Die Nacht im Tempel war zu lang gewesen, um so früh weiter zu reiten. Als sie den Totenpfad verließen, trennten sich Sasha, Maugrim und Kassos von den Nordhunden die sie begleiteten. Die Krieger um den Ordensritter Kord, mussten noch einige Vorräte beschaffen und wollted die drei Kleriker dann in einem Gasthaus treffen, das einige Tage den Weg hinunter lag. Von dort an würde die Gruppe zusammen den Weg in das ewige Eis einschlagen.
Die Tage waren lang und das Reiten strengte sie an. Auch wenn sie schnell voran kommen wollten, nahmen sie sich zwischenzeitlich heraus, die Pferde zu führen und sich die Beine zu vertreten, immerhin mussten die Nordhunde auch die Möglichkeit haben sie einzuholen.
So auch jetzt. Die drei Kleriker wanderten durch die letzten Ausläufer der Ebenen Tangaras, am Horizont erschien im Abendlicht die Silhouette des Waldes von Arden. Düster, drohend und Unheil versprechend lag es vor ihnen.
Gerade spaßten die drei darüber, dass Kassos für die kommende Nacht mehr Decken braucht, als vor ihnen eine Herberge am Wegrand auftauchte. „Da mir meine Füße mittlerweile genauso schmerzen wie mein Hintern, sollten wir heute Nacht hier bleiben“, sagte Kassos und blickte die beiden fragend an.
Nachdem sie einen raschen Blick getauscht hatten, stimmten sie mit einem kurzen Nicken zu.
Maugrim trat an seine Seite und konnte das Grinsen kaum unterdrücken. „Wenn du gute Hosen tragen würdest, statt eines Kleides, würde dir vielleicht nicht dein Hintern derart weh tun meine Liebe“, sagte er in neckendem Ton und prustete los.
„81“, hörte man Kassos murmeln, bevor er dem Tormentor Priester einen Schlag auf den Oberarm versetzte und grinsend davon stapfte.
Sasha und Maugrim folgten ihm lachend, sie umrundeten die Herberge und hielten auf die Ställe zu.
Als sie gerade dabei waren, ihre Habe von den Pferden zu laden und und ab zu satteln, kam ein Junge aus der hinteren Tür. „Willkommen in unserem Haus, hohe Herren und Damen, wie kann ich zu Diensten sein?“
Sasha, die bei dem Wort Dame sichtlich zusammen zuckte, ging auf den Jungen zu und reichte ihm eine Münze. „Kümmere dich gut um die Pferde und lagere unseren Proviant bitte trocken, wir werden im Schankraum warten, bis du uns ein Zimmer zeigen kannst“, sagte der Paladin freundlich. Der Bengel, der wohl noch nie eine Wolfselfe gesehen hatte, ging einen halben Schritt zurück und konnte den Blick gar nicht von Sashas Augen abwenden. „Jawohl, ich lasse meine Schwester etwas zu Trinken bringen und Rufe Vater aus der Küche“, stammelte er, als ihm seine Unhöflichkeit bewusst wurde und ging zurück ins Haus.
Grinsend machte sich Sasha wieder daran, Salem den Sattel ab zunehmen.
„Ich reise mit einem Witzbold und einem Kinderschreck, das kann ja heiter werden. Wenn du den kleinen frisst, wird unser Aufenthalt hier teurer als gedacht“, sagte Kassos lachend und bemerkte zu spät den völlig blassen Jungen, der im Eingang zum Stall stand. Sasha und Maugrim hielten nur unter allergrößter Kraftanstrengung das Lachen zurück, während Kassos beschwichtigend die Hände hob. „Keine Sorge Junge, sie frisst nur Diebe und böse Jungs“. Gab er zum Besten und fiel in das lachen mit ein.
Als dem kreidebleichen Kerlchen einfiel, dass er in der Küche noch etwas zu erledigen hätte, gingen auch die drei ins Haus. Natürlich nicht, ohne dass Kassos noch Sashas Rechte zu spühren bekam.
Sie suchten sich einen Platz im Schankraum, nah am Kamin und setzten sich an einen Tisch. Sie hatten kaum einmal durch geatmet, als auch schon eine junge Frau an ihrem Tisch erschien. „Was kann ich den Herrschaften bringen? Wir haben noch was von dem dicken Eintopf und ich denke auch noch etwas Braten“, sagte sie höflich, nur um kurz danach geräuschvoll die Nase hoch zu ziehen.
„Bring uns eine Kanne heißen Met und jedem eine gute Schale von dem Eintopf, bitte“, sagte Maugrim und drückte auch ihr eine Münze in die Hand. „Und bitte doch deinen Vater zu uns, wir hätten gerne Zimmer für die Nacht.“
„Süß die kleine, trotz ihrer roten Nase“, sagte der Tiors Priester, als sie sich vom Tisch entfernt hatte. „Ja“, kommentierte Maugrim, „und vielleicht kann sie dir auch so ein schönes, dickes Wollkleid machen.“ 82“, gab Kassos völlig ungerührt zurück. „Die werden die Sprüche schon noch vergehen, Bruder Maugrim.“
„Das glaube ich nicht, zumindest nicht in naher Zukunft“, mischte sich Sasha lachend ein, als der Wirt an ihren Tisch heran trat.
