Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium

Burg Goldbach und Umgebung (Frühling 267 n.J.)

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Berengar von Thurstein:
"Ich konnte einfach nichts tun... Dieses Geräusch als sein eigenes Blut ihm den Atem raubte, das werde ich niemals vergessen..." Kurz blinzelte er und dann sah er auf und Lorainne an. "Verzeihung... die Gedanken kommen manchmal ganz ohne Warnung. Ja, ich kann mir vorstellen dass es ihn nicht nur überrascht hat, sondern er sich auch belogen fühlte. Hintergangen. Einen Eid geschworen zu bekommen unter falschem Namen. Das wird nicht überall hingenommen ohne ernsthafte Konsequenzen zu fordern." Die Worte mochten im ersten Moment harsch klingen, aber sein Blick und sein Tonfall klagten sie nicht an. Sie lebte noch, und das bedeutete, sie hatte es aus der Welt geschafft.

"Ich glaube,m es ist mit einem Knappen und seinem Herrn ein wenig wie mit einem Vater, der eine Tochter nicht zeugt und von seiner Gemahlin gebären lässt, sondern die ihm von seiner Herrin zur Obhut anvertraut wird." Womit sich der Kreis zu ihrem früheren Gespräch nun schloss. "Du wolltest wissen wie sie zu mir kam." Er bot beiden etwas von dem Trunk an, und erzählte derweil weiter. "Katharina kam vor zwei Jahren in das Gefolge von Klara, kurz nachdem ich von ihr die Knappenwürde zurück erhalten hatte. Sie war eigentlich nur eine weitere Magd, eine von vielen, aber anders als viele immer auf unseren Reisen dabei. Es schien sie hinaus in die Welt zu zwingen, tief in ihr drin. Sie schuftete bis zum Umfallen, weit über ihre pflichten hinaus, und wenn eine Situation unvorhergesehen auf uns eindrang, dann nahm sie die Dinge in die Hand und regelte alles. Beeindruckend für eine junge Frau, die keine nennenswerte Schule oder Ausbildung ihr eigen nennen konnte. Nachdem sie für eine Gesandtschaft ohne Ankündigung binnen drei Minuten eine ganze Empfangstafel aus dem Nichts hergerichtet hatte, wurde sie die erste Magd an Klaras Hof. Aber sie wurde damit nicht zufrieden. Es trieb sie einfach irgendetwas immer weiter. Und dabei war sie dennoch so unschuldig, unbedarft und beinahe simpel. Trotzdem ein großes Talent, wie ein ungeschliffener Diamant. Um sie an sich zu binden und ihr eine gute Ausbildung zu ermöglichen, nahm Klara sie ganz in ihre Patenschaft. Und als sich ihre Familiengeschichte uns offenbarte, fragte Klara mich nicht etwa, ob ich sie ehelichen wollte, sondern gab sie mir zur Tochter. Unkonventionell zwar, aber nicht ohne Zustimmung ihrer leiblichen Eltern, Sie waren froh ihrer ledig zu werden, ein nutzloses Maul weniger zu stopfen..."

Bei diesen Worten schüttelte er ungläubig und empört den Kopf. "Nur weil sie als Tochter eines Metzgers zu schwach war um eine Schweinehälfte zu tragen. Nutzlos... Es wundert mich bis heute, dass sie nicht versucht haben ihre Tochter zu verkaufen. Zugetraut hätte ich es diesen rohen Leuten alle male. Aber so kam sie zu mir, meine Katharina. Und was sie für eine Tochter ist. Liebevoll, fürsorglich, umsorgend und unglaublich praktisch veranlagt. Dazu noch schön und sehr elegant. Eine tüchtige junge Dame, mit Talent zur Verwaltung. In meiner Abwesenheit besorgt sie mein Lehen. Welcher Vater wäre da nicht stolz."

Lilac:
Es war noch früh am Morgen, als Julienne in die Stallungen ging. Sie gab Hexe einen kleinen Scheffel Futter in den Trog und trug ihre Ausrüstung zusammen, während das Pferd sein Frühstück fraß.
Als die Stute mit ihrer Portion fertig war, putzte die Gardistin sie ausgiebig. Es lösten sich große Mengen Haare, da die Tiere Goldbachs noch immer im Fellwechsel waren. Dann sattelte und zäumte Julienne das Pferd und befestigte die Packtaschen hinter dem Sattel.
Sie überprüfte nochmals, ob sie auch nichts vergessen hatte: Ihren Proviantbeutel hatte sie, genauso, wie ihre Wechselkleidung, die Schreibutensilien und all den anderen Kleinkram, in den Satteltaschen verstaut. Ihre Verbandstasche trug sie, ebenfalls wie die Umhängetasche mit ihrem Soldbrief und dem wichtigen Brief von Madame am Körper.
Julienne trug ihren Gambeson unter dem Wappenrock und hatte den Eisenhut auf. Sicher ist sicher.
Sie zog ihre Lederhandschuhe an und führte Hexe nach draußen, wo sie aufstieg, den Umhang ordnete und sich ihren Spieß griff, der an der Wand neben dem Stalleingang lehnte.
Im gemessenen Schritt ging es zum Tor, das ihr von zwei müde dreinblickenden Gardisten geöffnet wurde.

