Autor Thema: Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega  (Gelesen 15551 mal)

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Offline Kydora

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Nach und nach wurde das Treiben weniger auf den Straßen der Handelsstadt und die Abendstunden brachen herein. Es war ein milder Abend im Frühling, einer von der Sorte, die bereits einen süßen Vorgeschmack auf den Sommer gaben. Und so waren noch einige Bürger unterwegs, vielleicht auf der Suche nach einer guten Taverne, vielleicht auch auf der Suche nach dem wärmenden Heim.

Inmitten des von Baustellen geprägten Stadtbildes befand sich in einer Seitenstraße ein Gebäude, das recht einladend wirkte. Laternen tauchten die Türe des Gebäudes in ein warmes Rot und luden zum Verweilen ein. Neben der Türe war ein Symbol zu erkennen, golden zeichnete sich die Silhouette eines Vogels ab, der neben einer Pfingstrose war.
Über der Türe prangte der Name des Hauses: 'Goldene Nachtigall'.

Ging man ein paar Schritte weiter, an dem wirklich verlockend wirkendem Gebäude, welches aufregende Geheimnisse im Innern zu versprechen schien, so kam man an eine unscheinbare Gasse. Dieser folgend würde man zur Seite des Gebäudes kommen und auch schnell eine Türe finden, die eher gewöhnlich wirkte. Doch auch hier war das Symbol, wenn auch deutlich subtiler, zu finden: Die Silhouette eines Vogels, welcher sich neben einer Pfingstrose befand.

Offline Vanion

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Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
« Antwort #1 am: 16. Apr 19, 22:40 »
Ich hätte es wissen müssen, hatte er gedacht, als er in vollem Ornat, zu Pferde, einen Blick in die Seitenstraße geworfen hatte. Dann hatte er sein Pferd an den Laternen vorbeigelenkt und Arienne angehalten, ihm zu folgen.

Einige Stunden später, als es dunkel war, als Ruhe in den Gassen der Stadt eingekehrt war, bog ein in unauffälligen Braun- und Grüntönen gekleideter Mann in die noch unauffälliger scheinende Gasse ein. Den dunklen Eingang mit der Vogeltür fand er rasch, ihre Beschreibung war treffend gewesen. Und so pochte er an die Türe.
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Offline Kydora

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Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
« Antwort #2 am: 16. Apr 19, 22:58 »
Es dauerte einen Moment, dann öffnete sich die Türe und ein kräftig wirkender Mann musterte den nächtlichen Besucher mit einem prüfenden Blick. Mit einem knappen Nicken gibt er dann jedoch sogleich den Weg routiniert frei.

Dem Gast eröffnete sich ein länglicher Vorraum, mit schweren Stoffen an den Wänden behangen. Offensichtlich der Eingangsbereich. Es dauerte nicht lange und vom anderen Ende her kam eine junge Frau her. Sie trug das blonde Haar zu einem seitlichen Zopf geflochten und schenkte dem Besucher ein kokettes Lächeln.

"Guten Abend und willkommen in der goldenen Nachtigall." begrüßte sie ihn begleitet von einem leichten Kichern, während sie sich ihm begann zu nähern. Sie trug ein dunkelgrünes Kleid, das mit fließendem Stoff ihren Körper umschmeichelte, und süße Verlockungen vermuten ließ.

"Kommt nur herein, was ist Euer Begehr? Womit... kann man Euch eine Freude bereiten?"

Sie hatte sich ihm nach und nach genähert und als sie die letzten Worte sprach, legte sie sanft ihre Hand auf seinen Oberkörper, sah ihn mit großen Augen abwartend an.

Offline Vanion

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Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
« Antwort #3 am: 16. Apr 19, 23:22 »
"Mit der Gastgeberin", erwiderte Vanion, nicht unfreundlich, und schob die Hand beiseite.

Es war schön hier, und auch die, die ihn begrüßt hatte, war schön. Er fragte sich, wieviel von dem, was er hier sah, Roberts Werk war, und was Kydora dazu beigetragen hatte.

