Fleur war nicht mit zur Grenzwacht gereist und so kümmerte sie sich maßgeblich um die Wäsche von Madame.
Neben dem eigentlichen Reinigen besah sie sich die Garderobe, die Madame nicht dabei hatte, flickte eventuelle Beschädigungen, erneuerte hier und da eine Naht und so weiter.
Außerdem wusch sie sämtliche Bett- und Nachtwäsche und gab sich dem Mamutprojekt Betthimmel und -vorhänge hin. Mit der Hilfe eines Knechts zog sie die schweren Stoffe, die Madame im Winter warmhielten, vom Bettgestell und entfernte sorgfältig Staub und anderen Dreck. Besonders der Betthimmel hatte in den vergangenen Monaten viel Staub, aber auch Ruß, der durch die wärmenden Feuer im Zimmer auftrat, angesammelt.
Zunächst klopfte sie die Stoffe mit viel Energie aus, dann wusch die Wäschemagd sie und schließlich wurden sie zum Trocknen auf besonders stabilen Leinen aufgehängt.
Unterdessen hatte Amelíe mit dem Sticken begonnen - nichts war mehr vor ihren geschickten Händchen sicher. Sie bestickte ihre Kleidung, Hand- und Taschentücher und was sich sonst noch so fand. Fleur hatte große Freude daran, dass ihre Tochter so gut mit Nadel und Faden umgehen konnte und versorgte sie mit einem Stickring und so viel Garn, wie es ihr möglich war.
Insgeheim war sie froh, dass das Mädchen "endlich was ordentliches" machte. Noch immer hielt sie Lesen und Schreiben für nebensächlich, auch wenn sie doch ein bisschen stolz war, dass Amelíes Lehrer ihr nur gutes über die Bemühungen der Kleinen berichteten.
Julienne bangte derzeit weiterhin um Ares. Was auch immer es war, das den Greifvogel quälte, es zehrte ihn deutlich aus. Er fraß immer weniger und inzwischen war klar, dass das Tier sterben würde, wenn nicht ein Wunder geschah.
Julienne hatte vor einiger Zeit auf Geheiß Philippes einen Brief an den Baron DuMont aus Zarorien verfasst, in dem sie ihn um Hilfe bat. Doch nun befürchtete sie, dass der Falkenmeister nicht mehr rechtzeitig ankommen würde, um Ares noch helfen zu können.
Auch Nesrine war in der Burg geblieben und versah ihre regulären Garde-Dienste und half in ihren Bereitschaftsphasen bei den Renovierungsarbeiten mit. Sie genoss es, den Zimmerleuten über die Schulter zu schauen und hier und dort mit anzupacken. Irgendwie faszinierte sie die Arbeit mit Holz und nachdem ihr einer der Tischler ein gutes Händchen attestiert hatte, durfte sie richtig mithelfen. Zum Dank schenkte ihr der Tischler ein paar gebrauchte, aber wohl gepflegte Schnitzwerkzeuge, die Nesrine in ihren Freischichten sofort ausprobierte. Erste Versuche sahen schon sehr gut aus und stolz zeigte die Gardistin ihre Werke herum.
Einige Tage, nachdem die Gesellschaft um die Baronin zur Grenzwacht abgereist war, verlor der Sakerfalke Ares seinen Kampf gegen die schwere Krankheit, die ihn so gequält hatte.
Der Falkner und Julienne berieten sich und beschlossen, dass Julienne dem Tross hinterher ritt, um Madame von der traurigen Nachricht zu berichten.
Julienne hatte argumentiert, dass es vielleicht besser war, diesen Umstand Madame so bald wie möglich mitzuteilen, sollte jemand von den Zaroriern auf der Grenzwacht auftauchen.
Also packte sie ihr Bündel, verabschiedete sich mit einem heimlichen Kuss von Nesrine, schwang sich auf Hexe und ritt los...