Autor Thema: Die Fehde zwischen Norngard und Salmar  (Gelesen 9263 mal)

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Offline Tannjew

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Die Fehde zwischen Norngard und Salmar
« am: 19. Jul 18, 14:40 »
Rückreise vom Fest der Grenzen

Der Artikel in der Tangara Postille über die gestattete Fehde des Barons gegen ihn hatte Tannjew während des Festes der Grenzen eiskalt erwischt. Die Feierlichkeiten, die ihm ob des Austragungsortes eh schon schwer im Magen lagen, wurden ob der Sorge um sein weitestgehend schutzlos zurückgelassenes Lehen fast zu einer Last. Sicher, Walter von Sangenwalde war auf Burg Norngard zurückgeblieben und die Wache war unter Herbrand weiter ausgebaut worden, aber der Baron von Salmar war wohlhabend und hatte viele Dutzend Männer unter Waffen stehen, während Tannjew kaum ein halbes Dutzend vollständig ausrüsten konnte.

Ruhelos verbrachte Tannjew den letzten Turniertag und trieb seine Mitreisenden am kommenden Morgen an, schnell aufzubrechen.

Offline Tannjew

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Antw:Die Fehde zwischen Norngard und Salmar
« Antwort #1 am: 30. Jul 18, 14:40 »
Der kleine Troß kam langsamer voran, als es Tannjew lieb war. Mehr als einmal wünschte er sich, dass er die Kinder und Ammen in Caer Conway hätte zurücklassen können, um so zügiger gen Norngard reisen zu können. Das jedoch gestaltete sich schwierig, denn Kehla vom Greifswald hatte sich quasi selbst eingeladen, um ihre Freundin Ludovika zu besuchen. Dies hatte immerhin den Vorteil, dass er nun neben Herbrand noch drei weitere kampferprobte Männer nach Norngard führen würde. Drei Soldaten aus Greifswald oder Hüter, wie sie sich selbst nannten, begleiteten Kehla, um sie zu schützen. Es waren zwar keine Sturmgrenadiere, aber Vigour und seine beiden Gefährten, so schien ihm, waren definitiv bessere Reisegenossen, wenn man Frauen und Kinder unverletzt durch halb Engonien geleiten musste.

Offline Tannjew

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Antw:Die Fehde zwischen Norngard und Salmar
« Antwort #2 am: 31. Jul 18, 18:07 »
Nachdem sich dieses Trüppchen von den anderen Valkensteiner Reisenden verabschiedet hatte, die sich am Turalgebirge gen Norden wandten, zogen Tannjew und seine Freunde weiter nach Osten. Zwei Tage östlich der Ruinen des einstigen Handelspostens Falkenrücken erreichten sie das Ende der Reichsstraße, die Barad Konar während des Bürgerkrieges von den zahlreichen Kriegsgefangenen erbauen ließ. Den Gedanken, dass die Straße bei einem anderen Kriegsverlauf heute nun bis nach Caer Conway reichen würde, verwarf Tannjew rasch.
Je näher sie seiner Heimat kamen umso drängender wurde die Frage, wie sie sicher und ungehindert nach Norngard kommen sollten. Der direkte und kürzeste Weg führte geradewegs durch die Baronie Salmar. Ihr Tross war klein, aber dennoch auffällig genug, um Fragen aufzuwerfen, selbst wenn sie nicht mit offenen Wappen reisen würden. Salmar zu umgehen wäre jedoch schwierig und sehr zeitaufwendig und mit jedem Tag, der Verstrich, fehlten Tannjew, Herbrand und die drei Hüter, die ebenfalls ihre Unterstützung zugesichert hatten, bei der Verteidigung seiner Güter.

Offline Tannjew

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Antw:Die Fehde zwischen Norngard und Salmar
« Antwort #3 am: 02. Aug 18, 13:09 »
Den Göttern sei Dank brachte der folgende Tag die Lösung für das Problem.

