Autor Thema: Stand der Gnade  (Gelesen 7405 mal)

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Offline Simon de Bourvis

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Re: Stand der Gnade
« Antwort #30 am: 26. Mai 16, 17:39 »
"Wir wollen aber ihren Namen unerwähnt lassen, sowohl "Bachlauf" wie auch "Roquefort" mögen ihr mehr schaden als nützen.
Die Mutter Oberin wird es verstehen und ihren Namen für sich behalten."
Wir wollen wie Kinder sein,
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Offline Vanion

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Re: Stand der Gnade
« Antwort #31 am: 26. Mai 16, 22:53 »
Unwillkürlich empfand Vanion Bewunderung für Lorainnes Geschick.
Seine Tochter an Leahs Seite zu bestellen war eine Gratwanderung, die nicht ungefährlich war. So war Jeanne in direkter Reichweite eines jeden Caldriers, der ihm ernsthaft schaden wollte. Doch genauso war sie unter dem Schutz Lorainnes - und Simons. Und wenn Blanchefleur soviel an Leah lag, dann war er gewiss niemand, der Kindern etwas antun würde. Jeanne war hier oben sicher, und es war letztendlich die Heimat ihrer Ahnen, und hier gehörte sie hin.

Sie jedoch ins Kloster zu schicken, sie unter den Schutz Lavinias zu stellen, war ein zweischneidiges Schwert. Gewiss würden Diener der Göttin niemals etwas tun, was zum Schaden seiner Tochter führen würde. Doch andererseits - was, wenn sie den Weg Lavinias wählte? Was, wenn Jeanne sich dazu entscheiden würde, in dem Kloster zu bleiben und zu dienen? Wieder erinnerte sich Vanion daran, dass er seit Savarics Tod nicht mehr zu Lavinia gebetet hatte. Er war fest davon überzeugt, dass die Mutter ihn verstoßen hatte für seine Tat. Vielleicht ist das der Wille Lavinias, dachte er. Ich gebe meine Tochter in die Hand der Göttin, sie sorgt für meine Tochter, wie sie nie wieder für mich sorgen wird. Denn ihre Hand und ihre Gnade habe ich verwirkt.

So musste es gewiss sein, dachte er. Das war die letzte Gnade, die Lavinia ihm erwiesen hatte. Sie würde über seine Tochter wachen.

"Es möge so sein, wie die Chevalière Lorainne es vorschlägt, Euer Gnaden. Lasst Jeanne im Kloster aufwachsen. Den Namen Bachlauf soll sie niemals führen, denn es ist nicht der Ihre. Ich werde beten, dass Jeanne und Leah durch eine innige Freundschaft von Kindesbeinen an verbunden werden - als Freunde, und als Verwandte."
"LARP ist nicht ein Hobby, es sind mindestens acht oder so. Ich betreibe etwa fünf davon." RalfHüls, LarpWiki.de

Offline Lorainne

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Re: Stand der Gnade
« Antwort #32 am: 27. Mai 16, 06:19 »
"Ich werde sie persönlich ins Kloster bringen, so Euer Gnaden es wünschen."

Offline Isabeau Lioncoeur

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Re: Stand der Gnade
« Antwort #33 am: 27. Mai 16, 16:54 »
"Da ich mich eh auf dem Weg nach Norden befinde kann Chevalier Lorainne und das Kind mit mir reisen. Ich werde in Donnerheim halt machen um bei Hofe zu berichten. Da wird es die Möglichkeit geben alles notwendige zu besorgen."
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"Das ist mein voller Ernst! Um Euch zu zeigen wie ernst ich es meine würde ich es mit meinem eigenen Blut auf meine Fahne schreiben!"

Offline Vanion

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Re: Stand der Gnade
« Antwort #34 am: 01. Jun 16, 12:35 »
So sollte es also sein.

Blanchefleur und Goldbach. Lorainne. Ein Bauer.

So viele Parteien waren hier, so viele unterschiedliche Beweggründe prallten aufeinander. Innerlich dankte Vanion den Göttern für das Glück, das ihm zuteil wurde, während er gleichzeitig fieberhaft zu ergründen und zu verstehen versuchte, was hier grade geschah - und welche Tragweite die Ereignisse hatten.

