Der Städtebund von Tangara > Ayd'Owl-Akademie

Der Meditationsraum

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Ballessan:
Es war Morgen. Das sagte Balerian seine innere Uhr. Andere Anzeichen gab es kaum. Es war noch dunkel, noch kaum ein Laut kam von draußen. Aber es war Morgen, da war sich der Magier sicher. Früher Morgen, um genau zu sein. Der erste Morgen nach den Tagen des Lernens. Erst gestern Mittag wurden die Tage für dieses Jahr für vorüber erklärt. Und sie endeten gut für ihn und seine Tutoriumsgruppe. Nicht ohne Stolz dachte er an den Pokal, den sie gemeinsam errungen hatten. In seinem ersten Jahr als Tutor an der Akademie. Und überhaupt, bei seinem ersten Tagen des Lernens als ER in der Akademie. Wohl ein Wink des Schicksals, dass alles gut so ist, wie es ist.
Wenn Balerian daran dachte, wie er gestern Morgen noch, völlig übermüdet und im Nachtgewand an den Schülertisch gewankt war, wohl so mitleiderregend, dass die Schüler ihm sofort einen Kaffee brachten, wunderte er sich, dass er so früh wach war, und dabei auch noch völlig frisch und munter. Aber die Nacht schien auch von Leichtigkeit und sanften Träumen erfüllt gewesen zu sein.
Balerian rollte sich möglichst leise aus dem Bett, um Rebekka und die Kinder nicht zu wecken. Er trat zum Fenster und öffnete die Läden einen kleinen Spalt. Ein Hauch frische Morgenluft und das erste Zwitschern eines Vogels erreichte ihn. Seine Laune hob sich weiter und beim frohen Lied des Vogels packte ihn die Erkenntnis, was er jetzt zu tun hatte. Meditieren! Leise kleidete der gestrige Magister sich an und trat hinaus auf den Flur. Sein Ziel würde der Meditationsraum sein. Doch hatte er nicht vor diesen alleine aufzusuchen. Jemand anders sammelte gerade Erfahrung mit Meditation und hat vorgestern dabei ein substanzielles Erfolgserlebnis gehabt. Und Balerian hatte zugesichert dieser Person so gut er konnte bei emotionalen Dingen, primär bezogen auf die emotionale Kontrolle bei Anwendung von innerer Magie, beiseite zu stehen. So zog er also los und hielt ausschau nach Mina. Wenn sie ihren guten Vorsätzen treu blieb, würde er sie vielleicht schon draußen finden, in unbedingter Erwartung auf den nächsten Frühsport. Falls nicht, er wusste an welche Tür er zu klopfen hatte. Heiter pfeifte er ein Lied und trat in den Hof.

gutemine:
Früh aufstehen wird nie ihres sein. Das war Mina klar. Aber den Frühsport und er Akademie wollte sie auf keinen Fall verpassen. Sie setzte sich auf. Was hatte sie Balerian innerlich verflucht, dass er ihr die Frühsportbefreiung abgenommen hatte. "Die Schüler meines Tutoriums gehen alle zum Frühsport!" hatte er gesagt. Und jetzt war sie ihm so dankbar dafür.
Während sie sich anzog, wanderten Ihre Gedanken zurück zum ersten Morgen der Tage des Lernens. Sie saß mit Kydora bei Jelenas Frühmeditation. Meditation fiel ihr mittlerweile relativ leicht. Schließlich übte sie schon seit über einem Jahr fast täglich.   Alles war gut, bis Jelena sagte: "Und ihr steht auf der Wiese und spürt, wie euch eure Kraft umgibt..." und Mina spürte.... nichts. Völlig verstört hatte sie die Meditation verlassen. Während die anderen noch an einer Bewegungsmeditation arbeiteten, hatte sie sich mit Kydora schon auf den Weg zum Frühsport gemacht. Wie zum Henker fühlte sich diese Kraft bloß an? Hatten sich die anderen nicht vielleicht doch geirrt und sie besaß sie gar nicht?
Sie hatte nie das Gefühl gehabt, anders zu sein als die anderen... oder irgendwie besonders. Gut. Sie hatte ein Gespür für andere Menschen. Aber war das nicht normal, wenn man Tag ein, Tag aus in einer Schänke arbeitet und mit so vielen unterschiedlichen Menschen zu tun hat? Und vor allem auch angewiesen ist darauf, rechtzeitig zu merken, ob jemand etwas Böses will? Eigentlich glaubte sie bis dahin immer noch an einen großen Irrtum.
Bis zum Frühsport. Als Lyx ihr den Energieball zuwarf und Mina zum ersten Mal bewusst spürte, wie sich das anfühlt... immer noch kribbelten ihre Fingerspitzen, wenn sie daran dachte. Mina zog ihr Tuch fester um sich und verließ ihr Zimmer. Nachdem sie gestern den Pokal im Nachtgewand entgegen nehmen musste, weil sie keine Zeit gefunden hatte, sich umzuziehen, sollte ihr sowas nicht noch einmal passieren. Augenscheinlich hatte der Kanzler nichts gemerkt oder sich nicht anmerken lassen... beim Drachen, war das peinlich gewesen!
Schlaftrunken wankte Mina die große Treppe hinunter, öffnete die schwere Tür, lehnte sich gegen die Balustrade und atmete tief die frische Morgenluft ein.
Der Pokal. Mina musste grinsen. Wie auch immer das passiert war. Eigentlich hatten sie sich nur vorgenommen, Balerian nicht zu große Schande zu machen und sich einigermaßen zivilisiert zu verhalten. Auch wenn sie eigentlich Rikkhard überhaupt nicht ausstehen konnte. Aber auch das war vor seinem Streit mit Runa gewesen. Als sie danach einfach so ihre Hand auf seinen Arm gelegt hatte, hatte sie seine ganze Zerrissenheit gespürt, sie hatte hinter seine Fassade aus Hochmut und Besserwisserei blicken können und war erschrocken, was sie da fühlte... ob ihm das überhaupt klar war? Es wäre nur fair, wenn sie da noch mal mit ihm drüber reden würde. Krampfhaft versuchte Mina diesen Gedanken irgendwo in ihrem Kopf zu verstauen, so dass er nicht direkt wieder verloren gehen würde, als Balerian den Hof betrat.

