Ein paar Augenblicke später trat der Feuermagier mit fragendem Gesichtsausdruck vor das Zelt, einen Teil seiner Ausrüstung noch locker in der Hand während Stella versuchte, eine bequeme Position für die Meditation zu finden und sich auf das Spiel der Flammen zu konzentrieren, die zwar immer noch relativ hoch loderten, aber ohne die gespeiste Magie langsam wieder auf normale Größe zurückgingen.
Gorix beobachtete sie aus einigen Schritten Entfernung, denn er wollte ihre Meditation nicht unterbrechen.
Aber so recht konnte die Magierin nicht in die Konzentration finden, irgendeine Kleinigkeit störte sie ständig und schließlich trat sie frustriert die Schale um, woraufhin das brennende Holz über die Erde kullerte.
“Na, heute etwas hibbelig?” hörte sie ihren Meister mit einem belustigten Unterton hinter sich.
“Und wenn das Absicht war?” sagte sie beiläufig und gleichzeitig provozierend.
Er stand jetzt etwa zwei Schritt hinter ihr und sein Blick ruhte auffordernd auf ihrem Rücken.
“Dann wirst du das wohl aufräumen müssen.”
“Und was, wenn nicht?”
Oha, will da jemand aufsässig sein? dachte Gorix amüsiert bei sich.
Mit einem belustigten Grinsen entgegnete er:
“Ich habe mich wohl verhört? Was heißt hier, wenn nicht? Das ist ja wohl außerhalb jeglicher Diskussion. Außer du möchtest auch noch eine Strafarbeit machen.”
Was grinst du noch so dämlich? Strafarbeit? Klar, sonst fällt dir ja auch nichts ein…Steck’ dir deine Strafarbeit doch sonst wo hin!
Die Stimme der Magierin wurde lauter und ein giftiger Unterton schwang darin mit.
Die Worte kamen ihr einfach so über die Lippen, ohne dass die Magierin wirklich wusste, was sie sagte. Eine unbekannte Hitze stieg immer weiter in ihr auf, die sie vorher noch mehr oder minder erfolgreich im Zaum gehalten hatte.
“DANN SPERR MICH DOCH EINFACH WIEDER EIN, WENN'S DIR NICHT PASST! DAS KANNST DU DOCH SO GUT!"
Mit dieser Aussage sah man, wie das Grinsen augenblicklich in Gorix’ Gesicht erstarb.
“Mädchen, du solltest jetzt mal halblang machen, sonst kriegen wir zwei WIRKLICH Streit.”
In der Betonung lag ein Ausruck, der keinen Zweifel am Ernst seiner Aussage zuließ. Irrational, wie ihre Gefühlswelt gerade war, ließ das innere Feuer Stella die Situation allerdings nicht erkennen und weiter aufschaukeln.
“Was willst du denn machen? Mich wieder deine Kiste aufräumen lassen ? Uhhh ich zittere schon!”
Die Wut stieg in Gorix auf und man hätte meinen können, dass die Luft um ihn herum wie auf einem Feld in der Sommerhitze flirrte. Auch er wurde nun lauter
“WAS GLAUBST DU HIER ZU VERANSTALTEN? Du hast kaum deine Nase in höhere Sphären erhoben und glaubst schon, dich mit mir anlegen zu können? Wenn du es so willst, können wir auch mit harten Bandagen arbeiten.”
Während die beiden sich weiterhin in ihrem Streit hochschaukelten und ein Satz dem nächsten folgte, näherte sich von der Seite irritiert Svenja, die, nachdem sie sich das Schauspiel einige Augenblicke angehört hatte, entschied, dass sie dringend eingreifen sollte, um Schlimmeres zu verhindern.
Sie kannte auch Stella nun schon gut genug um zu wissen, dass das ein doch eher untypisches Verhalten war und sie sich ihrem Meister gegenüber damit gerade in Teufels Küche brachte beziehungsweise schon befand.
Auch Ysander kam näher, nachdem er sich mit der Nedra-Priesterin kurz verständigt hatte, dass sie das besser schnell beendeten.
Schnell hatte die Nedra-Priesterin Gorix ein paar Schritte von Stella weggeführt und mit ein paar gezielten Sätzen wieder beruhigt. Als er auf die Frage, was eigentlich vorgefallen war keine sinnvolle Antwort geben konnte, überdachte er die Situation noch einmal und mittlerweile dämmerte ihm auch so langsam, was Sasha ihm wohl hatte sagen wollen, als sie ihn aus dem Zelt gebeten hatte, aber auf gleich zwei so explosive Fässer hatte die Wolfselfe beim besten Willen keine Nerven gehabt.
Während Svenja damit beschäftigt war, Gorix wieder logischen Argumenten zugänglich zu machen und er Stella nicht gleich ungespitzt in den Boden rammen würde, schnappte Ysander sich die aufgebrachte Stella, bevor sie auch noch auf die Idee kam, Svenja zu beschimpfen. Die unermüdliche Ruhe des Elja-Novizen ließ Stella zumindest auch soweit wieder zur Ruhe kommen, dass sie nicht einfach weiter auf Ysander einschrie.
