Erwachen... Es wurde hell. Also nicht mehr früh am Morgen. Kein Wunder, die Nacht war lang. Und der Tag erst... Es war übel. Gestern haben wir richtig einstecken müssen. Die Kämpfe gegen Feuerschlags Truppen. Die Kultisten. Atos... alleine bei dem Gedanken schien der Raum düsterer zu werden. Blut, Schmerz, Trauer, die Bilder eines gnadenlosen Kampfes in einer alles erdrückenden Stille.
Pah! Zum Donnerwetter mit den Gedanken! Und zu Szivar mit Atos und seiner Brut!
Heute nicht. Heute nicht, denn seit gestern Abend konnte er sich endlich wieder frei fühlen. Endlich war er wieder ganz, wieder eins, wieder... Er! Er war nicht mehr Eolan. Eolan, der Neugeborene, der so viel gelernt hat in den letzten Monaten. Der weit aus länger gelebt hat, als er jemals erwartet hätte. Der eigene Freundschaften geschlossen hat. Sein eigenes Leben entdeckte. Der, dem bei allem was er erlebte, immer etwas fehlte. So war das wohl, wenn man nur ein Teil einer Seele ist. Viel von dem, was er wirklich war und was wirklich zählte, hatte er erst in den letzten Tagen erfahren. Hier im Spital, in dem die Versehrten ihn schon als einen der Ihren wilkommen heißen wollten. Und er fühlte sich sonderbar wohl unter Ihnen. Er konnte mit so vielen Menschen frei reden und Menschen helfen. Wirklich helfen. Das war eine völlig neue Erfahrung. Eine von vielen in den letzten Tagen, aber wohl mit die bedeutendste von ihnen. Die und die Erkenntnis, dass er so wie er war vielleicht vieles, niemals aber alles in seiner Macht stehende tun könnte. Er war zu wenig. Zu dünn. Und mit dieser Einsicht war er nicht alleine. Auch Balerian fühlte es. Hervor zu kommen zehrte an den Kräften. Genauso wie es nicht zu tun. Ein Ringen um den Platz, ungewollt und nicht bewusst, aber stetig und immer heftiger. Es tat so gut, wieder Seite an Seite mit seinen Freunden zu stehen und mit Ihnen für eine gerechte Sache kämpfen zu können. Aber dennoch fühlte er sich nicht komplett. Das Ritual zur Zerstörung des Phylakters hat ihm alles abverlangt. Mehr als selbst das es sollte. Das Zerstören des letzten Schutzes um das dunkle Gefäß. Er hatte es sich nicht anmerken lassen, aber er war der Besinnungslosigkeit selten näher. Hätte er dieses Gefühl in den letzten Monaten, in seiner eigenen Globule, nicht so oft erfahren, hätte er Atos Schutz wohl nicht zerreißen können. Wie dem auch sei, es war an der Zeit. Jeder machte seine Abschiede und bereitete sich auf die endgültige Konfrontation mit dem anderen Ich vor.
Eolans Beschluss war klar. Er geht. So sehr er sein Leben auch lieben lernte. Er konnte Balerian nicht um das seine betrügen. Es schmerzte ihn Abschied zu nehmen. Es tat ihm um Mina leid, die ihn gerade erst kennengelernt hatte und ihn wohl sehr schätzte. Und um Kydora, die Erste, die um ihn weinte. Vermutlich auch die einzigen Beiden, die wie er geglaubt haben, dass er wirklich gehen müsse. Die anderen, diese ganze Bande von Balerian-Freunden... Ein Lächeln ...sie wussten es wohl besser. Natürlich sagte er Balerian, dass er gehe. Ohne Umschweife. Aber Balerian umarmte ihn und sagte: "Nein, mein Bruder. Wir sind eins." Und so war es. Jetzt sind wir eins.
Und jetzt gab es auch keinen Aufschub mehr. Nichts was ihn abhalten konnte, vom einzig Wichtigen. Kein Kelos, kein Atos, gar nichts. Die Reise nach Hause. Dort ging es nun hin. Nach Hause. Was ihn dort erwartete? Auf jeden Fall eine schallende Ohrfeige.
Mit einem Lächeln stand er auf.