Im Dorf Wallheim
Walter von Sangenwalde presste mit beiden Händen einen Lappen auf die offene Wunde auf seinem Oberschenkel. Es war nur eine von vielen Wunden, die er sich im Laufe des Tages zugezogen hatte, während er mit der Bauernwehr von Wallheim die Angreifer aus Salmar abgewehrt hatte, aber diese hier blutete besonders schlimm und war keine einfache Schnittwunde mehr. Dann nahm er wieder einen Eimer mit Wasser entgegen und half, die lodernden Flammen vor ihm zu löschen.
Zuvor in Norngard…
Es war nur eine kleine Truppe von Bewaffneten gewesen, die Hiltwin von Salmar aus seiner Baronie entsendet hatte, um gedeckt von der gestatteten Fehde Vergeltung zu üben, doch das reichte allemal, um Bauern, Torfstecher und Köhler zu massakrieren.
Sie mussten durch den nördlichen Teil der Baronie Auenmark gezogen sein, um unentdeckt zu bleiben. Entsprechend unerwartet stand auch vor einigen Tagen der Bursche aus Georgsweiler vor den Toren von Burg Norngard und berichtete Walter von dem Überfall auf sein Heimatdorf. Rasch mobilisierte Walter vier der Wachsoldaten der Burg und begab sich mit Ihnen zum Ort des Angriffs.
Dort bestätigte sich die Aussage des Burschen, dass Männer des Barons von Salmar hinter dem Angriff steckten, denn die Dorfbewohner hatten den Leichnam eines der Soldaten mit dem Wappenrock von Salmar aufbewahrt. Walter erfuhr, dass die Angreifer zwar das Haus und die Werkstatt des Böttchers Walburg in Brand gesteckt, nicht aber mit dem Widerstand der Georgsweiler gerechnet hatten, die vom Dorfschmied, einem hünenhaften Minotauren, angeführt worden waren. So gab es zwar einige Verletzte auf Seiten der Dorfbewohner und mehrere vom Brand beschädigte Gebäude, aber keine Toten zu beklagen.
Der Minotaure berichtete Walter, dass die Soldaten in Richtung Norden geflüchtet seien. Auch ohne einen Blick auf eine Karte war Walter klar, dass sie sicher der Straße nach Wallheim gefolgt sein müssen, um über die Bauern des Dorfes herzufallen. Ohne Rast brachen Walter und die Wachsoldaten auf, um die Verfolgung aufzunehmen.
Auch nach Anbruch der Nacht zogen sie weiter und erreichten bei Anbruch der Morgendämmerung die Felder rund um Wallheim. Da eine seichte Brise vom Norden wehte war Walter überrascht, keinen Brandgeruch wahrzunehmen und als sie Wallheim erreichten war klar, dass der Ort keinem Angriff zum Opfer gefallen war.
Waren die Salmarer Soldaten woanders hingezogen? Überholt hatten sie diese mit Sicherheit nicht. Das Rätsel musste warten, denn ohne zu Ruhen und Kräfte zu sammeln würden sie einer Begegnung nicht standhalten können. Walter organisierte daher eine kleine Landwehr, befahl Wachposten aufzustellen und begab sich zur Ruhe.
Als die Alarmschreie ertönten ging alles sehr schnell. Walter und seine Männer begaben sich auf den namensgebenden Wall, der Wallheim wie ein Ring umgab und dessen Krone von unregelmäßigen Eisenstäben geziert war, um die Angreifer zu erwarten, doch diese dachten gar nicht daran die offene Konfrontation zu suchen. Erste Brandpfeile segelten schon im hohen Borgen über den Wall auf die reetgedeckten Dächern herab, die unvermittelt Feuer. Schnell erkannte Walter, dass das eigentliche Ziel der Brandpfeile die Mühle war, die erst vergangenes Jahr neu errichtet worden war. Die Mühle war die einzige in Norngard und ein Verlust wäre ein herber Schlag für das ganze Lehen. Ihm blieb nur eine einzige Wahl… er griff an. Für einen Augenblick glaubte er, alleine den Feinden entgegen zu stürmen, doch dann hörte er hinter sich das ihm folgende enthusiastische Kampfgeschrei seiner Wachsoldaten und das deutlich verzagtere der Bauernwehr…
Die Männer aus Salmar wichen zurück und Walter dämmerte, dass genau das der Plan der Soldaten gewesen war. Dann ertönten die panischen Schreie von Frauen und Kindern in Wallheim. Was folgte war eine chaotische Kehrtwende, um die heimtückischen Angreifer zu vertreiben, gefolgt von erneuten Flammenpfeilen der Soldaten, die sie nun ignorieren mussten. Als die Soldaten des Barons von Wallheim abließen stieg dichter Qualm gen Himmel…