Marius seufzte frustriert.
Die Steine, die er
aus Weißenfels mitgebracht hatte, gaben ihm einfach keine Ruh.
Oft lag er stundenlang auf seinem Bett und schaute sie an, immer darauf bedacht, dass niemand anders ihn damit erblickte. Manchmal, aus keinem für ihn erkennbaren Grund, passierte es, dass ein Schauer durch sie lief, den er viel mehr spürte als sah, aber nach wenigen Augenblicken lagen sie dann immer wieder still. In seiner Heimat war es im Sommer manchmal so heiß, dass sich die Luft über den alten gepflasterten Straßen kräuselte. Daran fühlte er sich dann immer erinnert.
Er hatte Quai und Coruna nach der Beschaffenheit der Steine gefragt, doch ihre Antworten warfen nur noch mehr Fragen auf. Die Artefakte waren ihm leicht unheimlich, doch auch verlockend. Sie waren wie ein Rätsel, das ihm sein Großvater hinterlassen hatte.
Weil Marius soviel über dieses Rätsel nachdachte, vernachlässigte er teilweise seine eigenen Pflichten; heute erst hatte er beim Kopieren eines Werks in der Bibliothek "Blutwurz" statt "Bärwurz" geschrieben und war dafür zu Recht schwer getadelt worden. Die Sache wurde langsam zu einem echten Problem.
Er besann sich auf etwas, was Runa ihm bei den Tagen des Lernens gesagt hatte. "Du kannst dich jederzeit an die Akademie wenden, wenn du Probleme hast." Er grinste zynisch. Quai und Coruna hatten ihm seine Vermutung bezüglich der Steine bestätigt, und es würde sicher seinem Ansehen schaden, wenn jemand wüsste, dass er Blutmagie-Artefakte besaß. Das brachte ihn leider auch in die Zwickmühle: wie sollte er mehr darüber herausfinden, wenn er nicht auf die Weisheit von Magistra Lyra oder das Wissen von Magister Gorix zurückgreifen konnte? Nein, er musste alleine damit klarkommen.
Seine eigenen Analyse-Fähigkeiten beschränkten sich jedoch auf die Fähigkeit, zu spüren, ob etwas magisch war oder nicht. Das war bei den Blutsteinen, wie er sie insgeheim nannte, nun wirklich keine Frage. Wenn er doch nur sehen könnte, wie die Magie durch sie floß, wie Runa....
Marius setzte sich schlagartig auf. Dass er darauf nicht schon früher gekommen war! Sicher konnte ihm Runa die Magiesicht beibringen? Konnte sie? Würde sie? Er musste.... fast wäre er sofort aus seinem Zimmer gestürzt, doch dann besann er sich eines besseren. Wenn Runa mit ihm Magiesicht übte, durfte er die Steine nicht mitnehmen, sonst würde sie sie wahrscheinlich sehen... oder? Marius rieb sich frustriert die Augen. Trotz seiner vielen Stunden in der Bibliothek gab es immer noch so viel, was er über Magie nicht wusste.
Ihm widerstrebte es jedoch, die Steine aus den Augen zu lassen. Schließlich versteckte er sie zwischen seinen Besitztümern im Zimmer, in der Hoffnung, dass in der kurzen Zeit, die er bei Runa war, ihnen schon nichts passieren würde.
Dann verließ er sein Zimmer und ging zu Tür seiner Mit-Scolaria. Die Tür hatte er sich gemerkt - häufig brannte dort noch Licht, wenn er schon nach seinen Pflichten zu Bett ging. Er setzte zum Klopfen an, hielt inne, richtete sich nochmal seine Armbänder und den restlichen Schmuck, und klopfte schließlich sicherer an als er sich fühlte.