Autor Thema: Ninim in Barebury  (Gelesen 2396 mal)

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Offline Vanni

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Ninim in Barebury
« am: 14. Nov 17, 22:17 »
Kelos ließ langsam das Schreiben sinken. Neben ihm prasselte das Kaminfeuer, das sein Studierzimmer erhellte und wärmte. Er schaute die rothaarige Inquisitorin an. „Sirasa, du bist dir sicher, dass das dieselbe Ninim aus deinen Aufzeichnungen ist? Die, die unter Anderem mit Gorix Feuerklinge oder Damian aus Voranenburg befreundet ist?“ Sirasa nickte vorsichtig. Sie hatte viel erwartet, aber nicht das, was in diesem Brief stand.
Kelos erhob sich und ging in dem spartanisch eingerichtetem Zimmer auf und ab. „Das würde einiges bedeuten. Such dir diejenigen Brüder und Schwestern, denen du bei einer so delikaten Angelegenheit vertrauen kannst und reite nach Brega. Ihr soll auf keinen Fall irgendein Leid geschehen!“ Sirasa nickte stumm, erhob sich und verließ Kelos. Dieser schaute aus dem Fenster auf das herbstlich-trübe Land hinaus und ein zufriedenes Lächeln umspielte seine Lippen.



Der kleine Trupp Inquisitoren ritt durch das Breganer Stadttor. Zwar waren die Gardisten misstrauisch, aber ohne klaren Befehl wollte niemand eine Gruppe Alamariten aufhalten. Ohne viel Umschweife und ohne Umweg über den Alamartempel ritten sie zu einer kleinen Taverne, wo der Großteil des Trupps draußen blieb. Sirasa stieg ab und marschierte durch den Schlamm in den kleinen Schankraum. Sie verzog leicht die Miene, als sie das Interieur sah, würdigte aber weder den älteren Wirt noch die wenigen übrigen Gäste eines zweiten Blickes, sondern schritt zügig zu der blonden Gestalt, die in der Ecke saß und setzte sich an ihren Tisch. „Ninim? Mein Name ist Sirasa, ich bin Auge und Ohr von Großinquisitor Kelos. Er hat Euren Brief erhalten und stellt Euch natürlich dieses Angebot zur Verfügung. Er verspricht Euch freies Geleit und freie Rückkehr zu Euren Freunden.“ Sirasa schon ein kurzes Schriftstück über den Tisch, von Kelos unterschrieben und mit genau diesen Modalitäten schriftlich niedergelegt. Die Elfe griff vorsichtig nach dem Dokument und las es schnell durch. Mit gesenktem Kopf antwortete sie Sirasa. „Das sieht gut aus. Ich…“, sie schluckte kurz, dann hob sie den Kopf und erwiderte den Blick der rothaarigen Frau. „Ich bin bereit.“



Mit Ninim auf einem der freien Pferde verließ der kleine Trupp Brega. Noch während sie herausritten, verließ bereits ein Fischerboot Bregas Hafen, um Nachricht über das Treiben der Inquisition gen Engonia und Voranenburg zu bringen. Doch bevor das Fischerboot den Alvasee überqueren würde, war der kleine Trupp bereits über den Ahrnwall. Dort verhinderten die Begleiter Sirasas jede unbotmäßige Verzögerung und nach einer Nachtruhe kamen sie am späten Vormittag in Barebury an.



Kelos hatte alles vorbereitet. Er würde dem Wunsch der Elfe entgegenkommen, sie nicht wie diejenigen, die er sonst heilen musste, seinen Anhängern vorzuführen. Nichtsdestotrotz war ein gewisses Dekorum nötig und er hatte eine Auswahl von 8 seiner welterfahrensten Inquisitoren in der Heilkammer versammelt. Die Kammer war neu und aus weißem Marmor mit goldenen Verzierungen errichtet. Helle Öllampen erzeugten ein tagähnliches Licht. Der mächtige Kolben stand in seinem silbernem Sockel im Zentrum des Raumes, daneben ein Becken mit glühenden Kohlen und einem gusseisernen Stab. Als Sirasa die Elfe Ninim hineinführte, trat Kelos zu ihr und führte sie dann sanft zu einem gepolsterten Stuhl vor dem Kolbenhalter.