Ballessan:
Balerian musste nicht lange suchen. Kaum einen Moment früher als er musste Mina den Hof betreten haben. Ihr Gesicht wirkte ein wenig angestrengt, irgendwie leicht schief, konzentriert könnte man sagen. In anbetracht der Tageszeit musste dies aber nichts heißen. So in etwa guckte er selbst auch nach dem aufwachen. Vor allem zu solch einer Stunde, wo ihn für gewöhnlich die bloße Existenz, so sie denn auf mehr als auf schlafendem verpassen von jeglicher Realität basierte, in enorme Anstrengung versetzte.
Der Magister winkte Mina fröhlich zu. 
"Guten Morgen, Mina!", sprach Balerian sie mit einem Strahlen an. Er ging die Treppe zu ihr hoch. "Ich freue mich, dich noch hier zu sehen. Und dazu noch wach. Du schienst das mit dem Frühsport ja wirklich ernst zu meinen, nicht wahr?"

gutemine:
"Äh ja guten Morgen." Mina wunderte sich. Die letzten Tage war der Magister morgens deutlich unausgeschlafener gewesen. Sie kannte ihn nicht gut genug, um seine gute Laune einordnen zu können.
"Ja, der Frühsport, wie ich schon sagte, du hattest vollkommen recht. Das ist schon wichtig so von wegen gesunder Körper und gesunder... äh lassen wir das."
Nur weil Mina physisch schon anwesend war, hatte sie sich noch lange nicht auf eine längere Konversation eingestellt. Sie räusperte sich. "Was treibt dich denn jetzt um diese Zeit schon auf den Hof?"

Ballessan:
"Was ich hier treibe?", nahm Balerian Minas Frage auf. "Also mich treibt gerade einiges um. Ich wurde wach und war wach. So richtig! Und ich weiß was ich tun muss. Nämlich meditieren. Und um deine Frage genauer zu beantworten, ich wollte zu dir. Ich wollte dich nämlich fragen, ob du mich begleitest."
Der viel zu wache Magister strahlte Mina an.
"Zumindest hoffe ich, dass ich dich gefragt hätte und dich nicht einfach am Ärmel gepackt und mitgezogen hätte", lachte er ihr entgegen.
"Aber du hast natürlich völlig recht. Frühsport! Komm, wir laufen ein paar Runden."
Und schon war Balerian die Treppe wieder hinunter gestiegen und fing an im Hof Runden zu laufen.
Ein seltsamer Morgen, dachte der Magier bei sich. Ich fürchte ich benehme mich sonderbar. Aber im Grunde war ihm das auch egal. Was auch immer es war, das ihn diesen Morgen antrieb, er würde es einfach nutzen so lange es hielt.
Sein Blick suchte Mina. "Kommst du?"

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