Kurz vor der Mittagsstunde erblickten sie weit vor sich auf der Reichsstraße eine kleine Karawane, die aus gut zwei Dutzend Wagen und Karren bestand und eine mächtige Staubwolke aufwirbelte.

Bald schon erreichten sie die Karawane und kam mit den anderen Reisenden ins Gespräch. Die Karawane wurde angeführt von einem Händler aus dem Handelshaus Timberstaem, der Tannjews Wappen sogleich erkannte und diesen überschwänglich begrüßte. Er hatte seinen Wohlstand der Entdeckung der Ostroute durch Andarra und die große Einöde nach Lodrien zu verdanken, die damals von Tannjew entdeckt worden war, und sehr gewillt seine Dankbarkeit zu zeigen. Während man gemeinsam eine Mittagsrast einlegte und speiste fasste man einen Plan.

Die Handelskarawane, die zwei Tage darauf die Grafschaft Andarra verließ und die Grenze zur Baronie Salmar erreichte, war um ein Gefährt und zahlreiche Mitreisende angewachsen.
Von Wappen und Adel war keine Spur zu sehen. An Stelle des Ritters und seines Waffenknechts sowie der Valkensteiner Hüter waren nun Söldner getreten und Tannjew fühlte sich auf einmal an seine Zeit im 3. Tiorschen Söldnerbanner erinnert. Kehla, Varya, Marie und Anna waren nun Angehörige und Bedienstete des Händlers und die Kinder seine Enkel.

Tannjews steinernes Herz klopfte laut, als der Tross in einer langen Reihe vor der Brücke über die Sogur stand. Auch die Brücke war im vergangenen Jahrzehnt im Zuge des Ausbaus der Reichsstraße neu erbaut worden. Als einzige befestigte Überquerung des Flusses war die Brücke für die schweren Handelszüge unumgänglich und damit seit eh und je ein Garant für den Wohlstand der Herren vom Bruch dank der stetigen Zolleinnahmen.

Der Händler unterhielt sich mit den Wachsoldaten und ein aufmerksamer Beobachter hätte gesehen, wie ein Beutelchen mit Münzen den Besitzer wechselte. Die Wachsoldaten inspizierten daraufhin die Wagen und die Inhalte äußerst lustlos, so dass Tannjews Befürchtungen, die Wappenröcke und die anderen verräterische Wertgegenstände könnten entdeckt werden, schnell verflog.

Nachdem der Zoll entrichtet war zog der Tross weiter nach Westen. Zwei Tagesreisen weiter nördlich lag seine Heimat und dazwischen das Land des Mannes, der Tannjew die Fehde erklärt hatte.

Offline Schimmi

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Antw:Die Fehde zwischen Norngard und Salmar
« Antwort #4 am: 05. Aug 18, 18:41 »
Im Dorf Wallheim

Walter von Sangenwalde presste mit beiden Händen einen Lappen auf die offene Wunde auf seinem Oberschenkel. Es war nur eine von vielen Wunden, die er sich im Laufe des Tages zugezogen hatte, während er mit der Bauernwehr von Wallheim die Angreifer aus Salmar abgewehrt hatte, aber diese hier blutete besonders schlimm und war keine einfache Schnittwunde mehr. Dann nahm er wieder einen Eimer mit Wasser entgegen und half, die lodernden Flammen vor ihm zu löschen.

Zuvor in Norngard…

Es war nur eine kleine Truppe von Bewaffneten gewesen, die Hiltwin von Salmar aus seiner Baronie entsendet hatte, um gedeckt von der gestatteten Fehde Vergeltung zu üben, doch das reichte allemal, um Bauern, Torfstecher und Köhler zu massakrieren.

Sie mussten durch den nördlichen Teil der Baronie Auenmark gezogen sein, um unentdeckt zu bleiben. Entsprechend unerwartet stand auch vor einigen Tagen der Bursche aus Georgsweiler vor den Toren von Burg Norngard und berichtete Walter von dem Überfall auf sein Heimatdorf. Rasch mobilisierte Walter vier der Wachsoldaten der Burg und begab sich mit Ihnen zum Ort des Angriffs.