Ninim betrachtete den Mann vor ihr und stellte mit einer gewissen Erleichterung fest, dass sie sich wohl nicht geirrt hatte. Was diese Situation und ihr, zugegebenermaßen wahrscheinlich für ihn sehr überraschendes Anliegen betraf, war er aufrichtig. Er würde ihr geben was sie wollte und sie dann unbehelligt ihrer Wege ziehen lassen. Er war behutsam, ja beinahe fürsorglich.. sie schlug die Augen nieder und fragte sich, was diesem Mann widerfahren war und ihn auf diesen Weg geführt hatte. Was ließ ihn die Magie so sehr hassen?
Nun.. für jetzt und hier war seine Bereitschaft ihrer Bitte nachzukommen alles was zählte.
Sie wappnete sich innerlich für das Kommende, obwohl ihr klar war dass man sich für soetwas wohl kaum wappnen konnte. Es würde weh tun.. schlimmer als sie es sich jetzt vorstellen konnte. Einen Teil ihrer Selbst zu verlieren.. etwas, das immer da gewesen war. Das kühle Kribbeln, welches ihren Körper durchdrang während sie die feinen Fäden nach ihrem Willen verwob.
Sie begann zu zittern und drückte, wie so oft in den letzten Tagen, die Fingernägel tief in die Handballen.
Doch es musste sein.
Was geschehen war, wäre nicht geschehen, wenn Atos nicht mit der Kontrolle über sie auch die Kontrolle über ihre Kraft gewonnen hätte. Sie war, wie sich gezeigt hatte, nicht stark genug um zu verhindern, dass jemand anderes sich ihres Willens bemächtigte und das machte sie zu einer Gefahr für ihre Freunde.

Sobald Ninim, die inzwischen am ganzen Körper wie Espenlaub zitterte, sich hingesetzt hatte, trat Kelos einen Schritt zurück. „Es tritt vor uns und vor unseren Herrn diese Elfe mit Namen Ninim. Sie möchte befreit werden von ihrer Magie, geheilt werden von diesem dunklen Schatten, der sie in Finsternis geführt hat.“ Er griff zum Kolben und nahm diesen aus dem Sockel.
„Wie jedes Gift wird auch die Entfernung der Magie aus Eurem Körper wehtun. Meine Gefährten werden Euch daher festhalten.“ Auf sein Nicken hin traten die drei stärksten anwesenden Inquisitoren vor. Jeweils einer an jeder Seite fasste Ninims Schulter und Arm, der dritte Inquisitor legte beide Hände an ihren Kopf. Alle drei bemühten sich redlich, Ninim nicht wehzutun, aber waren bereit, ihre Aufgabe zu erfüllen. Die Hände der Eiselfe waren kreidebleich, so fest zusammengepresst waren ihre Fäuste. Aus großen Augen, in denen sich ihre Angst spiegelte, sah sie erst den Großinquisitor an und starrte dann den sich ihr nähernden Kolben an.

Ninim unterdrückte die aufwallende Panik und beschwor jenes Gesicht vor ihrem geistigen Auge herauf, welches sie auf jedem Schritt seit sie Balerian in Brega verlassen hatte, begleitee. Maugrimm.
Sie konzentrierte sich auf ihn, zog sorgfältig die Konturen seines Gesichts nach, so als malte sie sein Bild. Hier ein paar ergraute Haare, die niemals weiß werden oder gar ausfallen würde. Dort die Lachfältchen, die nicht tiefer werden und eines Tages das Gesicht eines alten Mannes leuchten lassen würde, wenn er Geschichten aus seinem Leben zu besten gab..

