Julienne trat in den Burghof. Gerade hatte der Waffenmeister ihr eröffnet, dass sie mit Celestin, einer der Mägde der Baronin und einigen anderen in wenigen Tagen nach Uld reisen würde.
Sie zog ihren Umhang fester um sich. Es war Ar... verdammt kalt. Die Fröste der vergangenen Tage hielten sich beständig, wenn es auch - den Göttern sei Dank - keinen neuen Schnee gegeben hatte. Jedoch war, durch die Lage der Burg am Wasser, fast den ganzen Tag alles von Eis bedeckt. Die feuchte Kälte kroch allen Bewohnern der Burg in die Knochen und machte das Wachestehen zur Tortur.
Die Gardistin ging zu einem der Kohlebecken, wo auch andere versuchten, ein wenig Wärme in ihre Glieder zu bekommen.
Nesrine stand da und Julienne schenkte ihr ein verschmitztes Lächeln.
"Isch soll dir sagön, dass där Waffenmeistär disch spreschen möschte.", eröffnete sie der anderen.
Sie berührte Nesrine sachte am Arm, als diese an ihr vorbei eilte.
Julienne freute sich innerlich. Renard hatte ihr schon gesagt, dass Nesrine auch mitkommen würde und sie war voller Vorfreude auf die gemeinsame Unternehmung. Ja, sie würden nicht alleine sein, aber jede gemeinsame Stund mit ihr würde ein Genuss werden.
Bald wäre der Weibel wieder da und dann würden sie vermutlich wieder seltener Zeit für einander haben.
Wie mochte es wohl weitergehen... Julienne wusste, dass es Gerüchte gab. Und dass der Weibel sie dafür zum Gespräch zitieren würde, wenn er diese Gerüchte hörte. Bislang waren sie Fragen ausgewichen und hatten sich in Heimlichkeit geübt... sofern das auf einer winterlichen Burg möglich war. Überall waren Menschen und somit auch deren Augen und Ohren. Und die Plappermäuler...
Die Gardistin seufzte. Irgendwann würde es rauskommen. Was würde der Weibel tun? Einen von ihnen aus der Truppe werfen? Sowohl sie, als auch Nesrine gaben sich jede Mühe, alle ihnen aufgetragenen Aufgaben nur absolut vorbildlich auszuführen. Sie vermieden den Kontakt zueinander, wenn sie Dienst hatten, um ja keinen Unmut zu erregen oder gar die Gerüchte noch mehr zu schüren. Trafen sie sich zufällig in der Burg, gingen sie rasch ihrer Wege, damit ihnen niemand einen Vorwurf machen konnte, sie würden ihre Aufgaben nicht wahrnehmen. Stur verrichteten sie ihre Wachdienste, und verbaten sich dabei, an den anderen zu denken, damit nichts sie ablenken könnte.
Ja, sie hatten sich stählern unter Kontrolle. Das sorgte gelegentlich dafür, dass man sie wegen ihrer Grimmigkeit schräg ansah. Und es war sogar schon vorgekommen, dass ein anderer Gardist Julienne vorhielt, sie nehme ihre Aufgabe zu ernst. Sie hatte mit niemandem über diese Begebenheit gesprochen, aber es war ihr in Mark und Bein gefahren.
Einmal hatte Fleur bei ihr gestanden und ihr etwas erzählt, als Nesrine vorbeigegangen war. Julienne hatte kurz genickt und ihren Blick dann wieder stur auf das Land vor der Burg gerichtet, während ihre Cousine plötzlich leise wurde. Fleur hatte Julienne scharf angesehen, zu Nesrine geblickt und dann wieder zu Julienne. Sie hatte den Kopf geschüttelt, mit Sorge in den Augen. Doch die Gardistin hatte sie noch vor dem ersten Wort mit einer Handbewegung unterbrochen. "Isch will nischts 'ören!", hatte sie gesagt. Daraufhin hatte Fleur tief geseufzt und sie mit einem leisen "Wie du willst..." verlassen.
"Alles in Ordnung?", fragte gerade einer der Knechte. Julienne schalt sich 1000 Idioten, dass sie sich nicht besser unter Kontrolle gehalten hatte.
"Was?!? O', ä', oui.". Sie brachte ein schiefes Lächeln zustande. "Findet i'r es nischt auch ar... verdammt kalt?!?"
Der Knecht sah sie scharf an und zuckte dann mit den Schultern. "Du 'ast rescht.", ließ er sich auf das Thema ein. "Isch verbringö im Moment me'r Zeit damit, die vermaledeitön Wassereimär von Eis zu befreiön, als damit, die Ställe saubär zu machön."
Ein anderer Mann mischte sich ein: "Isch bewundere disch, Julienne, dass du jedön Tag mit diesäm Biest von einör Stutö arbeitöst. Mir scheint, bei diesör Kältö ist sie noch garstigär, als sonst..."
Die Gardistin winkte ab. "Inzwischön kommön wir ganz gut zurescht..."