Um die Situation mit Stella zu klären und herauszufinden, was eigentlich mit ihr los ist, ging Gorix nun deutlich ruhiger wieder zu ihr herüber woraufhin Ysander sich mit Svenja wieder etwas zurück zog.
“Sag mal, was ist eigentlich los mit dir? So streitsüchtig kenne ich dich ja gar nicht.”
Völlig überrascht von dieser Frage, auf die sie selbst nicht wirklich eine Antwort hatte wetterte sie zunächst wieder wild drauf los.
“Was soll schon los sein? Meine Hand brennt wie blöde, aber es ist nicht die Verletzung und Wasser hat auch nix gebracht. Dann sieht meine Kiste aus wie sonstwas, weil ich den Krempel versucht habe einhändig da raus zu fischen und die magische Flamme um das Holz anzuzünden war auch viel zu groß. Toll, da hast du noch was wofür du mir ne Strafarbeit geben kannst! Oh, und die Meditation mit der scheiß Flamme hat auch nicht geklappt. DAS IST LOS!”
Auf Grund der Aussagen seines Lehrlings beschlich den Großmeister langsam ein Verdacht, was für ihr Verhalten verantwortlich sein könnte und eine kurze Analyse ihrer astralen Struktur bestätigte seine Vermutung.
Die ausgiebigen Übungen mit dem Feuer und die Verletzung hatten das Gleichgewicht der Magierin von Feuer und Wasser völlig durcheinander gebracht und das Übermaß an Feuer war deutlich erkennbar.
Im Gegensatz zu ihrem Meister war Stella dieses Übermaß jedoch fremd und konnte es in ihrem aufgebrachten Zustand aber auch selbst nicht erkennen - geschweige denn dagegen vorgehen, was Gorix dafür zu Genüge beherrschte.
“Na, jetzt wundert mich auch nicht mehr, warum du so reagiert hast.”
Langsam ließ er seine Komponente sinken und hängte sich diese wieder um den Hals.
Man könnte ja meinen, du explodierst jeden Moment…
“Mit so viel Feuer muss man auch erst mal umgehen lernen. Aber wenn das alles ist… Weiß ich schon, was wir machen. Komm, steh auf und hol dein Schwert.”
Zunächst sah Stella Gorix irritiert an, griff dann aber doch nach der Hand, die er ihr hin hielt und zog sich mit der linken Hand auf die Beine.
Während sie ihr Schwert holte ließ sich Gorix eine Salbe von Ninim geben, um Stellas verletzte Hand ausreichend betäuben zu können.
Dieser ließ sich daraufhin auch die Verletzung zeigen und schnell hatten beide die Hand grob versorgt.
“Wichtig ist, die Energie kontrolliert abfließen zu lassen, denn wenn du sie versuchst zu ersticken oder zu ignorieren, wird sie wie jetzt immer weiter ansteigen, bis sie dir über den Kopf wächst.”
Mit diesen Worten führte er sie ein paar Schritte aus dem Lager hinaus auf die offene Wiese, seine eigene Klinge locker in der Hand. Um die Klingen legten sie wie so oft zur Übung einen Zauber auf dass die Klinge sie nicht schneiden konnte und Schutzzauber auf sich selbst bevor Meister und Lehrling sich gegenüber aufstellten.
“So, und jetzt lass mal richtig Dampf ab.”
Die Klingen der beiden trafen hart aufeinander, als Stella ihren ersten Schlag führte und weitere Angriffe folgten kurz darauf, die Gorix parierte und seine Schülerin im Gegenzug ebenfalls mit Hieben eindeckte.
Doch dennoch konnte man merken, dass sie sich selbst zurück hielt und erst als Gorix sie weiter antrieb und der Kampf lautstärker wurde durch die Schreie, die die beiden von sich gaben, löste sich langsam Stellas Haltung und der Schlagabtausch der beiden schneller wobei sie sich in einer Art Tanz gegenseitig umkreisten.
Die Magierin steigerte sich dabei lsangam immer weiter in eine Rage, in der sie blindlings auf Gorix’ Klinge einhieb, der daraufhin ihre Schläge nur noch parierte, um ihr die Gelegenheit zu geben, sich abzureagieren.
Die Agressivität, die die Magierin dabei zunächst gezeigt hatte, flaute schon bald ab und schließlich bewegten sie sich eher miteinander.
Irgendwann hielten beide völlig außer Atem inne und sanken erschöpft auf die Knie und atmeten tief durch.
“Und, besser?”
“Ja, deutlich.”
Langsam dämmerte der Magierin auch, was sie vorhin so von sich gegeben hatte und es war ihr merklich unangenehm.
“Und das vorhin tut mir leid. Du weißt hoffentlich, dass das nicht so gemeint war…”
“Na das hoffe ich. Entschuldigung angenommen.”
Freundschaftlich umarmten die beiden sich, nachdem sie langsam wieder auf die Beine gekommen waren.
“Dann ist denke ich alles geklärt?”
“Ja.”
“Sehr gut.”
Mit einem Grinsen fügte er hinzu: “Dann kannst du ja jetzt die Reste aufräumen. Und eine Strafe dafür kommt natürlich trotzdem noch.”