Blanchefleur schien es vor allem um den Frieden zwischen Roquefort und La Follye zu gehen. Er konnte gewiss keinen Bastard brauchen, der einen Anspruch auf Roquefort durchzusetzen versuchte. Vanion besaß keine Macht, die über die Kraft seiner Hände hinaus ging, aber es fiel dem Krieger schwer, einzuschätzen, ob Blanchefleur das klar war. Was also waren seine Motive? Es schien ihm um Leah zu gehen, Savarics Tochter. Das einzige wirklich unschuldige und unbefleckte Familienmitglied der Roqueforts - neben Vanions eigener Tochter.

Wenn Leah erst auf Roquefort herrscht, hat sie alles, was sie braucht, um das Lehen zu führen. Starken Beistand durch Blanchefleur, durch ihren Oheim Simon, und dadurch gewiss auch durch Lorainne. Und Lorainne ist als Mündel Goldbachs aufgewachsen. Das wiederum sorgte dafür, dass die Isabeau Lionceur sich wahrscheinlich nicht gegen Roquefort und auch nicht gegen Blanchefleur stellen würde. Vanion mochte sich täuschen, doch schienen Blanchefleur und Goldbach nicht grade in inniger Freundschaft miteinander verbunden zu sein.

Also doch kein Mitgefühl und keine Sorge, sondern harte Politik des Barons? Oder doch eine Mischung aus beidem? Noch blieb ihm die Antwort auf dieses Rätsel verborgen.

Seine eigene Tochter würde mit Leah aufwachsen - ein Garant für den caldrischen Adel, dass Vanion nichts gegen Leahs Anspruch unternehmen würde, eine weitere Versicherung dafür, dass sein Verzicht endgültig war. Im Gegenzug erhielt er endlich den Stand, der ihm durch Geburt und Erbe zustand. Mochte er auch nur als Bastard anerkannt sein, das reichte. Er war von hoher Geburt. Jeanne würde Lesen, Schreiben und vielleicht sogar die Mathematik erlernen. Und sie könnte den Weg einer Novizin Lavinias einschlagen, vielleicht eine Nonne im Kloster werden. Ein friedliches, sicheres Leben, unbeeinflusst von den unsteten Umtrieben des Vaters. Der Preis dafür war hoch. Vanion war sich sicher, dass er Jeanne nicht mehr so oft sehen würde. Den heimischen Hof konnte er immer besuchen, dort konnte er immer soviel Zeit verbringen, wie er wollte, wenn der nicht grade durch die Welt reiste. Aber oben in Blanchefleur wäre das nicht so einfach möglich. Die Trennung würde weh tun, und gleichzeitig Ansporn für ihn sein.

Als die Baronin sprach, runzelte er die Stirn. In ihre Hände würde er seine Tochter nicht geben. Isabeau war eine sture, unbarmherzige Frau, die ungerecht über ihn geurteilt hatte. Er hatte versucht, ihr die Hand zu reichen, doch sie - und, ganz wörtlich, ihre Männer - hatte darauf gespuckt. Ihre Haltung konnte er verstehen: keinen vollen Monat vor dem Bruch seines Knappeneides hatte er ihr gegenüber seinen Eid noch bekräftigt und erneut beschworen. Und doch fühlte er sich ungerecht behandelt. Sie vergisst, dass es nie um sie ging bei dem, was geschehen ist - sondern immer um Lorainne. Mochte sie ihn doch verteufeln, ihm machte es wenig aus. Mit Goldbach verband ihn - nichts.

Respektvoll wartete er ab, bis sie ausgesprochen hatte, und in die entstandene Stille sagte er:
"Ich werde Jeanne nach Reines bringen, wenn Ihr es gestattet, Euer Gnaden. Die Reise zurück nach Tangara und wieder in den Norden mag gewiss einige Wochen Zeit beanspruchen, doch im Sommer reitet es sich leichter und schneller als im Winter."

Erwartungsvoll sah er Blanchefleur an. Mit Genugtuung bemerkte er, dass die Männer des Barons nicht mehr links und rechts von ihm standen, sondern sich respektvoll etwas zurückgezogen hatten. Zwar beäugten sie ihn nach wie vor mit Argwohn, doch schienen sie verstanden zu haben, dass es hier nicht länger darum ging, einen scheinbaren Lügner zu bestrafen.
« Letzte Änderung: 01. Jun 16, 12:37 von Vanion »
"LARP ist nicht ein Hobby, es sind mindestens acht oder so. Ich betreibe etwa fünf davon." RalfHüls, LarpWiki.de

Offline Simon de Bourvis

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Re: Stand der Gnade
« Antwort #35 am: 02. Jun 16, 21:34 »
Scheinbar erfreut klatschte Blanchefleur in die Hände.
"Wie schön, wie schön, dann sind wir uns ja einig. Bring deine Tochter ins Kloster in wesser Gesellschaft auch immer Dir beliebt.