Dort bestätigte sich die Aussage des Burschen, dass Männer des Barons von Salmar hinter dem Angriff steckten, denn die Dorfbewohner hatten den Leichnam eines der Soldaten mit dem Wappenrock von Salmar aufbewahrt. Walter erfuhr, dass die Angreifer zwar das Haus und die Werkstatt des Böttchers Walburg in Brand gesteckt, nicht aber mit dem Widerstand der Georgsweiler gerechnet hatten, die vom Dorfschmied, einem hünenhaften Minotauren, angeführt worden waren. So gab es zwar einige Verletzte auf Seiten der Dorfbewohner und mehrere vom Brand beschädigte Gebäude, aber keine Toten zu beklagen.

Der Minotaure berichtete Walter, dass die Soldaten in Richtung Norden geflüchtet seien. Auch ohne einen Blick auf eine Karte war Walter klar, dass sie sicher der Straße nach Wallheim gefolgt sein müssen, um über die Bauern des Dorfes herzufallen. Ohne Rast brachen Walter und die Wachsoldaten auf, um die Verfolgung aufzunehmen.

Auch nach Anbruch der Nacht zogen sie weiter und erreichten bei Anbruch der Morgendämmerung die Felder rund um Wallheim. Da eine seichte Brise vom Norden wehte war Walter überrascht, keinen Brandgeruch wahrzunehmen und als sie Wallheim erreichten war klar, dass der Ort keinem Angriff zum Opfer gefallen war.
 
Waren die Salmarer Soldaten woanders hingezogen? Überholt hatten sie diese mit Sicherheit nicht. Das Rätsel musste warten, denn ohne zu Ruhen und Kräfte zu sammeln würden sie einer Begegnung nicht standhalten können. Walter organisierte daher eine kleine Landwehr, befahl Wachposten aufzustellen und begab sich zur Ruhe.

Als die Alarmschreie ertönten ging alles sehr schnell. Walter und seine Männer begaben sich auf den namensgebenden Wall, der Wallheim wie ein Ring umgab und dessen Krone von unregelmäßigen Eisenstäben geziert war, um die Angreifer zu erwarten, doch diese dachten gar nicht daran die offene Konfrontation zu suchen. Erste Brandpfeile segelten schon im hohen Borgen über den Wall auf die reetgedeckten Dächern herab, die unvermittelt Feuer. Schnell erkannte Walter, dass das eigentliche Ziel der Brandpfeile die Mühle war, die erst vergangenes Jahr neu errichtet worden war. Die Mühle war die einzige in Norngard und ein Verlust wäre ein herber Schlag für das ganze Lehen. Ihm blieb nur eine einzige Wahl… er griff an. Für einen Augenblick glaubte er, alleine den Feinden entgegen zu stürmen, doch dann hörte er hinter sich das ihm folgende enthusiastische Kampfgeschrei seiner Wachsoldaten und das deutlich verzagtere der Bauernwehr…

Die Männer aus Salmar wichen zurück und Walter dämmerte, dass genau das der Plan der Soldaten gewesen war.  Dann ertönten die panischen Schreie von Frauen und Kindern in Wallheim. Was folgte war eine chaotische Kehrtwende, um die heimtückischen Angreifer zu vertreiben, gefolgt von erneuten Flammenpfeilen der Soldaten, die sie nun ignorieren mussten. Als die Soldaten des Barons von Wallheim abließen stieg dichter Qualm gen Himmel…
Dr. h.c. Dieter Szymczak of Counseling (MLDC/USA)
Dieter Szymczak, Lord of Kerry
Schimmi, Friedensnobelpreisträger
jeder Tag an dem Du nicht lächelst ist ein verlorener Tag.