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Offline Kydora

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Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
« Antwort #4 am: 16. Apr 19, 23:44 »
Ein sehnsüchtiges Seufzen war zu hören, als sie von ihm abließ. Sie bedeutete ihm, ihr zu folgen und führte ihn dort entlang, von wo sie hergekommen war.

Vanion wurde der Vorhang aufgehalten, sodass er hindurch treten konnte. Schwere Düfte schlugen dem Ritter entgegen, und er wurde weiter geführt durch den Gang in einen größeren Schankraum. Hier war allerlei zu sehen und der Anblick mochte einem zunächst die Sprache verschlagen. Mehrere Sitzgruppen waren auszumachen, in welchen Leute sich auf Sitzkissen und Teppichen zusammen gefunden hatten. Hier war der Duft sogar noch intensiver wahrzunehmen, lag doch der Duft von Räucherwerk im Raum.
So wie auch der Duft in der Luft lag, so lag auch Musik in ebenjener. Sanfte Lautenklänge waren zu hören und sanftes Trommeln begleitete diese. Eine Tänzerin bewegte langsam und rhythmisch ihre Hüften passend im Takt. Leicht bekleidet liefen Mitarbeiter beider Geschlechter umher und kümmerten sich um das Wohlergehen der Gäste.
Vanion konnte sich sicher sein: Wenn jemand eine Nacht der erfüllten Wünsche herbeisehnen würde, so würde er hier mit Sicherheit fündig werden.

Die Dame im grünen Kleid führte den Ritter zu einer kleinen Sitzgruppe, welche noch besetzte war und bot ihm an, sich zu setzen, so denn er es wollte.

"Wen darf ich denn ankündigen? Oder erwartet Euch die Gastgeberin bereits?" Wieder kam sie ihm gefährlich nahe, doch legte sie dieses Mal nicht ihre Hand auf ihn, sondern spielte lieber mit dem Abstand zu Vanion geschickt zwischen reizvoll aber gerade noch so angemessen und seine Grenzen respektierend. Sie wollte ihn nicht bedrängen... verführen durchaus. Doch bedrängen gehörte nicht zum guten Ton des Hauses.

Offline Vanion

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Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
« Antwort #5 am: 16. Apr 19, 23:50 »
Er kam nicht umhin, seinen Blick umher schweifen zu lassen. Bei dem Gedanken daran, wie er sich noch vor wenigen Jahren hier wohl aufgeführt hätte, wurde ihm jedoch kalt um's Herz. Hier konnte man gewiss Stunden verbringen, und allem Anschein nach gab es einige Gäste hier, die sich wohl eben das zum Ziel gesetzt hatten, wenn nicht mehr. Lavinia Lubentina wurde hier verehrt, auch dies war gewiss einer ihrer Tempel.

Doch der Herr aus Roquefort hatte sich andere Blüten auf das Wappen gelegt.

Als die Dame in Grün ihn nach seinem Namen fragte, zögerte er. Bei aller Tünche, die hier aufgetragen worden war, wusste er doch genau, dass die Besucher hier wohl kaum völlig unerkannt bleiben würden. Und ein Ministerialritter des Grafen, in einem Hurenhaus in Brega? Die Postille hätte ihre Freude.

"Sagt ihr, ein alter Freund aus Tangara ist hier, und erinnert sie an unsere Korrespondenz."
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Offline Kydora

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Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
« Antwort #6 am: 17. Apr 19, 00:18 »
Wieder dieses Kokette lächeln und mit einem angedeuteten Knicks und wackelnden Hüften entschwand die Schönheit aus dem Hauptraum.

Ja, hier blühte das Leben, wahrhaftig. Und mit ihr die Begierde und Lust, das Verruchte und Geheimnisvolle. Hier konnte man sein, wer man war - sofern man das nötige Kleingeld besaß. Denn das konnte Vanion beim genaueren Hinsehen betrachten: Alles hier schien durchaus von hochwertiger Qualität zu sein und auch wenn sie nicht protzig ins Gesicht sprang, so spürte man die subtile Dekadenz einfach. Spürte den Luxus und wurde ein Teil von ihm. Und wollte sich nicht jeder auf den weichsten Federn betten?