„O Herr Alamar, siehe auf dieses Kind Aines! Es ist gekommen zu deinen Dienern, zu vertreiben die Schwärze von seiner Seele! Diesen Schritt hat es begangen aus freien Stücken und gesegnet soll es sein! Nimm nun hinfort ihre Macht, brenne sie aus ihrem Körper heraus! Lass sie unter deiner Sonne wandeln, wie es uns gegeben war!“ Langsam senkte Kelos den Kolben und legte dessen Kopf fast sanft auf Ninims Körpermitte. Sofort fing es an zu knistern und in Sekundenschnelle stank es nach verbranntem Fleisch. Ninim schrie gellend als der Kolben ihre Magie ausbrannte und in sich aufsog. Um die Schreie zu übertönen, fingen die anwesenden Inquisitoren an, ein altes Lied zu singen. Nach schier unendlichen Stunden, in Wirklichkeit vielleicht eine Minute nahm Kelos den Kolben von Ninim und sie sackte schweißüberströmt zusammen. Sie sah, wie er den Kolben vorsichtig in den Sockel stellte und langsam wurde ihr schwarz vor Augen während sie ein „Alamar, gelobt seiest du!“ hörte.



Als Ninim aufwachte, hatten die Inquisitoren sie losgelassen und Sirasa wusch ihr das Gesicht ab. Kelos trat vor, ein glühendes Brandeisen in der Hand, und wandte sich erneut an die Elfe. „Üblicherweise brandmarken wir die Gereinigten, da sie sich der Heilung widersetzt haben. In Eurem Fall kann ich natürlich aufgrund Eurer Einsicht darauf verzichten.“ Ninim schüttelte stumm den Kopf. Sie wollte das. Sie wollte Busse tun. Kelos nickte bedächtig und schaute zwei der anwesenden Inquisitoren an und deutete auf Ninims Unterarm. Ohne weitere Verzögerung machten beide einen Schritt nach vorne und legten den Unterarm der Elfe frei. Kelos trat nach vorne und mit einer geübten Bewegung drückte er das Eisen auf die Haut. Wieder zischte es laut und bevor er fertig war, war Ninim erneut bewusstlos geworden.



Als Ninim wieder aufwachte, lag sie in einem weichen Bett und spürte die Hände von jemandem, der gerade ihren Arm verband. Langsam wandte sie ihren Kopf und sah einen jungen Mann neben ihrem Bett sitzen, der gerade den letzten Knoten fachmännisch zuzog und sie dann anschaute. „Junge Elfe, ich habe mit Hilfe eines Kräutersuds und gesegneter Verbände dafür gesorgt, dass euer Arm keinerlei tieferen Schäden habt. Ich bin Akolyth Fineton.“ „Ninim.“ war die erschöpfte Antwort. „Gut, Ninim. Ihr seid geschwächt und ich würde 2 Tage Bettruhe vorschlagen, bevor Ihr wieder zurückreitet.“ Die Elfe schüttelte sacht den Kopf. Sie schaute aus dem Fenster, es war später Nachmittag. „Morgen früh,“ flüsterte sie. Fineton zuckte mit den Achseln. „Wie ihr wollt. Ich werde es Inquisitorin Sirasa mitteilen.“ Mit diesen Worten verließ er die kleine, gut ausgestattete Kammer und schloss sacht die Tür hinter sich. Ninim blieb zurück und ohne einen Blick auf Essen und Wasser zu verschwenden, rollte sie sich zusammen und fing an, leise der Leere in sich selber nachzuspüren.
Es gab ihn noch, diesen Raum in ihrem Geist, den sie so oft in Medtitation aufgesucht hatte. Doch er war leer.
Immer noch angenehm kühl, immer noch friedlich, immer noch zeitlos. Aber leer. Die leuchtende Kugel war verschwunden und mit ihr das Kribbeln.



Sirasa brachte Ninim am nächsten Tag bis zu den Toren von Brega. „Ninim. Nur damit Ihr es wisst: Ich respektiere Eure Stärke. Viele Eurer Freunde hätten das nicht über sich ergehen lassen. Möge Alamar Euren Weg erleuchten!“ Ninim nickte ihr nur stumm zu und während sie durch das Burgtor ging, ritten die Inquisitoren zurück gen Barebury.
Let the storm rage on
The cold never bothered me anyway!