Die Vorgeschichte, erzählt von Ludwig, Knappe der Irmgard von Voranenburg, am Hofe des Grafen von Voranenburg:
"Meine Herrin und ich waren auf dem Rückweg von Donnerheim zur Ordensburg des Tiorsorden, in welchem meine Herrin seit mehreren Jahren dient. Wir hatten die Grenzen von Sinerra vor kurzem übertreten, meine Herrin war immer noch unzufrieden mit dem Befehl der Ordensmeister, nicht nach Hanekamp zu reisen.
Wenige Stunden bevor wir die Grenze zwischen Sinerra und Engonia überschritten hätten erblickte ich mehrere Reiter, die sich eiligst näherten. Ich wies meine Herrin auf die Reiter hin und sie ergriff die langschäftige Axt an ihrer Seite und schlug den Mantel zurück, auf dass man das Zeichen des Tiorsordens sehen konnte.
Als die Reiter näher kamen, konnten wir erkennen, dass sie samt und sonders weiße Überwürfe trugen, drei von ihnen verziert mit einer großen Sonne. Ich erinnerte mich sofort an die Warnungen des Herrn Kassos, an dem verfinsternden Gesicht meiner Herrin erkannte ich: Sie erinnerte sich auch.
Die Herrin Irmgard lenkte ihr Ross vor meines und schaute düster die sich nähernden Inquisitoren an. Einer von denen, eine grauhaarige Kämpferin, übernahm die Ansprache. Ihre Stimme war sanft und volltönend. Ich erinnere mich noch genau an die Worte: „Werte Ritterin Irmgard von Voranenburg, wir freuen uns, euch getroffen zu haben. Wir haben im Auftrag des hochverehrten Herrn Kelos und in Demut zu Alamar einige Fragen für euch. Wir wären froh, wenn ihr uns begleiten würdet.“ Meine Herrin verneinte das Ansinnen knapp und schroff, sie hatte kein Interesse daran, die Fanatiker zu begleiten. Die Inquisitorin verlor ein wenig der Jovialität: „Ich glaube nicht, dass dies im Sinne Alamars ist. Wenn ihr euch gegen die Diener Alamars stellt, dann muss ich euch wohl ob solch häretischer Gedanken belehren.“
Ich erinnere mich genau, wie Herrin Irmgard mich anschaute und nur eines sagte: „Flieh. Berichte.“ Dann riss sie ihre Axt hoch und während ich meinem Pferd die Sporen in die Seiten hieb, wirbelte die blitzende Klinge bereits herum und versank in einem der Weißberobten. Großes Geschrei erklang und als ich zurückblickte, sah ich die Herrin unter dem Schlaghagel mehrer Knüppel wanken.
Ich ritt wie der Teufel und ohne zu schlafen zur Ordensburg und meinem gekeuchten Bericht folgend bin ich mit dem Herren Kassos und Arius zurückgeritten. Doch dort, wo der Überfall 12 Stunden vorher geschah, war keine Seele mehr zu finden. Nur noch Blutspritzer bezeugten den wilden Kampf meiner Herrin. Wir verfolgten die Hufspuren bis zum späten Nachmittag und erreichten einen kleinen Alamartempel vor den Toren Sinerras. Ich blieb zurück und der Ordensmeister setzte ab und näherte sich grimmig den Tempelwachen, die die rein-weiße Tracht der Inquisition trugen. Schnell wurde der Wortwechsel lauter und der Herr Arius hatte bereits seine Mordaxt in Stellung gebracht, als der Flamen des Tempels heraustrat. Er sprach ein paar Worte und kam dann mit den Herren ein paar Schritte näher. Ich erinnere mich genau an seine Worte: „Der Inquisitor hat mir klar gesagt, was mit einem Tempel geschieht, der sich nicht dem Wort von Kelos beugt. Ich werde natürlich mein Allermöglichstes tun, um eure Ordensschwester zu schützen, aber wenn ich euch einlasse, dann werden alle Novizen und Akolythen mit mir zusammen ein Ziel des Zornes der Inquisition.“ Kurz diskutierten die Herren noch mit dem Alamarpriester und dann einigte man sich, dass sie umgehend Klage beim Baron erheben würden. Mir gaben sie den Befehl, eiligst nach Voranenburg zu reisen, damit sie informiert seien, sie würden Botschaft senden. Der Herr Kassos hat mich außerdem beauftragt, euch davon zu unterrichten, dass der Orden mit aller militärischen Macht sich um die Freilassung der Herrin Irmgard bemühen würde."