Vanions Blick ging weiter durch den Raum und nun entdeckte der Ritter etwas, dass er auf den ersten Blick übersehen haben musste. Etwas Abseits in einer ruhigeren Ecke, befand sich ein kleiner Schrein, gewidmet der Herrin Lavinia.
Und wurde auch klar, warum Vanion es zunächst übersehen hatte. Vorhin stand noch keine Person so wie jetzt davor, um ein leises Gebet zu sprechen. Ja der Schrein mochte in einer ruhigen Ecke sein, doch wirkte er keinesfalls unerwünscht oder so als habe man ihn einfach irgendwo hinpacken müssen.

Die blonde Schönheit trat wieder in Vanions Blickfeld und wies ihm mit einem zauberhaften Lächeln den Weg in die hinteren Räume. Vorbei an so manchen Türen - hinter manchen war es teilweise etwas lauter - brachte sie ihn bis zu einer Türe, an der sie stehen blieben. Ein kurzes Klopfen, dann öffnete die Blonde die Türe und gab Vanion so die Möglichkeit hinein zu treten.

Der Raum wirkte gemütlich und einladend, es gab eine Sitzecke ganz ähnlich denen im Hauptraum und einen Kamin, in dem ein Feuer prasselte.
Aus der Sitzecke erhob sich Kydora und machte ein paar Schritte auf Vanion zu. Sie trug einen bequeme Pluderhose in einem dunklen blau, dazu ein Oberteil in dunklem Grau, welches durch eine Schnürung in Nacken und Rücken zusammengehalten wurde. Sie wartete mit einem freundlichen Lächeln, bis Vanion eingetreten war, und die Türe sich hinter ihm geschlossen hatte.
Ein Atemzug lang ging, dann entspannte sich ihre Haltung etwas und sie ging das letzte Stück auf den Ritter zu, die Arme leicht ausgebreitet.

"Sei willkommen. Es ist schön dich zu sehen und wirklich viel zu lange her." begrüßt sie ihn mit einem aufrichtigen Lächeln, und dennoch - bei genauerem Hinsehen scheint Kydora um die Augen herum etwas müde oder erschöpft zu wirken. Sie deutet auf die Sitzecke. "Wollen wir uns setzen?"

Offline Vanion

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Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
« Antwort #7 am: 17. Apr 19, 00:26 »
Als die Dame in Grün den Raum verlassen hatte, entspannte Vanion sich merklich. Die schmucklose Tunika, die er trug, hatte dafür gesorgt, dass er sich deplatziert gefühlt hatte. Dieses Etablissement war nicht die Umgebung, in der er gerne war, und für eine böse Sekunde hatte er bereut, hierher gekommen zu sein. Das hier war nicht seine Welt.

Als Kydora ihm entgegen kam, die Arme ausbreitete und ihn anlächelte, kam er nicht umhin, an die wilde Frau aus Silvanaja zu denken, die er früher kennengelernt hatte. Die die Farben des Waldes getragen hatte und die Zeichen ihres Volkes im Gesicht. Die trug sie auch jetzt, aber der Rest an ihr ließ nichts von der Frau erkennen, die ihn in eine gewisse Taverne bugsiert hatte.

Er erwiderte ihre Umarmung sanft und nahm ihr Angebot, sich zu setzen, gerne an.
"Lavinia erhalte dich, Kydora. Es ist schön, dich zu sehen."
Er mühte sich, die Verunsicherung, die ihn ergriffen hatte, zu verbergen.
"Das hier ... stammt es von Robert?"
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Offline Kydora

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Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
« Antwort #8 am: 17. Apr 19, 10:45 »
Sie setzten sich in die Sitzecke und auf einem kleinen Tisch standen zwei Becher in welche Kydora aus einer Karaffe heraus verdünnten Wein eingoss.

"Ach du weißt doch, dass Lavinia auf mich schon lange nicht mehr blickt. Doch möge sie dieses Haus und ihre Gäste wie auch Mitarbeiter behüten."

Sie sprach die Worte ruhig und reichte Vanion anschließend einen der Becher.

"Doch lass uns nicht über meine Differenzen mit den Göttern sprechen."

