"Das werde ich tun." Als Runa ihren Becher abstellte, verstand Rikhard die Geste als das, was sie war. Er stand auf, und auch Runa erhob sich. Bevor er zur Tür humpeln konnte, hatte sie abgewunken und selbst die Türe geöffnet, und Rikhard erwiderte ihre höfliche Verabschiedung.
Als sie fort war, schloss er seine Zimmertüre und lehnte sich an das schwere Holz. Runa war es vermutlich genauso klar wie ihm, dass es ziemlich illusorisch war, dass sich eine Traube von Schülern finden würde, mit denen er in Zukunft Fanada besuchen würde. Und selbst wenn es so wäre, war Rikhard doch eher jemand, der mit seinen Problemen alleine blieb und versuchte, sie zu lösen, bevor er um Hilfe hausieren ging. Sein Blick fiel erneut auf Sinas Brief. Ihr würde er schreiben können. Sich ihr anvertrauen können. Nüchtern dachte er an Runa und ihren Besuch. Warum war sie überhaupt in sein Zimmer gekommen? Wahrscheinlich hatte sein Anblick sie neugierig gemacht. Rikhard schmunzelte. Er mochte Runas analytische Herangehensweise. Sie war ebenso verstockt wie er, was manche Dinge betraf, und er beneidete sie um die sozialen Fähigkeiten, die sie ganz im Gegensatz zu ihm besaß. Sie hat sich bemüht, mir zu helfen. Kam auf ihre Art nicht weiter, also ist sie gegangen. Das war weit mehr, als er von ihr erwartet hatte (oder erwarten zu hatte?), seit er sie in der Bibliothek fast angegriffen hatte.
An diesem Abend fand Rikhard keinen Schlaf. Jedes Mal, wenn er wegdämmerte, meldete sich irgendein lädiertes Körperteil und verlangte nach Aufmerksamkeit, und wenn er doch endlich der Herrin des Schlafes einige Stunden abgerungen hatte, so waren sie mit Alpträumen gefüllt. Immer wieder schreckte er schweißgebadet auf, und irgendwann zog er sein Nachthemd aus, weil es klitschnass geschwitzt war. Es war mitten in der Nacht, als er einmal mehr angsterfüllt erwachte und in den Schatten vor seinem Fenster drei Männer zu sehen glaubte. Natürlich war dort nichts, aber dieses Mal kam der Schlaf nicht wieder.
Also stand er auf, tastete sich durch die Dunkelheit zum Stuhl vor seinem Sekretär. Er konzentrierte sich, griff in den Fluss der Magie, legte seine Hand über den Lüster und murmelte "Fulumbar" - und dann schlug er hastig auf die viel zu große Flamme, die aus seiner Hand gesprungen war und den Tisch zu versengen drohte.
Verflucht, bei Aine! Rikhard wusste, dass es gefährlich sein konnte, zu zaubern, wenn man emotional aufgewühlt war. Und so verbot er sich kurzerhand weitere Zauber und kramte nach den Bregahölzern in einer Schublade, und endlich hatte er die Kerzen angezündet.
Im flackernden Lichtschein tunkte er die Feder in die schwarze Tinte.
Liebste Sina,
schlimme Dinge sind geschehen ...