Nun, da wir diese unerfreuliche Sache endlich geklärt wissen, wollen wir uns angenehmeren Dingen zuwenden. Bringt meinen Narren!"

Respektvoll wurde Lorainne zu einem Sitz in der Runde geleitet, Vanion wurde an Ort und Stelle auf einen Schemel gesetzt und dann ein Becher verdünnten Weines in die Hand gedrückt.

Noch ehe Jemand Anstoss an seiner ungewöhnlichen Position in der Mitte nehmen konnte, trat ein bunt gewandeter kleiner Mann ins Rund.

"So hört, Ihr edlen Leute, wie der grosse Roderic, Bras de Fer, das heisst Arm aus Eisen, einst die grosse Südstrasse durch Blanchefleur ritt, auf der der Räuber Nachtigall sein Unwesen trieb und wo er weder Reiter noch Wanderer vorüberziehen ließ, indem er sie tötete, nicht mit Waffen, sondern mit seinem räuberischen Pfeifen. Und die Ritter der benachbarten Lehen wussten nicht weiter, wurden doch Ihre Waffenmänner, Steuereintreiber und Gefolge immer wieder Opfer des Räubers, der den Rittern ihr Lehen neidete und es gerne für sich selbst haben wollte..."

Der Narr untermalte seine Erählung mit Sprüngen und  Trillern auf einer Pfeife. Dabei bewegt er sich im Kries um Vanion herum und erzählte, die übliche Geschichte, wie Roderic den Räuber gefangen nahm und zu dessen Heim kam.

"...Der Räuber Nachtigall erblickte sie und sprach zu ihnen: »Meine lieben Schwiegersöhne, ladet keine Schande auf euch und erzürnet nicht einen so starken Ritter, damit er nicht auch euch töte. Bittet ihn lieber, daß er zu euch ins Haus komme und ein Glas Branntwein trinke.« Auf ihre Bitten kehrte Roderic, Bras de Fer,  im Palaste ein, ohne ihre Bosheit zu ahnen, denn die älteste Tochter hatte einen Ballen an Ketten über der Türe aufgezogen, um ihn zu erschlagen, wenn er durch das Tor ritte. Roderic aber erblickte sie über der Pforte, schlug sie mit seiner Lanze und tötete sie."

Die ganze Vorführung wirkte ein wenig hölzern und wenig akrobatisch, als arbeite der Narr lediglich einige Standardsprünge und Verrenkungen aus seinem Repertoire ab und stückele sie einfach zusammen.

Als habe er keine Lust oder Zeit gehabt eine angemessene Vorführung einzuüben.
Die Erzählung schlabberte den üblichen Verlauf entlang.

"...Da nahm Roderic, Bras de Fer, den König und die Königin  und befahl dem Räuber Nachtigall halblaut zu pfeifen; aber er pfiff ganz laut und betäubte alle Ritter, daß sie zu Boden stürzten. Darüber wurde Roderic, Bras de Fer, so aufgebracht, daß er sprach:
"Ein übler Gesell bist Du, Räuber Nachtigall. Viel Unglück hast Du gebracht und viele getötet, weil du Ihnen die Lehen neidest! Doch wohin hat es Dich geführt, Dich gegen die göttliche Ordnung der Welt zu stellen? Ein Lehen hast Du nicht erlangt, dein Kind ist erschlagen und zum Letzten auch Du!"
Und so erschlug Roderic den Räuber Nachtigall!"

Die letzten Verse hatte der Narr direkt zu vanion gesprochen, auf dem ebenfalls die meisten Augenpaare im Raum geruht hatten.

"Narr, du bist eine Enttäuschung!" liess sich der Baron in die Stille vernehmen.
"Zuviel unserer Kostbare Zeit haben wir mit dieser Kinderei verschwendet. Verschwinde und komm mir in der nächsten Zeit nicht unter die Augen!"

Auch seine Augen ruhten auf Vanion.

Dann löste sich die Anspannung des Momentes.

"Nun, wir wollen die Runde auflösen, viel Glück Vanion aus Roquefort, bis wir uns wiedersehen."

