Nach der Zerstörung des schwarzen Mondes - Jelenas Besuch

[Jelena]

Jelena musterte den Mann vor sich noch einmal genau. Etwas bei diesem Namen klingelte, aber sie konnte ihre Erinnerung nicht mit dem Erscheinungsbild vor sich in Einklang bringen.
"Sagt, besitzt ihr zufällig Kleidung in dunkelblau, die an den Säumen mit Noten bestickt ist? Mir ist so als ob ich euch einmal in Brega gesehen und gehört hätte... unmittelbar bevor wir gen Engonia gezogen sind..."

[Noxius Armatura]

Der Mann namens Vincent nickte.
"Ja. Das ist meine Kleidung für auftritte, richtig!"
Kurz verstummte er, dann fasste er sich an die Stirn
"Mein gott.. ich plaudere hier und hätte fast das wichtigste vergessen. Pastro Justulo bat mich euch bald in den Ratssaal zu bringen!"

[Jelena]

Jelena trank ihren Becher aus und klopfte sich die Krümel vom Schoß.
"Grämt euch nicht, habt ihr mir nicht eben gesagt das Zeit hier eine andere Qualität hat?" meinte sie lächelnd und schob den Stuhl zurück. Sie griff ihre Heilertasche und nickte Vincent zu:
"Zeigt den Weg."

[Noxius Armatura]

"dennoch verstreicht die zeit hier und läuft nicht zurück."
Vincent erhob sich und führte Jelena durch die gänge des Klosters bis vor die türen des ratssaals.

[MiGri]

Wenig später kamen sie im Ratsraum an.

An dreien der Wände standen hohe Regale, die komplett mit Büchern und alten Schriften gefüllt waren.
Neben einem großen rundem Tisch mit je 5 hohen und kleineren Stühlen befand sich noch ein breiter, rechteckiger Schreibtisch als Mobiliar im Raum.

Auf dem mittleren den großen Stühle saß ein kleiner, unscheinbarer Mann. Sein lockiges Haar war schneeweiß und zeugte von dem hohen Alter des Priesters. Durch seine Brille schauten zwei kleine, wache Augen auf die Heilerin und den Novizen, als diese den Raum betraten.
Zu seiner Rechten saß ein Mann mit schlecht schätzbaren Alter, er trug einen Vollbart, der - wie die nur wenigen Haare - silbergrau war. Aber seine Gesichtszüge wurden nur durch wenige Falten gezeichnet und seine tiefblauen Augen strahlten kraftvoll.
Zu seiner Linken saß die einzige Person, die Jelena bereits kannte: Lúthien.

Alle standen auf und begrüßten den Gast während der Novize den Raum unauffällig verließ.
Lúthien wies auf den Mann in der Mitte: "Darf ich Euch unseren Prior vorstellen, Meisterin Jakovljeva?"

"Seid willkommen im Kloster 'Unua Secundo'! Ich bin Prior Mandil Tro'el, ältester Priester des Ordens Équils. Und dies," er wies auf dem Mann an seiner rechten Seite "ist Majstro Timur, dessen ehemaligen Novico Justulo Ihr ja bereits kennengelernt habt. Wir freuen uns, dass ihr unserer Einladung endlich folgen konntet. Pastro Justulo hat uns viel von Euch erzählt. Setzt Euch doch bitte."
Stehend warteten die Priester darauf, dass ihr Gast sich auch am Tisch niederließ.

[Jelena]

Jelena begrüßte die Priester respektvoll:
"Prior... Meister Timur... Meistrin Luthien... es ist mir eine Ehre von euch empfangen zu werden. Vielen Dank."
Sie nahm auf dem zugewiesenen Stuhl Platz und musterte die ihr gegenüber sitzenden ebenso neugierig wie sie auch gemustert wurde.
"Mein Leben war in den letzten Jahren turbulent wie ihr unzweifelhaft wisst. Auch gestehe ich, dass ich dem Orden des Equil gegenüber keine Zuneigung empfinde. Dennoch versprach ich Bruder Justus das ich die Reise auf mich nehmen würde da er mir einen unschätzbaren Gefallen erwiesen hat. Was also kann ich für euch tun?"

[MiGri]

Mandil runzelte die Stirn, als die Heilerin ihr Antipathie äußerte.
"Ihr seid sehr direkt, Meisterin Jakovljeva. Das wissen wir zu schätzen. Darf ich daher ebenso direkt fragen, worauf Eure Abneigung gegen unseren Orden beruht?"

