Dječak und Jabucica hatten nun eine ganze Weile sehr intensiven Kontakt zu Wassilij gehabt, um zu bemerken, dass es für diesen offenbar nichts alltägliches war, sich entspannt nach hinten zu legen. Sie lächelten sich in einer dieser Zwillings-artigen Verbundenheits-Situationen zu und widmeten sich dann wieder jeder den eigenen Gedanken, auch wenn der jeweils andere durchaus spüren konnte, um was es beim anderen ging.
Die beiden jungen Menschen hatten ein seltsam ziehendes Gefühl im Bauch. Freiheit. Sie war erfleht worden, unerwartet gekommen und sorgte nun sogar gelegentlich für Unbehagen, weil sie auch eine Menge Unbekanntes beinhaltete.
Dječak malte sich aus, wie er und seine Schwester in Brega, das er sich als kleinere Version von Engonia vorstellte, einritten und gleich von Anfang an einen anderen Status hätten. Sie waren diejenigen auf Pferden, die nach dem Weg zu einem Mietstall fragen würden. Nicht diejenigen, die den Weg erklärten oder ehrfürchtig Platz machen würden. Er würde niemanden anrempeln oder einfach umreiten! Würde keinen armen Schlucker mit der Reitpeitsche fortscheuchen! Und niemand würde ihn scheel anblicken - er wäre einfach ein weiterer Reiter von vielen. Boten, Pagen, Knappen, Söhne reicher oder adeliger Häuser, Abenteurer... all jene ritten durch die ganze Welt und ließen somit Familie und andere Altlasten hinter sich...
Jabucica sah sich als weiblichen Stallknecht von Wassilij in die Zivilisation zurückkehren. Eine junge Frau, die etwas gut konnte und sich damit ihren Lebensunterhalt verdiente. Kein klassisches Mädchen, für das die Familie einen Ehemann fand, sondern eher eine Fachkraft, über die derjenige gebot, dem sie ihre Treue geschworen hatte.
Leise stimmte sie einen der Texte aus dem Liederzyklus, den die Geschwister schon zuvor erwähnt hatten, an und Dječak stieg bald ein....
"Ein weiter Weg und manch ein langes Jahr.
Ich ging auf Straßen, fremd und sonderbar.
Ich habe viele Länder schon bereist.
Mit Mächtigen hab ich am Tisch gespeist.
In kalten Nächten und in höchster Not
Teilte mit mir so mancher Knecht sein Brot
Doch nie war mir ein Freund, so wie ihr's wart
Was dich nicht umbringt, macht dich hart.
Das Schwarze Buch war bei mir alle Zeit.
Was ich begehrte, stand schon bald bereit.
Und leere Taschen sind kaum ein Problem
Wer zaubern kann, der liegt nie unbequem.
Selten allein, ich nahm es, wie es kam,
Verlor mein Mitleid und auch jede Scham.
Tat alles, wie's nie vorher meine Art
Was dich nicht umbringt, macht dich hart.
Verkaufte meine Kunst für teures Gold.
Wo Reichtum lockte, stand ich bald im Sold.
Am Hof von Fürsten ging ich ein und aus
Und lebte schon wie sie in Saus und Braus.
So manchem stand der Argwohn im Gesicht
Für meine Dienste liebten sie mich nicht.
Und doch, aus Furcht ging man mir um den Bart
Was dich nicht umbringt, macht dich hart.
Nur gegen eins war nicht mal ich gefeit.
Denn wo die Macht wächst, da wächst auch der Neid.
Gegen Intrigen und die Politik
Hilft nicht einmal der stärkste Zaubertrick.
Man schob mich ab, mit Geld und Ritterschlag,
Auf Gutsbesitz, der in der Heimat lag.
Der Rückzug blieb mir schließlich nicht erspart
Was dich nicht umbringt, macht dich hart.
Ein weiter Weg und manch ein langes Jahr.
Ich ging auf Straßen, fremd und sonderbar.
Ich habe viele Länder schon bereist
Mit Mächtigen hab ich am Tisch gespeist
In kalten Nächten und in höchster Not
Teilte mit mir so mancher Knecht sein Brot,
Und nie war mir ein Freund, so wie ihr's wart
Was dich nicht umbringt, macht dich hart."