Es ist der zwanzigste Tag des Oktobers im Jahre 269 nach Jeldrik.
Mit der Sonne des heutigen Tages geht auch die Hoffnung der Baronin von Pfauengrund unter, doch entgegen der Sonne des heiligen Alamar wird diese Hoffnung nicht wieder aufgehen. Angeführt von meinem Herrn, dem edlen Rutger selbst, haben wir heute die wichtige Brücke bei der Steinfurt genommen. Dem wilden Ritt meines Herrn konnten die Gardisten der Baronin nicht Stand halten; was auf den Beinen blieb, das wurde von unseren nachrückenden Soldaten erschlagen.
Wir haben das Lager aufgeschlagen. Die letzten Wochen waren von Scharmützeln geprägt, kaum eines davon die Tinte wert, mit der ich davon berichte. Das lange Warten drohte, uns mürbe zu machen. Mein Herr hat die Hoffnung aufgegeben, Pfauengrund ohne Blutvergießen zu brechen. Als Wort kam, dass der Tiorsorden die Herzogstraße besetzt hat, hätte der Baronin klar werden müssen, dass ihre Sache verloren ist, doch unsere Boten wurden mit Pfeilen empfangen, unsere Unterhändler verlacht.
Mein Herr Rutger hat also zum Schwert gegriffen, und seitdem vergeht kein Tag, an dem wir keinen Boden gutmachen. Die Feste Pfauengrund rückt näher.
Es ist der fünfundzwanzigste Tag des Oktobers im Jahre 269 nach Jeldrik.
Zwischen uns und der Feste Pfauengrund liegt nur noch plattes Land. Die Mannen Sinnerras sind eingetroffen, doch aus Feuerklinge kamen weniger als erhofft, und mein Herr Rutger hat diese Neuigkeiten nicht gut aufgenommen. Der Herr Vanion traf ein, geschunden vom Kampfe in der Baronie. Es scheint, als ob der Täuscher uns Steine in den Weg wirft, denn nicht mit voller Kampfeskraft sind die Feuerklinge angerückt.
Heute sind die ersten Flocken vom Himmel gefallen. Sorgenfalten entstellen die Stirn meines Herren, denn man braucht kein großer Feldherr zu sein, um zu wissen, dass eine Belagerung im Winter kaum zu gewinnen ist. Pfauengrund muss noch in diesem Monat fallen, sonst schläft der Krieg für eine Zeit und wenn der Schnee taut, werden die Karten neu gemischt. Wir stehen fest im Glauben und die Frauen und Männer vertrauen auf unseren Erbgrafen Rutger, der die Voranenburger Sache mit Mut vertritt!
Es ist der siebenundzwanzigste Tag des Oktobers im Jahre 269 nach Jeldrik.
Der Ring ist geschlossen! Nicht Mann noch Maus vermag es, die Feste Pfauengrund zu verlassen. Wir versprachen der Baronin Milde und Gnade für ihr Haus, so sie die Mauern entmannt und die Tore entriegelt und die Schlüssel herausgibt.
Es wird nicht lange dauern, bis die Sturmleitern und die Böcke bereit sind.
Der Herr Rutger lässt zu Alamar und Lavinia beten, und auch zu Tior.
Es ist der achtundzwanzigste Tag des Oktobers im Jahre 269 nach Jeldrik.
Unserem Boten, der unter Parlamentärsflagge an die Mauern herangeritten ist, um die Antwort der Pfauengrunder zu hören, wurde mit einem Pfeil geantwortet, der tief in seine Schulter drang.
Der Worte sind genug.
Man rüstet zur Schlacht.
Es ist der vierte Tag des Novembers im Jahre 269 nach Jeldrik.
Die Mauern der Feste sind stark und die Tore sind aus guter, schwerer Eiche. Mein Herr Rutger befiehlt, die Toten zu zählen. Es wird kälter, doch hat kein Tropfen Regen die Erde in den letzten Tagen benetzt und die Feuer lodern hell.
Es ist der zehnte Tag des Novembers im Jahre 269 nach Jeldrik.
Die Feste ist gefallen. Nun, da die Tore offen stehen, haben wir das Elend gesehen, das hinter den Mauern geherrscht hat. Keine zwei Wochen haben wir belagert, doch war das Essen gleich am dritten Tage aufgebraucht. Kaum ein Gardist stand unter Waffen, und die wenigen Edlen, die die Sache der Baronin verteidigten, waren bitterlich enttäuscht, hatten sie doch auf Entsatz aus Hanekamp gehofft.
Doch dieser Beistand war verwehrt. Mein Herr Rutger ist milde, für die hungernden Frauen und Männer in der Burg lässt er unsere knappen Vorräte aufteilen. Einiges Murren war zu hören, als die Nachricht sich verbreitete, doch die Frauen und Männer sind Rutger nicht nur im Eid, sondern auch in Liebe verbunden.
Nun gilt der Befehl, das Lager abzubrechen und zurückzukehren in die Heimat. Die Grenze nach Norden ist für den Winter gesichert, wir werden die Stellungen dort verstärken.
Der Krieg schläft nun unter dem weißen Mantel des Winters.
Für eine Weile.