Vorweg mein Gesamtfazit als NSC:Nett, aber erstaunlich retro.
Ich tue mich ziemlich schwer mit dieser Kritik, weil es recht viele Kritikpunkte sind. Ich mag die Teile der Orga, die ich schon kannte, sehr, und den Rest, den ich noch nicht kannte, fand ich sehr nett. Das hier soll kein Verriss sein. Jede Orga setzt andere Prioritäten – vielleicht habt ihr andere Prioritäten, vielleicht habt ihr an die Punkte, die ich nennen werde, aber auch einfach nicht gedacht. Soll ja vorkommen. Vielleicht könnt ihr das dann als Anregung sehen. Ich hoffe, als sinnloses Gemecker seht ihr es nicht, denn als solches ist es nicht gedacht
Es war kein schlechter Con und ich hatte Spaß. Es gibt nur eine Menge Dinge, die man m.M.n. einfach hätte besser machen können mit gar nicht so viel Aufwand.
Bedenkt bitte beim Lesen (es klingt nämlich nach seeehr viel Kritik): Kritikpunkte beschreibe ich gerne ausführlich, weil ich will, dass mein Leser genau versteht, was mich gestört hat. Nicht, weil ich drauf rumreiten will.
Gelände:Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich hätte dieses Gelände nicht für ein kampflastiges Con ausgewählt.
Man kann als NSC nur aus zwei Richtungen angreifen, die relativ weit einsehbar sind. Es gibt zwar viele Hütten, aber die stehen weit auseinander und man kann dadurch – gerade im Winter – leicht sehen, ob jemand dazwischen herumschleicht. Das Gelände ist relativ klein und mit genug SC daher sehr leicht zu überwachen. Überraschungsangriffe kriegt man schon irgendwie hin, aber dazu muss man etwas Glück haben.
Die Wege sind so schmal, dass man sie mit 5 dicht gedrängten SC problemlos „abriegeln“ kann, von der Seite angreifen geht nicht, weil es rechts und links recht abrupt bergauf oder bergab geht (weshalb man auch sehr aufpassen muss, wo man hintritt!). Und an den Wegkreuzungen muss man aufpassen, nicht über die großen Findlinge zu stolpern.
Ja, man kann dort kämpfen, aber wirklich Spaß macht es mir nicht. Ich mag es, mehr Platz und mehr Möglichkeiten zu haben. Das Gelände bietet sich eher für Guerilla-Aktionen als für Kämpfe in Schlachtreihe an.
Die Hütten fand ich okay, die sanitären Anlagen auch.
Das Haupthaus war zu klein für die Anzahl der Leute, das ist schade.
Kämpfe:Wie bereits geschildert empfand ich das Gelände als nicht gerade günstig zum Kämpfen.
Die Kämpfe waren dann überwiegend ganz okay. Die SC haben mal wieder eine Schlachtreihe gebildet – ich hasse Schlachtreihen und wenn das Gelände Umlaufen verhindert, machts noch weniger Spaß. Ein oder zwei Leute hatten SEHR große Schilde (gegen Tropfenschilde von den Knöcheln bis zum Kinn zu kämpfen macht mir null Spaß), diese Leute habe ich gemieden. Oder eher das versucht; leider hat man auf den engen Plätzen wenig Gelegenheit zum Ausweichen.
Schade fand ich, dass die Kämpfe (an denen ich beteiligt war) überwiegend vom unteren Zugangspunkt aus starteten. Als NSC muss man dann permanent bergaufjoggen, das wird auf Dauer schon etwas unbequem
die SCs hatten aus irgendeinem Grund auch die Tendenz, sich am dunkelsten und engsten Ort hinzustellen (bzw. uns dort hinzudrängen) statt weiter oben zu kämpfen, wo mehr Platz war. Versteh ich nicht. Gerade mit längeren Waffen ist das an so engen Stellen immer eine Quälerei, wenn man nicht seine Mit-NSC versehentlich schlagen will :-/
Unschön fand ich übrigens, dass die SC die NSC gern an unbeleuchtete Stellen gedrängt haben statt einfach im Licht stehen zu bleiben und dass es von der Orga keine Ausleuchtung gab. Ok, das lila Licht hat natürlich geholfen, aber das war ja nicht bei jedem Kampf in der Dunkelheit angeschaltet.
Nach dem ganzen Gemecker möchte ich aber positiv anmerken, dass die Kämpfe an sich dann wie gesagt ok waren – ich hab keine zu harten Schläge abgekriegt und überwiegend haben die SCs auch schön ausgespielt, was mich gefreut hat.