Die Silvanaja prostete ihm zu und nahm einen Schluck, nur um den Becher wieder abzustellen. Sie ließ den Blick einen Augenblick schweifen. Hier, abseits des Hauptgeschehens, war es deutlich ruhiger zugange.

"Ja, das meiste stammt aus seiner Zeit, wenngleich ich doch ein paar Kleinigkeiten ergänzt habe. Ich denke wenn uns die Zeit vergönnte gewesen wäre gemeinsam daran zu arbeiten, wäre es sicherlich noch um einiges mehr aufgeblüht. Doch lass uns nicht über mich reden."

Nun wendete sich Kydora wieder dem Ritter zu, während sie wieder nach ihrem Becher griff und ihn doch erstmal nur in der Hand hielt ohne einen Schluck zu nehmen. Mit einem fragenden Blick sah sie zu Vanion rüber.

"Wir haben lange nicht die Zeit gehabt miteinander zu sprechen... Und unsere letzte Begegnung war nur eine recht Flüchtige in schweren Zeiten. Wie ist es dir seither ergangen? Und wie kann ich dir helfen?"

Offline Vanion

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Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
« Antwort #9 am: 17. Apr 19, 11:02 »
"Du möchtest über ziemlich wenig reden, scheint mir", schmunzelte Vanion. "Doch unterschätze niemals Lavinia. Solange du nicht gerade deinen Onkel erschlagen hast, wird sie am Ende auf dich herablächeln."

Er nahm einen Schluck aus dem für ihn bereitgestellten Becher.
"Ein guter Tropfen! Der ist fast zu schade, ihn zu verdünnen."
Er schwenkte den Becher ein wenig. Es war nicht so, dass er ein Connaisseur war, aber was ihm schmeckte, wusste er zu schätzen.

"Ich hab dich ... vermisst." Er bemühte sich, nicht vorwurfsvoll dabei zu klingen. "Du sprichst von schweren Zeiten, und damit hast du völlig Recht. Mit Lorainnes Tod wurden die Tage dunkler."
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Offline Kydora

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Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
« Antwort #10 am: 17. Apr 19, 11:25 »
"Ich wollte nicht unhöflich sein und den Fokus auf mich ziehen, wo du es doch bist, der mich aufsuchte." Sie schwieg kurz. "Mag sein, dass sie am Ende auf einen herab lächelt... doch was bringt all das, wenn sie einen auf dem Weg dorthin so viel Leid erfahren lässt? Wie soll man Kraft aus einem Glauben schöpfen, wenn die nächste Prüfung nur noch schwerer ist als die vorherige? Ich bewundere all jene, die stark sind. Stark im Glauben, stark im Geist. Doch fällt es mir von mal zu mal schwerer."

Als er den Wein lobte, huschte ein Schmunzeln über Kydoras Gesicht. Sie musste unweigerlich an ihre erste Begegnung mit Rikhard denken, der ausschweifend über die Vorzüglichkeit des Weines gesprochen hatte. Wobei der Tropfen damals nun wirklich nicht sonderlich gut gewesen war. Es war hier in dieser Stadt gewesen... im kleinen Bregaholz.
Sie nahm ihrerseits einen Schluck und stellte den Becher anschließend wieder beiseite.

"Die Tage mögen dunkler sein, doch du hast einen Weg. Und auch wenn er dir dunkel erscheint... Vielleicht ist es nur die Nacht, die im Kreislauf vorüberziehen wird. Vielleicht ist es der Schatten eines Baumes, der auf deinem Weg liegt. Doch du hast einen Weg vor dir liegen, dem du von Herzen folgst. Mag es auch noch so dunkel sein..."

Kydora hob den Blick und sah Vanion ernst an.

"Dein Herz kennt den Weg und du wirst ihm folgen. Im Notfall auf allen vieren tastend nach dem Wegesrand, um nicht abzukommen. Oder an der Hand eines Führers, der dich ein Stück begleitet und dir halt gibt. Oder weil du einfach weißt wohin du gehen musst. Vanion, du bist Ritter geworden. Vanion de Roquefort..."

Sie machte eine kurze Pause.

