Es kam Balerian so vor, als sei Mina alles andere als Glücklich bei der Vorstellung, jetzt nicht nur ihren eigenen Kopf auf die Reihe zu kriegen, sondern auch noch in anderen Köpfen sortieren zu müssen.
Wenn du wüsstest wie begabt du tatsächlich bist, dachte der Magister. Es wird dir leichfallen mich zu erkennen, wenn du nur genau hin siehst.
Gleichzeitig dachte Balerian, dass es ihm viel schwerer fallen wird an Minas Gedanken dran zu bleiben, damit er spüren konnte was sie empfand. So sehr musste er sich noch nie an einen anderen Geist und an Emotionen heften. Doch seit seine Seele wieder vereint war und seit den Geschehnissen in Sasha, in seinem eigenen Kokon nahe ihrer Seele, wusste er, dass er es konnte. So sehr im Reinen war er noch nie mit sich. Auch wenn manches gerade kompliziert wirkte, wenn er nur erkannte wer er war, würde er auch sehen wer er ist.
Mina fokussierte sich. Sie rief eigene Emotionen wach, um deutlicher sehen zu können. Balerian spürte wen sie vor sich war. Sie begann mit der für sie einfacheren Aufgabe, mit Eolan, der ihr um Kilometer näher war als Balerian. Intuition...Selbstreflexion...Ankündigung..., dann stockte Mina scheinbar, geschuldet ihrer Erkenntnis. Ein Kauz. Ein kleiner Waldkauz, mit Eolans offenen Augen.
Sofort kam dem Magier dies wie selbstverständlich vor. Wie etwas, das schon immer da war.
Entweder über die eigene Erkenntnis oder wegen einer Empfingung Minas, durch irgendetwas verlor er den inneren Kontakt. Sicher fällt es ihr nicht leicht jetzt Balerian zu sehen, schlussfolgerte der Barde. Sie haben sich quasi nicht gekannt. Wann hatten sie sich überhaupt mal gesehen? Ganz langsam, mit viel Ruhe, gelang es Balerian wieder zu Mina zu ertasten. Was er als erstes zu spüren glaubte war Abneigung. Ups, dachte er etwas verlegen. Aber dann... Ein deutliches Bild zeichnete sich in Minas Gedanken ab. Ein Kuckuck. Ja, das war Balerian. Wie er leibt und lebte. Dann war Ende. Er hatte das Gefühl, als ob Mina für einen Moment einfach nicht mehr dachte. Dann schleuderte ihn eine Welle an freudiger Emotion aus ihren Emfindungen hinaus. Er hatte kurz probleme sich in Minas Geisteswelt auf den Beinen zu halten, bis er sich klar machte, dass Gleichgewicht und Schwerkraft hier nicht wirklich eine Rolle spielten.
Mit völlig unverständlichem Blick betrachtete Balerian Mina. "Was ist denn so lustig?, fragte er etwas beleidigt, da er Minas gemurmelter Ausrede nicht einmal ansatzweise glaubte.
Er räusperte sich kurz, gewann die Fassung wieder und schloss für einen Moment die Augen. Er kehrte in sich hinein und rief sich die beiden Vögel in Erinnerung. Aber nicht nur dahin, mehr in sein Herz, in seine Seele. Der Kuckuck, der er so lange war. Der Kauz, der auch wenn er dieser nicht lange war, doch so viel bedeutete. Dann wusste er es. Er hatte das Gefühl, er wisse in diesem Moment einfach alles über sich. Was er jemals war und was er nun ist. Ein Moment der absoluten Klarheit und Reinheit mit sich selbst. Die Vogelgestalten auf dem Baum gingen in einem Licht auf und taten das, was Balerian und Eolan taten. Sie vereinigten sich zu einer völlig neuen Gestalt. Zu seinem neuen Sein. Ein ...
Balerian öffnete die Augen wieder und sah Mina freudig und mit einem dankbaren Lächeln an. "Sicher siehst du nun genauso klar wie ich, wen du vor dir hast", begann er. "Doch ich bitte dich, es nicht auszusprechen. Zwischen uns muss nichts gesagt werden und für andere ist dieses Wissen nicht bestimmt." Der Barde lächelte weiter und hoffte, dass Mina ihn verstand. "Wollen wir gehen", fragte er und legte den Kopf schief.