Wenn ich Schläge nicht ausgespielt habe, liegt das daran: Meiner Erfahrung als NSC nach nutzen SC, wenn sie in einer Übermacht sind, meine ausgespielten Treffer gerne dafür, um alle gemeinsam auf mich draufzugehen. Das machen sicher nicht alle SC auf jedem Con, aber ich habe mir quasi so einen Schutzreflex angewöhnt als NSC … Irgendwann falle ich dann sowieso um
SC: Ich hatte wenig Kontakt. Und das lag nicht an mir, sondern an den SC.
Ich hatte das Gefühl, dass die SC die NSC als Kloppmaterial und Plotlieferanten betrachtet wurden – hatten sie gerade keinen Plot zu bieten oder eine Waffe in der Hand, wurden sie ignoriert. Leute, das geht besser.
Am Freitagabend gab es vielleicht 5 oder 6 SC – wenn überhaupt! -, die mal ein Wort mit der Spitalbesatzung oder den Insassen gewechselt haben. Der Rest hat sich offenbar keinen Deut für das Setting interessiert, sondern nach Plot und Kämpfen gesucht.
Am Samstag gab es dann nicht mehr so viel Spital-Spiel – wozu auch, hat sich ja eh kein* Spieler für interessiert … morgens haben wir es noch probiert, auch mal „offensiver“, aber auch auffällige Aktionen haben nicht mehr bewirkt als „SC gucken mal kurz in unsere Richtung“ und dann habe zumindest ich es aufgegeben.
Ich bin nicht NSC, um Hintergrunddekoration zu sein, sondern um zu spielen.
* okay, ein oder zwei SC gab es durchaus, aber die Mehrheit hätte wohl auch nicht bemerkt, wenn das Setting stattdessen eine Bibliothek oder ein Marktplatz gewesen wäre …
Ausstattung:Die hat mich doch irgendwie enttäuscht.
Die Orga hat offenbar im Voraus kaum geplant, welche Requisiten wirklich gebraucht werden. Im Haupthaus gab es nur einige wenige Grablichter als Beleuchtung (Grablichter sind weder ambientig noch zum Beleuchten eines Raumes gemacht!); hätte nicht ein NSC Teelichter dabei gehabt, hätte abends das grelle Neonlicht brennen müssen und jegliches Flair vernichtet. Einige Kannen für die Tische (zumindest im „Spitalbereich“) wären auch schön gewesen.
Die Ausstattung von Schrein etc. empfand ich als eher spärlich, aber ausreichend.
Zur NSC-Ausstattung der Orga: Es hat mich total verwirrt, dass es keinerlei optischen Unterschied zwischen Novizen und Inquisitoren gibt. Ist das richtig so? Dadurch hatte ich nämlich ab und an so ne kleine Identitätskrise („Aaah! Was genau spielte ich jetzt grad noch mal?“ :D)
Und: Die Ausstattung von Inquisitor Kelos ging gar nicht. Es tut mir wirklich leid, das dem NSC so sagen zu müssen, aber Hose+Baumwolltunika (und keinerlei Rüstung oder
irgendwas sonst) ist keine Ausstattung für einen Inquisitor, sondern für einen Bauern. Oder ist das das in Engonien übliche Ausstattungsniveau? Es war mein erstes Engonien-Con seit 12 Jahren, deshalb kann ich das nicht beurteilen, aber auf anderen Cons hätte ich als SC so jemanden nicht als Inquisitor akzeptieren können. In dem Fall muss m.M.n. zumindest die Orga einen hochwertigen Wappenrock o.ä. stellen (die vorhandenen Wappenröcke fand ich für Schlachtvieh-NSC absolut in Ordnung, aber für repräsentativere Rollen eher nicht).
Organisation:Einerseits fand ich die sehr frühe Information über das grobe Plotkonzept toll und dass die genauere Beschreibung inklusive Zeitplan 2 Wochen vor dem Con verschickt wurde statt – wie leider oft üblich – erst 2 Tage vorher. Super!
Andererseits
darf m.M.n. die NSC-Ansprache
nicht ausfallen nur dafür, dass Time-In um 19 Uhr wie geplant ist. Dann ist Time-In eben erst um 19.30 oder 20 Uhr, das ist immer noch mehrere Stunden früher als auf dem Standardcon! Aber dafür hat man dann informierte NSC.
