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Auf der Reise nach Silvanaja

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Rikhard Kraftweber:
Natürlich hatte Rikhard überaus pünktlich am vereinbarten Treffpunkt gestanden. Natürlich hatte Kydora sich um wenige Minuten verspätet, da war er sich absolut sicher. Er, Rikhard Kraftweber, war für seine Pünktlichkeit und seine Zuverlässigkeit schließlich bekannt, und keinesfalls hatte er sich in der Geschäftigkeit Fanadas verloren und ein wenig länger gebraucht.

Zumindest war er eingehend damit beschäftigt, Kydora genau diesen Umstand näher zu bringen. Auch, als sie längst auf der Straße waren und Fanada verlassen hatten. Zu ihrer Linken sahen sie in den sanften Hügeln den Buchenhof, dann kamen sie an der Abzweigung vorbei, wo es zum Bachlaufhof ging, und so, wie die Straße sich nach Osten schlängelte, so plätscherten auch ihre Gespräche dahin.

Nachdem Rikhard zugegeben hatte, sich verspätet zu haben ("Wenn auch nur wenige Minuten, da bestehe ich drauf, Kydora!"), hatten die beiden über unverfängliche Themen gesprochen. Irgendwie war ihnen beiden bewusst, dass diese Reise zumindest für Rikhard eine gewisse Bedeutung hatte. Der Magier kehrte in das Land seiner Geburt zurück, aber sah keineswegs aus wie ein felltragender Wilder mit Farbe im Gesicht. Stattdessen trug Rikhard, und schon das war ungewohnt für ihn, praktische Reisekleidung: eine braune Hose, eine kurze, etwas dunklere Tunika, und über die Schulter hing der Riemen einer bauchigen Umhängetasche.

"Es ist schon eine Weile her, dass ich auf einem Pferderücken saß."
Mit verzogenem Gesicht mühte sich Rikhard, in eine bequemere Position zu gelangen. Ruckte das Pferd nach vorne, ruckte er auch nach vorne, und der Sattelknauf bohrte sich in seinen Bauch. Dann kam unweigerlich der nächste Schritt, der ihn im Sattel wieder nach hinten warf. Und dann ging es wieder von vorn los.

"Und ich bin mir sicher, ich hab den schlimmsten Klepper in ganz Fanada unter mir! Seine Beine sind gewiss verschieden lang, deshalb hat er einen so schrecklichen Tritt. Mir tut alles weh!"

Kydora:
Kydora grinste innerlich, als Rikhard endlich seine Verspätung zugegeben hatte und strich sich eine der Federn tragenden Strähnen hinters Ohr. Sie war zufrieden mit seiner Wahl der Reisekleidung gewesen und auch wenn der Anblick zunächst wirklich sehr ungewohnt erschien, gewöhnte sie sich nach und nach an das Erscheinungsbild.

Die letzten Tage nach ihrer Rückkehr hatte Kydora ganz entspannt zusammen mit Mina verbracht. Gemeinsam hatten sie es sich in der Goldenen Nachtigall gut gehen lassen und es genossen einfach mal gar nichts tun zu müssen. Das hatte Kydora auch die Möglichkeit gegeben in Ruhe über Vieles nachzudenken. Dinge, die ein Ende gefunden hatten. Dinge, die neu begonnen hatten. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie an den Elementarfunken dachte, den sie an sich genommen hatte auf der letzten Reise.

Sie tätschelte ihr Pferd sachte am Hals und sah dann zu Rikhard rüber, welcher sich gerade über sein Reittier beschwerte. Als sie sah, wie er immer vor und zurück geworfen wurde, konnte sich Kydora ein Kichern nicht verkneifen. „Aber schon eine ganze Weile her, oder?“ fragte sie kess.
Sie musterte ihn noch einen kurzen Augenblick und begann dann wieder zu sprechen: „Du musst schon im Rhythmus mitmachen und dich nicht so schubsen lassen.“ grinste sie ihn an. „Versuch dich ein bisschen mehr drauf einzulassen und deinen Körper mitzubewegen. Das ist ja keine Kutsche, in der du einfach rumsitzen kannst.“ Sie ließ den Blick schweifen. „Wir werden eine ganze Weile unterwegs sein, also wenn dir jetzt schon alles weh tut… Hmm brauchst du eine Pause?“

Rikhard Kraftweber:
"Pah, ich werd mir von einem Pferd nicht vorschreiben lassen, wie lange ich zu reiten habe!"

Eine halbe Stunde später begann ebendieses Pferd zu lahmen. Zumindest war Rikhard davon überzeugt. Zumindest hoffte er, dass Kydora ihm abkaufte, dass er davon überzeugt war. Tatsächlich wollte er schlicht nicht zugeben, dass ihm das Reiten überhaupt nicht lag.

Kydora:
Kydora schüttelte resigniert den Kopf und bremste ihre Stute. „Komm lass tauschen. Die Gute hier scheint mir eine sehr ruhige und pflegeleichte Dame zu sein.“ Sie setzte ab und strich ihrem Pferd über den Hals. „Dann nehm ich dein Pferd derweil.“ Abwartend sah sie ihn an während sie der Stute weiter über den Hals streichelte.

Rikhard Kraftweber:
Rikhard nahm Kydoras Angebot an. Er nörgelte allerdings weiter, die nächsten ein bis zwei Stunden fast ununterbrochen. Nach und nach lies das Nörgeln allerdings nach, im selben Maße, wie seine Beweglichkeit zunahm. Irgendwann hatte er den Dreh raus. Zwar war er immer noch weit entfernt von Perfektion, aber zumindest tat ihm nicht mehr ständig irgendetwas weh.

Als sie zum Nachmittag hin an einem kleinen Weiher anhielten und die Pferde trinken ließen, stützte der Magier die Hände auf die Oberschenkel.
"Uff, morgen werd ich Muskelkater haben. Ich bin weder ein erfahrener noch ein guter Reiter. Wo hast du's eigentlich gelernt, mit diesen Höllentieren umzugehen?"

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