"Die dunklen Tage werden irgendwann vorüber ziehen... lass sie nur nie dein Herz vergiften. Denn dein Herz ist es, dass dich auf deinem Weg halten wird."

Offline Vanion

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Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
« Antwort #11 am: 17. Apr 19, 11:45 »
"Lavinia ist es nicht, die dich leiden lässt. Sie ist es, die dir Trost spendet, wenn du nur darum bittest, und die dich segnet, wenn du dich ihrer Umarmung nicht verweigerst. Allein Admoneta ist streng mit uns allen, doch du hast gewiss nichts getan, was sie herbeigerufen hätte."

Er schüttelte den Kopf.
"Die Götter stehen uns bei, dessen bin ich mir sicher. Sie schauen auf unsere Entscheidungen, und es sind diese Entscheidungen und manchmal auch die von anderen, die unsere Leben bestimmen."

Kydoras letzte Worte brachten ihn zum Lächeln.
"Weißt du, es ist nicht so, dass ich noch Zweifel hätte. Diese Dunkelheit, von der du sprichst, hindert mich nicht daran, meinen Weg zu gehen und meine Eide zu erfüllen. Und seien wir ehrlich - wir sind beide aus dem Alter raus, in dem wir ständig hinterfragt haben. Ich kann nicht lange hier bleiben - oder irgendwo, heutzutage. Meine Pflichten dulden selten Aufschub."

Was mich nicht stört. Mir war klar, was mich erwartet.

"Als ich dir vor Monaten diesen Brief geschrieben habe ... ich will nicht leugnen, dass es mir schlecht ging. Lorainnes Tod hat Wunden hinterlassen, und ganz verheilt sind sie noch nicht. Ich erhoffte mir, ganz egoistisch, dass du mir beistehen würdest. Einerseits aufgrund der Vertrautheit, die uns verbindet ..." Oder verbunden hat. "... andererseits ... Du hast gelernt, mit Roberts Tod umzugehen. Ich habe Lorainne nicht begehrt, aber ich habe sie geliebt."
« Letzte Änderung: 17. Apr 19, 11:47 von Vanion »
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Offline Kydora

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« Antwort #12 am: 17. Apr 19, 15:16 »
Auf seine Worte hin schwieg sie zunächst, überbrückte die Stille indem sie einen Schluck aus ihrem Becher nahm.
Entscheidungen... Gewiss nichts getan...
Sie schüttelte den Kopf, um die Gedanken fortzuwischen und nahm einen weiteren Schluck. Anschließend stellte sie den Becher seufzend beiseite.

"Roberts Tod war nicht leicht und wie gern hätte ich noch viele Jahre mit ihm verbracht, wirklich. So absurd es auch klingen mag... Ihm hat mein Herz gehört... Mein einziger Trost ist das Wissen darum, dass er bei seinem Gott an der Tafel sitzt und seine Seele nicht leidet. Den mit dem Verlust verbundenen Schmerz... den kann mir keiner nehmen und auch wenn ich mit einer gewissen Leichtigkeit darüber zu sprechen scheine..."

Sie schüttelte erneut leicht den Kopf und atmete tief durch.

"Es ist nicht einfach, aber mit der Zeit lernt ein jeder auf seine Weise mit so was umzugehen... auch wenn ich niemandem wünsche, dass er diese Erfahrung machen muss. Ich hätte dir gerne beigestanden... euch allen, die ihr so schreckliches Leid erfahren habt. Doch wie kann ich euch eine gute Stütze sein und Halt bieten, wenn ich selber derzeit keinen finde und ruhelos bin?" Fragend sah sie ihn einen Moment lang an bevor sie dann jedoch fortfuhr. "Ich habe mich zurück etwas gezogen und angefangen hier-" sie machte mit der Hand eine ausladende Bewegung. "Kraft und Energie hineinzustecken. Um ein Fundament zu haben. Bei den ganzen Abenteuern und offenen Schlachten bin ich ohnehin meistens keine große Hilfe. Meine Talente liegen woanders und selten sind sie bei kleinen Scharmützeln von Vorteil."

Mit einem verschlagenen Grinsen ließ sich Kydora in die Kissen sinken und stütze sich mit den Ellenbogen am Boden ab. Dann nahmen ihre Gesichtszüge wieder einen sanften Ausdruck an.

