Autor Thema: In Hanekamp und Ahrnburg  (Gelesen 2465 mal)

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In Hanekamp und Ahrnburg
« am: 27. Feb 18, 10:52 »
13. Tag des 12. Monats, 267 n.J.

Der Hof des Herzogs von Hanekamp

Blass und tief leuchtete die Wintersonne durch die großen Buntfenster, die den reich geschmückten Thronsaal des Herzogs erleuchteten. Der Raum hatte sich nach einem langen Tag der Hofhaltung und des Gerichts geleert, der Herzog sass in seinem Thron und nur ein aufmerksamer Beobachter hätte erkannt, dass dein Rücken ein klein wenig gebeugt war und er sich leicht an den Armlehnen abstützte. Im Raum verteilt standen in kleinen Grüppchen die diversen Gesandten aus dem Herzogtum und Vertreter übriger engonischer Länder und sprachen miteinander, während sie auf den nächsten Bittsteller warteten. In der Nähe des Herzogs unterhielt sich Großinquisitor Kelos leise mit einigen Adjutanten, er hatte heute wieder einmal den Herzog um eine Ausweitung seiner Befugnisse gebeten. Der Herzog hatte ihn vertröstet, er würde die Angelegenheit intensiv prüfen.

Der Herold in seinem farbenprächtigen Tabard blickte kurz zum Herzog, welcher ihm mit einem leichten Kopfschütteln zu verstehen gab, dass der Hoftag zu schließen sei. Er holte tief Luft, als plötzlich ein ohrenbetäubendes Gebrüll von draußen zu hören war, dann laute Schreie von Gardisten. Die im Thronsaal anwesenden Menschen schreckten auf und während noch die anwesenden Gardisten befehlssuchend den Herzog anblickten, zersplitterte das große Fenster über dem Eingangstor.

Begleitet von einem Schauer aus Glassplittern sprang durch das Fenster ein Wesen mit schwarzer Haut und zwei gewaltigen Hörnern. Seine Hände liefen in großen Klauen aus und aus seinen rotleuchtenden Augen sprach ein ewiger Hunger. Anstatt eines Mundes hatte es einen Rüssel, aus dem blubbernder Schleim tropfte, der zischend auf den Boden landete. Es richtete sich auf und schaute auf die Gardisten, die zitternd vor ihm standen. Aus einer Höhe von über 3 Metern fixierte es einen der Gardisten und zwischen seinen Beinen öffnete sich ein gewaltiges, zahnbewehrtes Maul, aus dem der Speichel tropfte und mit einem Satz sprang es dank seinen nahezu menschlich aussehenden Beinen auf den nächsten Gardisten, welcher zwischen den Beinen im Maul halb verschwand. Der Schrei des Gardisten wurde abrupt unterbrochen und ein grauenhaftes Reißen erfüllte den Saal.

Der einzige, der nicht völlig vor Grauen und Schrecken erstarrte, war Kelos. Sogar er schien sichtlich erschrocken, aber nach einem kurzen Augenblick schüttelte er dich und sprintete mit zusammengekniffenen Gesicht auf das Wesen zu. Er griff sich im Laufen eine Hellebarde von einem toten Gardisten, der von den gewaltigen Klauen aufgeschlitzt und in den Raum geworfen wurde. Und während der Dämon bereits hungrig den Herzog fixierte und gerade das Blutbad hinter sich lassen wollte, welches er unter den Gardisten angerichtet hatte, sprang Kelos mit dem lauten Ruf „Alamar“ vom Boden ab und rammte die Hellebarde in den Körper des Monstrums. Tief bohrte sich die Hellebarde, die inzwischen golden leuchtete, in die bis dahin unverletzte Haut des Unwesens und sein obszöner Mund gab einen lauten, wehklagenden Schrei ab, als der Dämon, tödlich getroffen, herniedersank.