[Jelena]

Jelena sah den Prior ungläubig an:
"Ist diese Frage etwa ernstgemeint? Wollt ihr mir weißmachen das ihr euch nicht vorstellen könnt worauf sich meine Abneigung" sie spie das Wort förmlich aus, "gründen könnte?"
Jelenas Stimme troff vor Hohn:
"Ihr, die ihr euch etwas darauf einbildet ach so neutral zu sein und Wächter der Zeit sein wollt, ihr wart es doch die uns in diese unmögliche Lage gebracht haben! Ein Mitglied EURES Ordens hat uns in die Vergangenheit geschickt und uns manipuliert. Wir sind nicht freiwillig in der Zeit gereist, wir sind in euren internen Zwist hinein gezogen worden! Ihr habt in diesem Punkt versagt! Ihr habt die Kontrolle über Elias Cameron verloren! Ihr habt zugelassen, dass sich die Fäulnis in mir einnistet!"
Es war selten das jemand Jelena so wütend gesehen hatte. Sie war aufgesprungen und deutete mit vor Wut zitterndem Zeigefinger auf die vor ihr sitzenden Priester. Als sie von der Zeitkrankheit sprach mit der sie damals infiziert worden war schlug ihre Stimme in ein Grollen um und ein roter Schleier schien sich über alles zu legen. Die Wut drohte in Aggression umzuschlagen und Jelena bemerkte buchstäblich im letzten Augenblick wessen Gefühle sich mit ihren vermischte und in was sie da zu gleiten drohte.
Sie ballte die Hände zu Fäusten und schloß die Augen um tief durchzuatmen.
Als sie sprach, da klang es gepresst und abgehackt:
"Ich bin Gast in eurem Haus. Es steht mir nicht zu die Stimme zu erheben. Entschuldigt mich."
Sie drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Saal.
Draußen ging sie ein paar Schritte in den Garten des Innenhofes und atmete erst einmal einige Male durch um ihre Fassung wieder zu erlangen.
Warte bis wir uns wiedersehen, Kassos. Was wirst du Prügel beziehen...
dachte sie mit ohnmächtiger Wut.

[MiGri]

Mandil sah die anderen Priester ratlos an. "Was in Équils Namen...".
Timur überlegte kurz, bevor er antwortete: "Ich habe es auch gespürt. Lasst uns Justulo rufen, vielleicht dringt er zu ihr durch."
Die beiden anderen nickten und kurz darauf erschien Justulo im Ratsraum. Als er hörte, weswegen er gerufen wurde, eilte er
Jelena in den Innenhof nach.
"Meisterin Jelena?" sprach er sie ruhig an. "Was ist passiert?" Er suchte den Augenkontakt, versuchte zu ahnen, was in der Heilerin vorging.

[Jelena]

Die wenigen Augenblicke hatten bereits gereicht um ihr inneres Gleichgewicht wieder zu finden. So schnell wie die blinde Wut in ihr aufgestiegen war, so schnell war sie auch wieder verraucht.
Als Justulo sie ansprach stand sie mit verschränkten Armen vor einem Kräuterbeet und schien tief in Gedanken versunken.
"Bruder Justus! Wie schön euch zu sehen." Sie rieb sich müde die Augen.
"Ich habe da drin meine Fassung verloren. Das ist sonst nicht meine Art, aber das wisst ihr ja bereits, sonst würdet ihr nicht so besorgt drein sehen."
Sie seufzte und sah sich nach einer Bank um.
"Setzen wir uns, mein Knie ärgert mich immer noch... Kann es wirklich sein das euer Prior noch nicht weiß was Elias Cameron tun wird?"

[MiGri]

Justulo setzte sich neben Jelena auf die Bank
Er seufzte. Wo sollte er anfangen?
"Wo soll ich nur anfangen? Nein, der Prioro weiß nicht was Elias Cameron tun wird. Keiner von uns kennt bislang jemanden mit diesem Namen. Wir können nicht in die Zukunft sehen, wir reisen auch nicht durch die Zeit. Wir bekommen zwar Visionen unserer näheren Zukunft von Équil, selbst gesandt, aber in keiner dieser Visionen kam bislang ein Elias Cameron vor.
Wir haben den Namen bislang nur von einer Person gehört, und die war mit Euch unterwegs. Und das was sie uns berichtete, führte erst zu Eurer Einladung, denn es blieben mehr Fragen als Antworten.
Doch ich weiß darüber nur einen kleinen Teil.
Bei allem, was wir bislang zusammen erlebt haben: glaubt mir bitte.