"Bewahr dir die guten Zeiten, die du gemeinsam mit Lorainne hattest. Bewahr dir auch die schlechten. Halte sie alle in deinen Erinnerungen und erzähle die Geschichten der Ritterin, denn es gibt nichts Schlimmeres als vergessen zu werden. Betrachte, was sie dich gelehrt hat und gib es weiter. So wird ihr Andenken nicht verloren gehen. Scheue dich nicht davor von ihr zu sprechen. Lache, weine... aber verschließ niemals dein Herz vor den Gefühlen, die dich begleiten. Der Kreislauf mag dir grausam vorkommen... und ja, das ist er. Doch wo an der einen Stelle Tod und Vergänglichkeit stehen, stehen an anderer Stelle Neubeginn und Anfang. Das ist der Ausgleich, der alles umgibt..."

Ihr Blick suchte den Seinen.

"Gibt es Neuanfänge, die dich begleiten? Aus denen du Kraft schöpfen kannst?"

Offline Vanion

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Antw:Frühjahr 269 n.J. - Goldene Nachtigall in Brega
« Antwort #13 am: 17. Apr 19, 17:16 »
"Robert war ... einzigartig."

Vanion empfand eine Art angeekelte Bewunderung für diese schillernde Zwergengestalt, die Robert abgegeben hatte. Der Valkensteiner war ein Kriegsheld gewesen - doch die Stimmen, die ihn einen Kriegsverbrecher schimpften, waren bis heute nicht gänzlich verstummt. Zuviel wurde ihm angelastet, und der Robert, den Vanion kennengelernt hatte, war kein Held gewesen. Ein Krieger, ja. Und was für einer. Ein Anführer, dem Edlere als er selbst freudig in die Schlacht gefolgt waren. Aber ein Held? Keinesfalls.

"Ich erinnere mich noch an diesen Abend im Goldkrug, an dem ihr geheiratet habt. Damals dachte ich, ihr seid betrunken. Nun, ihr wart betrunken. Aber ich hielt es für einen schlechten Scherz, darum wollte ich dich auch davon abhalten."

Er hob den Becher und stieß mit Kydora auf Robert an.
"Nun - ihr habt mich eines Besseren belehrt."

Beide schwiegen einen Moment und Vanion ließ Kydoras Worte noch einmal Revue passieren.
Was sie sagte, stimmte. Es waren gute Ratschläge, einer wie der andere. Und doch sagte Kydora ihm nichts, was er nicht schon gehört hatte, von anderen, die ebenso wie sie fühlten, dass er Lorainne vermisste, und die genau wie sie dieses Loch, diese Leere, die ihn gepackt hielt, nicht füllen konnte. Schon spürte er dieses Gefühl wieder heranbranden, das er sorgfältig in eine Ecke gezwängt hatte, damit es ihn nicht vom Leben abhielt.

Er entschied sich, offen zu sein.
"Als ich sie sah, wie sie dort lag ... wie sie sie aufgebahrt hatten, da ist etwas in mir zerbrochen. Ich habe geweint wie noch nie in meinem Leben. Viele meiner Freunde und Gefährten waren dort, und sie alle sprachen Worte des Trosts oder schwiegen einfach. Die Luft war zäh vor stummem Leid, ein Schwert hätte sie schneiden können. Ich nahm nichts wahr, für eine Zeit war ich ... fort. Ich muss ein jämmerliches Bild abgegeben haben."
Der Ritter schnaubte.
"Am nächsten Morgen, da ... war's, als ob sich ein Nebel über die Welt gelegt hätte. Nichts hatte mehr einen Wert. Versteh mich recht - ich hab das Leben nicht verachtet! Aber die Bedeutung, die so Vieles für mich hatte, war verschwunden. Es war, als ob die Jahre, die ich mit ihr verbracht hatte, fortgewischt waren. Wir wollten immer nur La Follye zurückgewinnen, damals. Ein Stück Land, das ich nicht kannte, nie besucht hatte. Aber durch sie, durch ihre Erzählungen, durch ihre Liebe zu ihrer Familie und den ihr Anvertrauten, lernte ich sie kennen, die Hügel und Höfe und heiligen Orte dort oben. Und als sie ihr Lehen zurückgewonnen hatte, da ... Nun, du kennst die Geschichte. Ich war bis heute nicht wirklich oft auf La Follye."

