor Schwindel die Augen schloss, wurde ihr klar, dass es der Geruch war, an den sie sich offenbar erinnerte. Klar; Holzrauch gab es in jedem Haus. Doch hier kamen weitere Gerüche hinzu, die sie offenbar mit dieser Behausung verband - Kräuter, der Duft von gekochten Rüben, geräucherter Wurst, frisch gemähten Getreides und von Tieren...
Tiere! Was war mit Hexe passiert?!?
Julienne versuchte, sich weiter aufzurappeln und bemerkte, dass sie nackt war, als ihr die Decke vom Leib rutschte. Sie sah an sich herunter und verzog das Gesicht. Nackt war sie wohl eher nicht zu nennen - bei all den Verbänden, in die sie eingewickelt worden war...
Sie zog die Decke wieder hoch und betastete die Wunden unter dem Stoff. Offenbar hatte sich jemand die Mühe gemacht, die Verbände mit Wein zu tränken. Jedenfalls rochen sie danach...
Als sie die Wunde am Hals betastete, verzog sie schmerzvoll das Gesicht. Da hatte wohl jemand ordentlich etwas an Wundfleisch weggenommen, denn die Verletzung erschien ihr größer und empfindlicher als zuvor. Auch beim Schlucken war es unangenehm...
Und ihre Kehle war ohnehin schon so trocken...
Julienne blickte sich auf der Suche nach etwas zu trinken um. Auf dem großen Tisch in der Mitte des Raumes stand ein Krug. Doch wie dorthin kommen? Irgendwie wusste sie, dass sie noch nicht stark genug sein würde, um einfach aufzustehen und bis zum Tisch zu laufen.
Die Gardistin versuchte abzuschätzen, welche Tageszeit es sein mochte, aber das wenige Licht, das durch die offene Tür und die mit Rohhaut bespannten Fenster fiel, ließ keinen Schluss zu.
Es war auch niemand draussen zu hören; vermutlich waren alle auf den Feldern, um die Ernte einzubringen...
Julienne lehnte sich zurück und machte sich auf eine längere Durststrecke gefasst.
Ihre Lieder schlossen sich...