Blanchefleur stand auf, die "Audienz" war beendet.
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Offline Isabeau Lioncoeur

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Re: Stand der Gnade
« Antwort #36 am: 03. Jun 16, 07:43 »
Isabeau hatte einen Platz zur linken des Barons gewiesen bekommen und beobachtete das Schauspiel vor sich mit einem neutralen Gesichtsausdruck.
Als der Narr entlassen wurde, beugte sie sich leicht zu Blanchfleur und sprach leise, so dass nur er es hören konnte:
"Subtil, ma chère, subtil..." während ihre Augenbraue sich spöttisch nach oben zog.
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Offline Vanion

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Re: Stand der Gnade
« Antwort #37 am: 03. Jun 16, 16:54 »
Vanion aus Roquefort.

In diesen Worten lag - Macht. Ein tiefer, hallender Klang.

Irgendetwas in ihm bewegte sich.
Es war, als ob verschiedene Teile sich langsam, ächzend in Bewegung setzten, und ein neues Muster bildeten. Da war der Bauer. Da war der Tagedieb, der mit Marius durch die Welt gezogen war, getrunken und gefeiert und im Straßengraben übernachtet hatte. Die beiden verschwommen miteinander, und das Bild, dass sich daraus ergab, war sehr, sehr unschön.

Doch dann kam noch ein Teil von ihm dazu: der junge Mann, der stark und geschickt, aber recht einfach gestrickt war. Dessen Stolz und dessen loses Mundwerk ihn nur allzu oft in Schwierigkeiten gebracht hatte - aber dessen Geschick und dessen Glück ihn wohlbehalten durch die Wirren des Bürgerkrieges geführt hatte.

Der Junge, der in Lorainnes Dienste getreten war. Der in Schlagbaum, im Arden, in Andarra zum Mann geworden war. Der Moment, als am Ottersee die Sonne aufging, der Moment, in dem Agathes letzte Ruhestatt gefunden wurde.

Auch dieser Junge rückte an seinen Platz. Bauer, Taugenichts, Kriegsknecht - der Knappe Vanion war geboren. Und der schritt nun umher, rast- und ruhelos, auf der Suche nach seiner Rittermutter, die entführt worden war.

Auch der Knappe fügte sich ins Bild. Seine hehren Ideale und die ständigen Konflikte mit sich selbst, in denen er gestanden hatte, verflochten sich untrennbar miteinander.

Und der Eidbrecher. Und der Sippenmörder.

Vanion aus Roquefort.

Ein Mann von Stand. Mochten andere von höherer Geburt sein, ihn kümmerte es nicht. Sein Stand war anerkannt. Seine Geburt war anerkannt. Kein Caldrier, kein Adliger würde ihm dies jemals wieder nehmen können.

Die subtile Drohung Blanchefleurs durch die Erzählung des Narren nahm er hin. Deutlicher konnte der Mann nicht werden. Respektvoll verbeugte er sich vor Blanchefleur - und auch vor Goldbach. Dann wurden ihm seine Habseligkeiten, die man ihm abgenommen hatte, ausgehändigt.

Der Mann, der losstapfte, um vor die Tore Engonias zurückzukehren, war derselbe Mann, der vor fünf Jahren innerhalb dieser Stadt für ein freies Engonien gekämpft hatte - und doch war es ein ganz anderer.
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Offline Lorainne

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Re: Stand der Gnade
« Antwort #38 am: 03. Jun 16, 22:54 »
Ein eiskalter Schauer lief Lorainne den Rücken herunter, als sie dieser Geschichte lauschte. Sie war sicher, dass Blanchefleur diese unterschwellige Drohung wahrmachen  und die kleine Jeanne töten würde.
Ein unbedachten Schritt von Vanion... Doch er würde seine Hände nicht nach Roquefort ausstrecken. Er würde nicht noch einmal sein Wort brechen.
Vanion aus Roquefort. Anerkannte Bastard eines firngardischen Adligen. Und doch niemals so wie die Anderen.
Den Eidbruch würden sie niemals vergessen, das wog schwerer als seine tangarianischer Herkunft.
Sie würde über das kleine Mädchen wachen, ihr Schild sein, und wenn nötig, ihr Leben im Namen Lavinias mit dem Schwert verteidigen.
« Letzte Änderung: 03. Jun 16, 23:04 von Lorainne »