Den letzten Satz hatte Vanion in einem harten Ton gesprochen, der konträr zu der melancholischen Erzählstimme stand, der er sich vorher befleißigt hatte. Sein Blick bohrte sich scharf in Kydoras Augen.

"Ich hab auf alles da oben verzichtet, was mir zustand, und ich bereue es nicht. Und doch hab ich mich Firngard immer verbunden gefühlt, es war Teil meiner Identität. Nun ist sie, der ich dieses Erbe verdanke, fort. Und ich sitze hier und habe meine Pflichten und meine Freunde und meine Familie, und alles ist gut."

Wie kann ich es ihr begreiflich machen?

"Natürlich trauere ich um sie. Doch ich weiß, dass sie nun dort ist, wo sie sein wollte. Sie hat endlich Frieden gefunden. Wahrscheinlich trinkt sie grade mit Benjen um die Wette, während ihr Vater stirnrunzelnd zusieht, was weiß ich. Aber durch sie habe ich Firngard kennen und lieben gelernt, sie war das Band, was mich an die Geschicke von La Follye gebunden hat. Dieses Band ist durchtrennt. Irgendwie hatte ich diesen kindischen Traum, dass wir irgendwann einmal Seite an Seite reiten würden, darüber wachen würden, dass die Kinder der Ahnen von Guy und Mathilde einander lieben würden, und diese unselige Fehde ein für alle Mal beendet würde."
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« Antwort #14 am: 21. Apr 19, 21:26 »
"Robert war halt Robert..." beließ sie es bei dem Thema. Ob er wirklich so einzigartig war...? Wenn doch auch sie selbst mittlerweile des Öfteren zu hören bekam teilweise wie er zu klingen... aber nun, das war ein anderes Thema und gehörte nicht zu diesem Abend.

Sie lauschte seinen offenen Worten geduldig und gab ihm alle Zeit und Ruhe, die er brauchte. Und auch als er geendet hatte, antwortete sie ihm nicht sogleich.

Behutsam und sanft klang ihre Stimme, als sie schließlich zu einer Antwort ansetzte. Erinnerte eher an einen leichten Windhauch, wenn es denn überhaupt noch an Wind erinnerte. Hatte sie doch verlernt ihm zu lauschen, hatte sich selbst zu einem gewissen Teil verloren... Doch auch dies war eine andere Geschichte, für einen anderen Moment.

"Ich war dort, ich habe all diese Menschen gesehen und auch Lorainne... Ich war an deiner Seite, habe deinen Schmerz gesehen... Und habe ihn verstanden..."

Sie sah Vanion mit ernstem Blick an, sprach sanft weiter.

"Etwas zerbricht und reißt ein Loch in einen hinein. Reißt eine Lücke, die nichts auf dieser Welt zu füllen vermag. Und alles scheint bedeutungslos. Völlig ohne Sinn."

Ihr Blick glitt weg und sie sah zum Feuer im Kamin, schien dennoch nicht wirklich die Flammen zu fixieren. Man hörte an ihrer Stimme, dass sie nur zu gut wusste welche Lücke sie meinte.

"Alles was man tun kann, ist dafür zu sorgen, dass dieses Loch nicht noch größer wird. Dass man Dinge findet, die einen erfüllen, damit die Schwärze des Abgrunds einen nicht verschlingt... Träume sind wichtig, denn Träume geben uns die Hoffnung und Kraft weiter zu machen. Versuche Kraft zu schöpfen aus deinen Träumen..."

Und mach nicht meine Fehler.

Sie wendete sich ihm wieder zu und gab ihm durch eine längere Pause Raum, um etwas zu sagen oder auch nicht, wenn ihm nicht danach war. Ihre Körperhaltung und Mimik ließ die Ruhe zwischen den Beiden keinesfalls unangenehm erscheinen.