„Was führt eine Reisegesellschaft wie die Eure, an diesem kalten Abend zu uns, außer natürlich, meinen Sohn halb zu Tode zu erschrecken?“, fragte der kräftige Mann zwinkernd.
Kassos, der sich auch ohne die höhnischen Blicke der beiden anderen angesprochen fühlte stand auf und reichte dem Mann die Hand. „Das sind der Priester des Tormentor Maugrim Wolfsfang und der Paladin Askars, Sasha Timerlore Schattenwolf“, sprach er und deutete auf seine Begleiter, „Ich bin Kassos Blutklinge, Priester Tiors und ich entschuldige mich für den Schrecken, den ich eurem Jungen sicher eingejagt habe.“
„Seit willkommen in meinem Haus“, sagte der Wirt und verneigte sich leicht, „und sorgt euch nicht um meinen Jungen. Ein kleiner Schreck hier und da, treibt ihm die Flausen aus“, fügte er lachend an.
„Meine Tochter wird euch nach dem Essen eure Zimmer zeigen, wir haben noch viel Platz, bei diesem Wetter ist kaum einer auf den Straßen unterwegs.“
„Vielen Dank“, sagte Kassos und setzte sich wieder, als der Wirt sich vom Tisch entfernt hatte.
Als die Drei gegessen hatten wurden sie von der Tochter des Wirtes zu ihren Zimmern geführt. „Wenn die Herrschaften einen Wunsch haben, mein Zimmer ist unten neben der Küche. Mein Name ist Isa, ruft einfach nach mir“, sagte das Mädchen freundlich, „Ich wünsche eine gute und geruhsame Nacht.“
Mit diesen Worten machte sie sich wieder auf den Weg nach unten und verschwand die Treppe hinunter. Als das Mädchen verschwunden war, streckte sich Sasha genüsslich und und marschierte in Richtung ihres Zimmers. „Gute Nacht, wir sehen uns beim Frühstück“, sagte sie noch, dann schloss sich die Tür hinter ihr.
„Gute Nacht Maugrim“, wandte sich Kassos an den Tormentor Priester, „morgen werden Kord und die Nordhunde uns wohl eingeholt haben, solange warten wir hier und ruhen uns aus.“
„Alles klar“, nuschelte Maugrim noch und verschwand dann auch in seinem Zimmer.
Der nächste Morgen verlief ereignislos. Man traf sich zu Frühstück und besprach den weiteren Reiseweg. Nach einem guten Essen und einiger Zeit vor dem Kamin, in der sie über alte Geschichten und Abenteuer sprachen, flog die Tür zum Schankraum auf.
„Grüße, ihr Herren dieses Hauses, bringt heißen Met und Fleisch für ein paar durchgefrorene Hordhunde“, hörte man Kords tragende Stimme durch das Haus schallen, während er den Raum betrat. Hinter ihm trotten die in weiße Wappenröcke gekleideten Krieger.
„Da seit ihr ja endlich“, rief Sasha ihnen entgegen und erhob sich, um ihnen entgegen zu gehen.
„Seit ihr über Condra geritten, dass ihr erst jetzt hier eintrefft“, neckte sie ihre Leute.
„Naja, da waren diese Räuber auf unserem Weg“, entgegnete Kord zwinkernd.
„Es waren dutzende, wenn nicht mehr.“, hörte man es hinter dem Ritter lachend erklingen.
„Ja ja, kommt erst mal rein und wärmt euch auf.“, gab Sasha grinsend zurück.
Während die Nordhunde assen und tranken, sich aufwärmten, rief Maugrim nach dem Sohn des Wirts.
„Bitte gib diese Münzen deinem Vater, füttere unsere Pferde und bring unsere Habe nach unten. Wenn die Krieger gegessen haben, werden wir aufbrechen“ sagte er und drückte dem Jungen einige Münzen in die Hand.
„Wir haben noch eine weite Reise vor uns und sollten noch ein bisschen Weg gut machen, bevor der Sturm uns einholt.“, wandte er sich an Sasha und Kassos.
„Du hast Recht, wir sollten vielleicht schon mal satteln“, gab Kassos zurück und ging nach der Zustimmung der Beiden Richtung Stall.
Nach einiger Zeit, die Pferde waren gesattelt und beladen, kamen die Nordhunde mit ihrer Habe in den hinteren Hof. „Wir sind fertig zur Abreise“, rief Kord ihnen entgegen und rundete seine Aussage mit einem satten Rülpser ab, der ihnen, begleitet vom Gelächter der Krieger, entgegen schlug.
„Dann albert nicht rum, sondern packt eure Ärsche auf die Pferde“, polterte Sasha los, konnte sich aber ein Lachen nicht verkneifen und stieg auf ihr Pferd. Auch Maugrim und Kassos bestiegen Kopfschüttelnd ihre Tiere. „Das wird sicher eine sehr lustige Reise“, meinte der Tiorspriester und ritt los. „Ganz sicher sogar“, stimmte Maugrim zu und folgte ihm.