Und es hat mich verwirrt, dass 2 Wochen (!) vorm Con noch ein NSC-Fragebogen rumgeschickt wurde – von der Orga hat dann doch keiner mehr Zeit, das auszuwerten? Es wurde ja auch nicht mehr drauf eingegangen, soweit ich weiß. Aber diese Fragebögen wären direkt für die Anmeldung sinnvoll, nicht erst kurz vorm Con. An sich waren die nämlich super!
Vor dem Con wirkte alles recht organisiert. Auf dem Con kam mir vieles recht chaotisch und unorganisiert und die Orga recht gestresst vor – mein persönlicher Eindruck war, dass im Vorhinein Planung fehlte. Das ist nicht als Vorwurf gemeint, sondern als gut gemeinter Hinweis, mal zu schauen, welche Dinge man im Voraus planen kann, um auf dem Con entspannter zu sein und mehr Zeit zu haben.
Als Beispiel: Die Szene im Phylakterium (für alle Uneingeweihten: Der Geheimraum, in dem Atos‘ Herz (?) versteckt war ) - offenbar hat sich die Orga vorher nicht drauf geeinigt/verständigt, was dort genau passieren soll. Die eine Orga hatte keine Rätsel vorbereitet, die andere wusste nicht, dass überhaupt Rätsel gebraucht werden. Wenn man solche Dinge vorher bis ins Detail klärt, fällt ein wesentlicher Stressfaktor weg. Improvisieren kann man dann immer noch. Oder war das bereits die improvisierte Lösung?
Es ist ganz praktisch, wenn man für jede Plotszene aufschreibt, was genau man dafür braucht – nicht nur, welche NSCs, sondern auch, welche Ausstattung etc. Kann natürlich sein, dass das im genaueren Plotbuch der Orga (falls es sowas gab, weiß ich ja nicht
) stand, würde mich aber wundern.
Plot:Wäre der Con ein Brettspiel, hätten Kritiker gesagt: „Das Thema ist aufgesetzt“. Der Plot war nicht mit dem Setting verwoben – kann man machen, ist oft so, aber man verschenkt damit ganz viel Spielpotential und Spielerbeschäftigung.
Von dem, was ich verstanden habe, diente das Hospital-Setting nur dazu, dass sich dort der Zeuge verstecken konnte. Man hätte mehr Nebenplots dort unterbringen können, z.B. bedingt durch Hintergrund und Beziehungen der dort lebenden Menschen. Dadurch hätte man die Spieler einerseits mehr ins Setting einbeziehen und andererseits mehr beschäftigen können.
Natürlich wäre das deutlich mehr Arbeit gewesen, aber es hätte sich sicher sehr gelohnt. Ich bin kein großer Freund des Konzepts „Wir beschäftigen eine Handvoll SC mit dem Spezialplot und der Rest kämpft halt.“
Zur Planung der Kämpfe: Ich habe nicht recht verstanden, warum der größte Teil der Kämpfe für nachts
nach Mitternacht geplant war? Es muss doch nicht sein, dass die SCs gelangweilt rumstehen und die NSCs gelangweilt im NSC-Raum sitzen. Die NSCs hätten natürlich auch Hospitalrollen in den Pausen annehmen können, aber das Hospital-Konzept trägt sich nunmal nicht von alleine einen kompletten Tag lang – dafür müsste es dann wiederkehrende (tägliche) Rituale, Beschäftigungsideen, Nebenplots geben. Und der Input dafür sollte von der Orga kommen – für die NSCs ist das schon deshalb schwierig, weil sie vorm Con nicht miteinander in Kontakt kommen, was Planung unmöglich macht (ich fände es ehrlich gesagt aber auch sehr viel verlangt von NSCs, für die Orga das Setting alleine auf die Beine zu stellen).
Auf unserem Con im Juli hatten wir eine Liste ausgehängt mit ausgearbeiteten Aktionen zur Beschäftigung der Spieler und NSCs, wenn gerade nichts los ist. Das finde ich sehr empfehlenswert.
Was ich nicht gut fand:
Zwei Endschlachten. Das Konzept klingt nett, aber zwei Endschlachten sind m.M.n. zuviel für NSC. Die SC können bequem stehen bleiben, für die ist es cool, aber für NSC ist Kämpfen i.d.R. anstrengender (man läuft halt mehr
) und wenn man zum Kämpfen immer 50 m bergauf läuft oder rennt, ist irgendwann die Luft raus.
So, das wars von meiner Seite aus. Danke an die Orga für den Con!