Offline Tannjew

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Antw:Die Fehde zwischen Norngard und Salmar
« Antwort #5 am: 06. Aug 18, 15:20 »
Zwei weitere Tage folgte die Karawane der Reichsstraße, die über Middenheim nach Engonia führte, ehe sich die neuen Mitreisenden verabschiedeten. Tannjews kleiner Tross wandte sich nach Norden, um durch die Baronie Auenmark nach Norngard zu reisen.
Während sie, für Tannjews Empfinden viel zu langsam, voran kamen, betrachtete er nicht ganz ohne Neid das prächtige Umland, das von Naduria geküsst zu sein schien und hervorragend für die Land- und Viehwirtschaft geeignet war. Es blieb ihm unverständlich, dass die Answins, denen das Land gehörte, es vorzogen in Donnerheim zu leben. Gleichsam wunderte er sich wie es ihnen gelang, das Land und die Leute so im Griff zu haben, ohne in der Nähe verweilen zu müssen.

Sie verbrachten die Nacht zwischen den verfallenen Grundmauern dessen, was vom Gestüt Auenmark übrig geblieben war, ehe sie weiter zogen. Unruhe ergriff Tannjew, denn morgen am frühen Nachmittag schon würden sie in Georgsweiler eintreffen.

Offline Tannjew

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Antw:Die Fehde zwischen Norngard und Salmar
« Antwort #6 am: 07. Aug 18, 14:22 »
Als sie in Georgsweiler ankamen bewahrheiteten sich Tannjews Befürchtungen. Die Dorfbewohner erkannten den Ritter auf Anhieb und rasch versammelte sich eine aufgebrachte Menge, die vom vergangenen Angriff auf ihr Dorf berichtete. Es kehrte erst Ruhe ein, als der stolze Minotaure und Schmied das Wort erhob und mit die Einzelheiten des Angriffs beschrieb. So erfuhr Tannjew, dass die Soldaten des Barons weiter nach Norden gezogen seien und Walter von Sangenwalde die Verfolgung aufgenommen hätte. Da sich Hiltwins Männer bereits einmal die Zähne an Georgsweiler ausgebissen hatten entschied er, dass er alsbald mit den drei Hütern aufbrechen würde. Herbrand dagegen sollte zum Schutze von Kehla und den anderen Norngardern hier bleiben.

Offline Tannjew

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Antw:Die Fehde zwischen Norngard und Salmar
« Antwort #7 am: 14. Aug 18, 15:32 »
Für einen langen Abschied blieb keine Zeit. Als Tannjew in Begleitung von Vigour und den beiden anderenHütern aufbrach blickte er nochmal auf Georgsweiler zurück. Marie hatte die Verwundeten vor dem Brunnen versammelt und  kümmerte sich bereits um ihre Wehwehchen. Der minotaurische Schmied hatte nach dem Angriff zahlreiche Werkzeuge zu behelfsmäßigen Waffen  umgeschmiedet und Herbrand war dabei, die tauglichen Dorfbewohner in der Nutzung dieser "Waffen" zu üben. Varya hatte damit begonnen zwei mutige jungen Frauen am Bogen auszubilden, so wie sie es einst selbst im Tempel der roten Hirsche von den Nedra Priesterinnen gelernt hatte. Kehla und Anna, die Amme, beschäftigten die Kindern. Insbesondere die Märchen aus dem fernen Valkenstein hatten es den Kindern angetan.

Sie folgten der Straße nach Nordosten. Obwohl sie nun deutlich schneller voran kamen als die vergangenen Tage hatte er das Gefühl, dass sie sich nur schleppend Wallheim näherten, so sehr hatte er sich bereits an das Reisen auf der ausgebauten Reichsstraße gewöhnt. Fast war ihm der Zustand des maroden Weges, den die Norngarder eine Straße schimpften, gegenüber den Hütern peinlich. Doch dann fielen ihm wieder die Beschreibungen ein, die er von Robert McManahugh über dessen Heimat kannte. Valkenstein musste mit Ausnahme der Städte wie Weißenthurm und Celestia eine trostlose Einöde sein, gegenüber denen Norngard ein paradiesartiges Land sein musste.