Und noch etwas: Ja, ich kenne Euch nun schon einige Zeit. Das eben war nicht Eure Art. Also verratet Ihr mir, was los ist? Berührt Euch das Erlebnis mit diesem Cameron so sehr?"

[Jelena]

Jelena schwieg eine Zeit lang und als sie sprach, da schien es zunächst völlig zusammenhangslos:
"Obwohl oder vielleicht gerade weil mein Volk seine Wurzeln im Wind hat gibt es einige wenige Gesetze die so tief im Bewusstsein verwurzelt sind, das nur die Göttin sie daraus entfernen könnte. Dazu zählt das Recht der Wahl ebenso wie die Abscheu vor Dämonen und auch das Wissen, dass die Strafe immer der Schuld entsprechen sollte. Was also ist die schlimmste Strafe die einen Heiler treffen kann? An dem zugrunde zu gehen gegen das man kämpft: die Fäulnis."
Die Heilerin erschauderte und ballte die Hände zu Fäusten.
"Ich erwachte an jenem Morgen und merkte das etwas nicht in Ordnung mit mir war. Ich blickte in den Spiegel und sah dort das Grauen aus meinen schlimmsten Alpträumen. Ich verfaulte bei lebendigem Leibe."
Jelena schien mit sich zu ringen, ihr Atem kam stossweise und Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn. Offensichtlich war dies eines der wenigen Dinge die die sonst so resolute Frau in die Knie zwingen konnten.
"Wir fanden später heraus das es sich offenbar um einen Fluch handelte, übertragen durch den Biss der Hunde die zu den Wächtern der Zeit gehörten. Offensichtlich eine Fraktion eures Ordens, Justus. Sie bezeichneten Elias Cameron als Abtrünnigen. Es war ihnen völlig egal das wir unfreiwillig in der Zeit gereist waren und es interessierte sie nicht im Mindesten das wir von Cameron manipuliert worden waren. Der Fluch würde immer weiter fortschreiten je länger wir uns außerhalb unserer eigenen Zeitlinie befänden und schließlich unter großen Qualen zum Tode führen. Sollte es uns gelingen in unsere Zeit zurück zu kehren so würde er ruhen um dann wieder auszubrechen sobald so etwas erneut geschähe."
Sie suchte Augenkontakt und in ihren Augen stand Wut und auch Angst:
"Es mag sein das euren jetzigen Orden keine Schuld trifft aber ich habe gesehen zu was er sich entwickeln wird, wen er hervorbringen wird... und glaubt mir Justus, das sind keine guten Aussichten."

[MiGri]

Justulo lehnte sich auf der Bank zurück und dachte nach.
"Ich kann wahrscheinlich nicht einmal ahnen, was Euch widerfahren ist. Und ich glaube auch weiterhin, dass Ihr die ganze Geschichte dem Rat erzählen solltet, sobald ihr dazu in der Lage seid." Er schwieg wieder und überlegte, wie er die nächsten Sätze am Besten formulierte. Er schaute Jelena wieder an.
"Kennt ihr eigentlich die Geschichte von Équil? Und wisst ihr, welche Aufgabe er hat - und damit auch wir haben? Ich möchte Euch bitten, mir zu glauben, das jene, die Ihr gerade beschrieben habt, nicht aus der Zeitlinie stammen können, die wir versuchen, zu bewahren. Diejenigen, die ihr gesehen habt, sind keine Ordensbrüder von uns, sondern diejenigen, die wir bekämpfen. Es sind jene, die versuchen, unsere Welt in Ihre zu verwandeln und die aus einer Zukunft stammen, die nie geschehen darf. Und alles, was Ihr und diejenigen, die mit Euch gereist sind, in unserer Vergangenheit verändert haben, spielt ihnen in die Hände. Auch deswegen haben wir Euch eingeladen. Wir müssen alles wissen, was passiert ist."

[Jelena]

"Ich habe mich mit Equils Saga nicht ausführlich beschäftigt. Ich kenne nur die Grundzüge."
Sie sah den Priester mißtrauisch an:
"Ein gegnerischer Orden? Das solltet ihr mir genau erklären, Justus!"

[MiGri]

Justulo zögerte...
"Ich denke, dass sollte Euch eigentlich jemand erklären, der das besser kann: Die Meister im Rat."
Leiser, als wenn er mit sich selbst reden würde,m sprach er weiter:
"Es ist kompliziert. Diese Mönche stammen aus der Zukunft. Einer Zukunft die nie passieren darf. Sie sind Schatten dessen, was aus unserem Orden werden könnte, falls wir versagen..."