„Lass den lieber an, wir kommen gleich nochmal in die Kälte.“
*Sasha deutete auf eine eher unscheinbare etwa eine Elle breite Öffnung am unteren Rand der Außenmauer, die in die Tiefe führte.*
„Flüssiges Gestein. Die Tempelanlage wurde damals auf unterirdischen Hohlräumen erbaut, durch die glühende, flüssige Lava fließt. Hier oben kann man sich das kaum vorstellen, aber tief unter uns ist es wirklich heiß. Durch komplizierte Rohrsysteme, bei denen bis auf die Erbauer wohl niemand mehr weiß, wie sie wirklich funktionieren, wird die warme Luft in den gesamten Tempel geleitet.
Anders wäre es wohl auch gar nicht möglich, ein solches Bauwerk hier zu betreiben, Brennholz ist hier nicht gerade im Überfluss vorhanden.“
*Sie waren nun am inneren Tor angekommen und betraten den Innenhof der Anlage. Sofort schlug ihnen wieder die eisige Kälte des ewigen Eises ins Gesicht. Nach dem warmen Inneren der Mauer fühlte sie sich noch kälter an, auch wenn der schneidende Wind hier komplett fehlte.
Der Innenhof war, wie bei der mächtigen Außenmauer zu erwarten, sehr geräumig. Linker Hand befanden sich die Ställe, aus denen sogleich einige Bedienstete eilten, die ihnen die Pferde abnahmen. Gleich zwei ergriffen Salems Zaumzeug, sie schienen das Tier gut zu kennen… doch der Hengst dachte gar nicht daran, Schwierigkeiten zu machen und zog beide Stallburschen einfach hinter sich her, während er schnurstracks in den Stall zu warmem Stroh und Futter marschierte. Nachtfeuer ließ sich das nicht bieten und trottete trotz der Proteste des an ihm hängenden Stallburschen hinterher. Die restlichen Pferde ließen sich dann aber weitaus friedlicher verstauen.
Im Innenhof gab es auch noch ein paar niedrige Wirtschaftsgebäude, eine Schmiede und mehrere große Schuppen. Keins der Gebäude stand frei, sondern schien mit jeweils einer Seite mit der Außenmauer zu verschmelzen. Am eindrucksvollsten waren aber die 4 im Kreis angeordneten großen Langhäuser. Ihre Eingänge wiesen in die Mitte des Hofes, die Rückseiten schmiegten sich wie die der restlichen Gebäude an die Mauer. Detailreich geschnitzte Figuren an den Holzgiebeln der Häuser zeigten jedem, wer sich dort aufhielt. Rechter Hand sah man einen stolzen Hirsch mit mächtigem Geweih und einen Raben mit ausgebreiteten Schwingen, links fand man einen aufgerichteten Bären und einen Wolf im Sprung. Trotz der in etwa gleichen Größe und Form der Langhäuser zeigten verschiedene Aufbauten und unterschiedliche Fenster und Klappen, dass sie sich im Inneren sehr wohl deutlich voneinander unterscheiden mussten.*
„Die Langhäuser beherbergen die Anhänger der Söhne Lunas…aber das ist wohl eh offensichtlich.“, erklärte Sasha, während sie auf die geschnitzten Giebel deutete.
„Hier schneit in den kältesten Monaten alles zu, der Innenhof liegt dann unter einer etwa 10 Schritt hohen Schneedecke begraben. Die Gebäude haben alle eine Verbindung zur Außenmauer, so dass man jeden Winkel des Tempels betreten kann, ohne auch nur einen Fuß nach draußen setzen zu müssen.“
*Ehe sie weiter erzählen konnte, flog die vordere Tür des Langhauses mit dem geschnitzten Wolf auf und einige Krieger in schwarzen Wappenröcken mit dem Wolfskopf auf der Brust kamen heraus, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. Darauf hatten die Nordhunde nur gewartet, nach einer kurzen Absprache mit Sasha stürmten sie das Langhaus, um es sich an den Feuern Askars gemütlich zu machen und die Strapazen der Reise hinunterzuspülen. Otus und Destus traten verlegen von einem Fuß auf den anderen, etwas erschlagen von den ganzen Eindrücken und sichtlich unsicher, was sie tun sollten. Maugrim aber schmunzelte und schickte sie mit einem kurzen Nicken hinter den anderen Krieger her, wo die sichtlich erleichterten jungen Valkensteiner zusammen mit den Nordhunden unter großem Gepolter förmlich in das Langhaus hineingesaugt wurden.
Sasha blickte von Maugrim zu Kassos und wieder zurück.*
„Ich werde mich erstmal im Tempel melden…ihr..ähm..könnt natürlich auch direkt mit den Anderen zu den restlichen Askariern gehen, ich komme dann nachher nach."
* Von Maugrim bekam sie aber nur eine hochgezogene Augenbraue und von Kassos ein abschätziges Schnauben, also machten die 3 sich auf den Weg in den hinteren Teil der Tempelanlage.
Zwischen den hinteren beiden Langhäusern befand sich eine große, gemauerte Freitreppe, an deren oberen Ende sich das eigentliche Haupthaus der Wehranlage befand. Der Luna-Tempel war scheinbar ebenso gut befestigt wie der Rest, doch er war aus einem weißen Stein gebaut, der fast so hell war wie der Schnee rundherum. Auch hier fanden sich die metallenen Ornamente über dem Eingangsportal, die die Mondphasen zeigten, doch waren sie aus einem silbrigen Metall und reich verziert.*