Am frühen Nachmittag erreichten sie die Weggabelung. Obwohl er wusste, wohin sie nun mussten, zog Tannjew nochmal die Karte von Norngard hervor.
Ihm fiel auf, dass sie auf dem Weg hierher gar nicht den Weg wahrgenommen hatten, der zur alten Ruine im großen Forst zwischen Georgsweile und Wallheim führte. Wie überall in Engonien wuchsen die Kinder mit Geschichten über ihre Heimat auf. In Norngard kannten alle Kinder die zahllosen Geschichten über hinterhältige Feenwesen, die Menschenkinder entführten, Elfen aus dem Lorinan, die Bauern verwünschten und natürlich die gruseligen Geschichten von der verfluchten Burgruine im Forst.

Seine Grübelei wurde von Vigour unterbrochen.


"Herr, seht ihr euch die Rauchsäule im Norden?"

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Antw:Die Fehde zwischen Norngard und Salmar
« Antwort #8 am: 20. Aug 18, 14:46 »
Als sie Wallheim erreichten hing nur noch eine dünne Rauchfahne über dem Dorf und mit einer Mischung aus Erleichterung und Sorge erblickte Tannjew die bewaffneten Bauern neben Walter von Sangenwalde, der sich auf einer improvisierten Lanze abstützen musste, auf dem Wall.

Die Begrüßung fiel kurz und knapp aus. Tannjew wies die drei Hüter an die Wache zu übernehmen und begab sich mit Walter in die Taverne, das als eines der wenigen Gebäude im Ort einem Wunder gleich völlig von den Bränden verschont geblieben war und das notdürftige Lazarett darstellte. Als sie eintraten zeigte Tannjew den Verwundeten mit einem Zeichen, dass sie liegen bleiben sollten, dann setzte er sich mit Walter an einen der wenigen freien Tische und ließ sich von ihm bei einem kühlen Bier über das Geschehene aufklären.

Dieser berichtete,  dass vor knapp einer Woche ein Bursche aus Georgsweiler am Tore der Burg geklopft und von einem Angriff auf sein Dorf berichtet habe. Als Ritter blieb ihm, Walter, daher nichts anderes übrig als die verbliebene Burgwache zur Verteidigung der Burg zurück zu lassen und alleine los zu ziehen, um diese Schläger zur Rede zu stellen.

Auf dem Weg nach Georgsweiler kam er am Gasthaus zur Alten Schmiede vorbei und erfuhr, dass es auch hier einen gewaltsamen Vorfall gegeben hatte. Bewaffnete Männer seien dort eingekehrt und hätten Streit gesucht. Dabei hätten sie den Mundschenk Ordric, der sich abfällig über den Wein aus Salmar geäußert hatte, erst übel zusammen geschlagen und dann verschleppt.  Nach kurzer Befragung war Walter damals zu dem Schluss gekommen, dass es Soldaten aus Salmar gewesen sein mussten, da der Bauer das doch recht auffällige Wappen eindeutig beschreiben konnte.

Erst nachdem er auch vom Rest seiner Reise über Georgsweiler bis nach Wallheim erzählt hatte erläuterte Tannjew ihm den Grund, weshalb es zu diesem Angriff kam. Das Erstaunen auf dem Gesicht seines einstigen Rittervaters war groß, denn offensichtlich hatte sich die Neuigkeit über die Fehde nicht bis nach Norngard, dem Ziel dieser Fehde, durchgesprochen.

"Wenn die Fehde erst dann vorbei ist, wenn diese Hunde ein Dutzend Leben gefordert haben, wird deren… Recht… schon bald genüge getan worden sein," schnaufte Walter wütend, "denn bei ihrem Angriff auf Georgsweile gab es zehn Tote, darunter zwei Frauen und drei Kinder! Und wenn man den verschleppten Ordric dazu rechnet haben sie das Dutzend fast voll!"