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Nach dem Tod des Monsters hatte der Herzog soviel Zeit verstreichen lassen, damit der Körper weggetragen werden konnte. Er hatte die Pause genutzt, um trotz des Schreckens, der alle Anwesenden erfasst hatte, seine engsten Berater zu sich zu rufen und mit ihnen leise zu diskutieren. Dann erhob er sich, sein blasses Gesicht verriet seine eigene Gemütslage und bedeutete allen Höflingen, zusammenzukommen. Kelos trat auf seine Handbewegung hin in die Mitte.
„Ehrwürdiger Großinquisitor! Am heutigen Tag habt ihr, unter völliger Missachtung eures eigenen Lebens, unser Leben und das aller Anwesenden gerettet. Ihr habt euch all des Lobes, dass man einem Alamariten geben kann, als würdig erwiesen, mehr als so mancher Hohepriester! Es ist daher für uns unverkennbar, dass ihr jemand seid, der in unserem ganzen Herrschaftsbereich fürderhin Recht sprechen kann über all diejenigen, die sich übernatürlicher Kräfte bedienen. Des Weiteren sollt ihr in unserem Namen die Regentschaft übernehmen in Ahrnburg und der Markgräfin helfend unter die Arme greifen, welche aufgrund andauernder schwerer Krankheit, wegen der sie nicht zu uns reisen konnte, um nach dem Fall Konars den Treueeid zu leisten, um solche Hilfe sicher dankbar ist. Zur Unterstützung der Inquisition, auf dass ihr eure Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erfüllt und den Ruhm des Herrn Alamar zu mehrt, sollt ihr auch die Einnahmen der Markgrafschaft für euren Orden verwenden. Dies ist unser Wille als Souverän von Hanekamp.“
Schwer ließ sich der Herzog wieder auf den Thron fallen und sah sich im Thronsaal um, in dem völlige Stille eingekehrt war.



23. Tag des 12. Monats, 267 n.J.

Die Stadt Ahrnburg

Langsam schälte sich die Sonne aus dem dichten Nebel heraus. Die morgendlichen Strahlen beleuchteten die matschige Straße, die nach Ahrnburg führte, und die über 50 Inquisitoren, die in Kolonne über ebenjene Straße gen Ahrnburg ritten. Über ihnen flatterten die Banner der Inquisition und an der Spitze des Zuges ritt Kelos. Neben ihm ritt Justus, einer der nordcaldrischen Adeligen, die der Inquisition in den letzten zwei Jahren beigetreten waren, der ihm gerade die letzten Informationen zu Ahrnburg gab. „Nun, Herr, diese Frage betreffend, haben wir bekennende Anhänger auch in der Stadt- und Burgwache. Zur Markgräfin: Sie hat offenbar noch keine Meldung aus Hanekamp erhalten, sie befindet sich noch auf einer Reise. Ihre treuesten Ritter hat sie bei sich, es ist also davon auszugehen, dass wir keinen Widerstand haben.“ Kelos nickte kurz. „Justus, ich möchte kein Blutvergießen haben. Ich weiß um die politischen Realitäten, daher werden wir die Wachen einfach überrumpeln. Wenn wir einmal in der Burg sind, dann ist die Sache ziemlich vorbei. Die Burg und die Stadt haben schließlich auch 5 Jahre Konar überstanden.“ Justus nickte, es sollte möglich sein.



26. Tag des 12. Monats, 267 n.J.

Reisegesellschaft der Markgräfin von Ahrnburg

Der Ritter kniete vor der Markgräfin. Das Zelt der rüstigen Dame war am Wegesrand aufgeschlagen und mit dicken Teppichen ausgeschlagen worden, damit der Boden seine Kälte nicht im Inneren verteilte. Die Markgräfin saß an ihrem Abendtisch und hörte mit unbewegtem Gesicht dem Bericht aus Ahrnburg zu. "Die Burgwache hat daraufhin, auch in der Annahme, dass das Verhalten des Großinquisitors völlig rechtens sei, ebenfalls die Tore geöffnet. Als ich unterrichtet wurde, hatte Kelos bereits ihm getreue Männer in der gesamten Burg postiert. Ich habe mich daraufhin entschlossen, euch zu informieren." Er schien weitersprechen zu wollen, doch die Markgräfin hob nur die Hand. "Ich verstehe eure Beweggründe. Macht euch keine Gedanken, wir sind beide überrumpelt worden." Sie überlegte kurz, dann rief sie nach ihrer Schreiberin. "Bereitet einige Briefe an meine Barone vor. Ich werde sie euch gleich diktieren." Sie wandte sich wieder zu dem knienden Ritter, dem eigentlichen Hauptmann ihrer Burgwache. "Und ihr unterrichtet meine Entourage. Das kalt-nasse Wetter hier im Süden tut meinen Knochen nicht gut. Ein Aufenthalt in Donnerheim ist sicherlich meiner Gesundheit zuträglicher als noch ein Winter in Ahrnburg. Im Frühling sieht sicher alles ganz anders aus und vielleicht begleitet uns dann auch der eine oder andere Donnerheimer oder Voranenburger Ritter, um Ahrnburger Gastfreundschaft zu genießen." Nachdem ihr Ritter das Zelt verließ, senkte sie, gerade noch stolz blickend, den Blick auf ihre Hände und den Ring, den sie im Gedenken an ihren verstorbenen Mann immer noch trug. Diese Hände zitterten und sie fasste fest ihre Lehnen an, fest genug, um jedem kommenden Sturm zu trotzen.
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