"Wir würden doch nie...", fing Nesrine grinsend an, fing sich dann einen stechenden Blick ein und wusste es besser, als weiter zu sprechen und sich um Kopf und Kragen zu reden.
"Oui, mon Sergeant!"
Sie winkte und zog sich dann rasch zurück, Julienne mit sich ziehend.
Die beiden Gardistinnen erreichten den Stall lachend und feixend. Das Wetter war herrlich und sie waren guter Stimmung.
Kurz entschlossen flitzte Julienne nochmal zur Küche und ließ sich etwas Proviant für ein Picknick mitgeben.
Sie verstauten diverse Dinge in Hexes Satteltaschen und machten sich dann bald auf den Weg.
Gemütlich ritten Julienne und Nesrine aus dem Tor heraus und hielten sich dann an das Ufer des Flusses.
Sie kamen durch das Dorf Goldbach, an dessen Rand ein Mann stand, der Julienne zunickte. Sie grüßte verschmitzt grinsend zurück und widerstand dem Drang, Hexe aus dem Schritt in den Galopp springen zu lassen, um dem Kerl zu zeigen, dass sie eine ernstzunehmende Konkurrentin war.
Nesrine sah die andere Gardistin an und zog fragend die Augenbrauen hoch.
Julienne lächelte: "Diesär Frederíc und isch 'abön da einö kleinö Unstimmischkeit... är glaubt, das Pfärd seinös Freundes sei schnellär, als 'exe..."
"Ah ja...", machte Nesrine nur.
Sie kamen an eine Stelle, an der der Fluss sich besonders breit machte und dementsprechend seicht und ruhig floss. In der Nähe war eine Furt und somit eine Straße und Behausungen, aber hier, etwas weiter stromabwärts, herrschten Wiesen und kleine Gehölze vor.
Die beiden Reiterinnen saßen ab, befreiten die Tiere von den Sätteln und breiteten eine Decke aus, worauf sie die Speisen aus Hexes Satteltaschen verteilten.
Julienne und Nesrine machten es sich gemütlich und genossen den späten Mittag im Schatten einiger Weidenbäume, direkt am Ufer.
Es verging einige Zeit, dann sattelte Julienne Hexe erneut auf.
"Isch reitö die Strecke ein paar Mal, damit isch sie gut kennö. Mal schauen, wie schnell isch 'exe da dursch kriegö..."
Die Gardistin stieg auf und trabte zu einer Kreuzung in der Nähe der Furt. Sie erkannte die Wegmarkierung von den Beschreibungen, die sie erhalten hatte. Zunächst im flotten Trab ritt sie die Strecke, die subtil markiert worden war. Es waren einige 1000-Schritt zu bewältigen, bevor der Weg in einem großen Bogen zurück zu der Kreuzung führte. Die Strecke führte primär über Feldwege, aber auch durch einen Ahornhain und wartete sowohl mit langen Geraden, als auch mit raschen Wendungen auf. Zum Glück gab es keine Hindernisse, die übersprungen werden mussten.
Bei der zweiten Runde ließ Julienne Hexe galoppieren. Die Stute war aufgewärmt und freute sich über das hohe Tempo. Mit zuckenden Ohren nahm sie die Hilfen ihrer Reiterin an und sprang brav bei einem Richtungswechsel um. Auf einer langen Geraden machte sie sich unglaublich lang und der Wind rauschte in Juliennes Ohren. Als sie auf eine Kurve zukam, hatte die Gardistin kurz Probleme, ihr Pferd zu zügeln, was sie dazu veranlasste, den Rest der Strecke nicht ganz so schnell zu reiten. Auch im weiteren Verlauf versuchte Hexe immer wieder, auf das Gebiss zu beißen, um sich dem Einfluss durch die Zügel zu entziehen. Julienne fluchte und setzte sich aufrechter hin. Sie kämpfte mit der Stute, bis diese wieder durchlässig zu reiten war. Das durfte beim Rennen nicht passieren!
In der vierten Runde zeigte Hexe erste Ermüdungserscheinungen. Dafür war sie nun brav an den Hilfen und Julienne überlegte, ob es Sinn machte, eine Pause einzulegen und danach eine fünfte Runde mit einer ausgeruhten Stute zu begehen.
Sie kehrte also zu Nesrine zurück, die sich bereits Sorgen gemacht hatte. Ihr kritischer Gesichtsausdruck vertiefte sich, als sie sah, wie schwer Pferd und Reiterin atmeten.
Doch Julienne lachte, als sie die Stute klopfte und vom Sattel sprang.
"Sie läuft wunderbar!"
Die Gardistin nahm Hexe den Sattel ab und führte sie dann kurzerhand unter zuhilfenahme eines Weidenzweigs in den Fluss, damit sie abkühlen konnte.
Einmal im Wasser fand das Pferd es gar nicht mehr so schlimm und begann mit ihren Hufen in dem kühlen Nass herum zu plantschen.
Julienne band Hexe wieder an und gesellte sich zu Nesrine.
"Där Weiböl sagt, wir sollön uns von den Rennön färn 'alten!", bemerkte die Schwarzhaarige.
"hm....", machte Julienne.
Später ritt sie eine fünfte, sehr erfolgreiche Runde, traf an der Start-Ziel-Kreuzung auf die wartende Nesrine und die beiden kehrten entspannt zur Burg zurück.
Sie versorgten die Tiere (Hexe war angenehm müde und daher völlig "unzickig") und verabschiedeten sich dann voneinander.
Nesrine verschwand in der Sattelkammer, wo sie sich um Jaques' Sattelzeug kümmerte und Julienne ging zum Weibel in die Schreibstube, um ihm ihre Hilfe bei den alten Unterlagen anzubieten...