Die Gardistin ließ ihr Reittier einige Zeit in langsamen Tempo gehen, damit es sich in der kühlen Morgenluft durch die Bewegung lockern und aufwärmen konnte. Dann trabte sie an und Hexe trug Julienne mit raumgreifenden Schritten nach Riche de Chêne.

Francois:
Francois blickte ihr vom Umgang des Bergfrieds aus hinterher. Er hatte immer ein schlechtes Gefühl, wenn einer seiner Leute alleine unterwegs war.
Er begab sich dann nach unten und betrachtete das Treiben im Hof.

Lilac:
Der Tag fing an, wie so viele andere. Die Tiere, die sich lautstark bemerkbar machten, wurden gefüttert und auf die Weiden geführt. Gardisten und Boten gingen ihrer Wege, die Mägde holten frisches Wasser aus den Brunnen.
Die kleine Amelíe flitzte mit einem Jungen zum Gänsestall und half, die kleine Schar zum Weiden zu treiben.
Fleur schritt über den Hof, mal wieder mit einem Korb voller Wäsche beladen.
Nesrine schien Dienstfrei zu haben, denn sie verschwand im Stall und kam kurz darauf mit ihrem Maultier heraus, das sie in der Morgensonne vor dem Stall anband und ausgiebig putzte.

Lilac:
Nesrine wäre am liebsten ausgeritten. Raus hier. Weg von allen. Einfach mal für sich sein. Allein mit sich, Jaques und ihrer Sehnsucht.
Aber wohin sollte sie schon reiten? Jeder Weg, jeder Platz, den sie mit IHR entlanggeritten war oder besucht hatte, würde ihr nur umso schmerzlicher bewusst machen, dass sie nicht da war.
Also putzte sie das Maultier, bis kaum noch Haare ausgingen und das Fell glänzte.

"Gräme disch nischt. Isch bin bald zurück. Morgän. Oder Übermorgän." Juliennes Stimme hallte in ihrem Kopf. Und ihr letzter Kuss, gegeben in der Heimlichkeit der dunklen Stallungen, brannte auf ihren Lippen.

Um sich abzulenken, wusch Nesrine sogar Jaques' Schweif und seine Fesseln. Auf die noch nassen Hufe brachte sie Huffett auf, das die Feuchtigkeit im Huf halten sollte. Dann rieb sie seine Beine mit einem Lappen trocken. Schließlich gab es nichts mehr, dass sie noch tun konnte. Jaques' Fell glänzte wie bei einem Paradepferd und das Maultier schnupperte schnaubend an seinen gefetteten Hufen.

Nesrine brachte den braven Wallach wieder in seinen Verschlag. Sie hatte keine Lust ihn im Hof zu bewegen. Ein letzter Apfel für ihren Freund, dann stand sie unentschlossen vor dem Stall. Sie könnte ihre Ausrüstung pflegen... oder zu den Hunden gehen...

Schließlich entschied sie sich für keins von beidem und ging hinunter an das Ufer des Sees. Sie ließ Steinchen flitschen und sah zu, wie die scheibenförmigen Dinger über das Wasser tanzten.

Als es Mittag war, ging sie lustlos in die Halle, um mit den anderen zu speisen. Der Platz neben ihr blieb leer. Seufzend stocherte sie in ihrem Eintopf, den sie letztenendes nur aus Pflichtbewusstsein aufaß.

Sie nahm etwas altbackenes Brot und begab sich wieder ans Seeufer. Dort erfreute sie sich an einer wachsenden Zahl hungriger Enten, die ihr die harten Brocken aus den Händen fraßen. Dicht am Ufer schwammen einige fette Karpfen - auch die bekamen etwas ab.
Die Fische brachten sie auf eine Idee - sie besorgte sich einen Haselstecken, eine Schnur und einen kleinen, eisernen Haken. Bald darauf hatte sie es sich mit ihrer neuen Angel wieder am Ufer gemütlich gemacht. Links neben ihr stand ein großer Korb und zu ihrer Rechten lag ein kurzer Holzknüppel.
Die Enten kamen erneut, doch dieses Mal gab es keine Leckereien für sie. Nesrine scheuchte einen besonders hartnäckigen Vogel fort, der ihr immer wieder in die Finger zu beißen versuchte.
"Wenn du jetzt nischt auf'örst, gibt es DISCH zum Abendessön, statt diesär Fischö!", drohte die Gardistin der Ente.
Ob das Tier es verstanden, oder einfach nur eingesehen hatte, dass es hier nichts mehr zu holen gab - es trollte sich.

Bald darauf biss der erste Fisch an. Geübt zog Nesrine ihn an Land und tötete ihn rasch mit einem kräftigen Schlag auf den Kopf.
Am frühen Abend war der Korb gefüllt mit den bräunlichen Leibern nicht weniger Karpfen. Die Gardistin umwickelte ihre Angelrute mit der Schnur und steckte den Haken in eine Kerbe im Holz, die sie zuvor mit ihrem Messer dort angebracht hatte. Dann klemmte sie sich die Angel unter den Arm und hob den schweren Korb auf.

In der Küche wurden die Fische mit Freude entgegengenommen. Der Maître hatte sofort eine gute Idee, was er damit anfangen wollte.

Nach dem Essen machte sich Nesrine Dienstfertig. Sie begrüßte den Nachtdienst - vermutlich hätte sie ohnehin nicht gut schlafen können.
Bald stand sie auf ihrem Posten am Tor und wartete sehnsüchtig auf das Morgengrauen...

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