"Vor dem Fürsten haben sie dieses Recht," erwiderte Tannjew resigniert, "aber das bedeutet nicht, dass wir es ihnen leicht machen müssen und uns nicht wehren dürften. Das Motto meines Hauses lautet non venandus sed venans, und getreu dem Motto werde ich nicht zulassen, dass man uns weiter jagt und selber die Jagd aufnehmen. Was macht dein Bein, kannst du mich, Vigour und seine Männer begleiten?"

"Was für eine Frage, das ist nur eine Fleischwunde! Wenn du einen Stier verletzt machst du ihn wild und tust gut daran sein Feld zu verlassen… und werde nicht umsonst der Bulle von Norngard genannt! Ich bin dabei!"

Eine Stunde später nahmen sie die Verfolgung auf.

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« Antwort #9 am: 21. Aug 18, 14:47 »
Vigour und die beiden anderen Hüter waren glücklicherweise ausgezeichnete Spurenleser, denn anderenfalls hätten die beiden Ritter bereits nach wenigen Stunden die gezielte Verfolgung aufgeben und auf ihr Glück hoffen müssen. So aber eilten sie ihren Führern hinterher und schwiegen.
Bei dem Tempo, das die drei vor gaben, wären Unterhaltungen eh schwierig gewesen - Tannjew merkte, dass er alt wurde und ein wenig bewunderte er die Willenskraft seines Rittervaters, der trotz der offensichtlichen Strapazen und Schmerzen nicht zurückfiel. Sie zogen immer weiter in Richtung Südwesten und erreichten bei Einbruch der Dämmerung den Waldrand.
Tannjew war sich nicht sicher, ob es noch ein Teil des Lorinan war oder ein bloß Ausläufer, der nicht zum Herrschaftsgebiet des schwarzen Satyr gehörte, der die Elfen des Lorinan aus ihrer einstigen Heimat vertrieben hatte.

Sie betraten den finsteren Wald und es dauerte eine Weile, bis Tannjew wieder etwas sehen konnte. Die dichten Wipfel der Bäume schirmten das fahle Licht des Vollmondes weitestgehend ab, so dass er davon ausging, dass die Gruppe sogleich ihr Lager aufschlagen würde. Die Hüter jedoch schritten weiter voran. Im Stillen zu Nedra betend, dass sie ihren Weg durch das dichte Unterholz sicher gestalten möge, folgte er ihnen und auch Walter bemühte sich Schritt zu halten.

Sie waren bereits eine ganze Weile durch die Dunkelheit geirrt und langsam gewöhnten sich seine Sinne an die Finsternis. Dennoch war er sich nicht sicher, ob die drei Hüter ein festes Ziel vor Augen hatten. Tannjew wollte zum Sprechen ansetzen, Vigour aber gab ihm ein Zeichen zu schweigen. Die Hüter zogen ihre Waffen und die beiden Ritter taten es ihnen nach.

Vigour deutete auf seine Ohren und wollte Tannjew scheinbar so fragen, ob er etwas gehört hatte. Tannjew deutete auf den Kauz, der über ihnen im Wipfel saß und eben noch Laut gegeben hatte, doch Vigour meinte offenbar etwas anderes. In dem Moment wurde er auch der Rufe gewahr, die aus der Dunkelheit vor ihnen herüber hallten.  Dann schlichen sie vorsichtig weiter.

Geduckt erreichten sie den Rand zu einer große Lichtung und die Männer brachten sich in Deckung. Walter zog zwischen die Luft ein und Vigours Hand griff nach dem Amulett mit dem Zeichen Tormentors. Das, was Tannjew auf der Lichtung erblickte, ließ sein steinernes Herz gefrieren.

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« Antwort #10 am: 22. Aug 18, 16:46 »
Flammenzungen bleckten hell  aus einem großen, aufgeschichteten Feuer dem Vollmond entgegen und im Hintergrund waren schemenhaft die die Umrisse einer Ruine zu erkennen, doch was die Aufmerksamkeit der fünf heimlichen Beobachter tatsächlich fesselte waren die in dunklen Kutten gekleideten Gestalten, die sich rund um das Feuer versammelt hatten und im Wechsel Anrufungen ausstießen. Tannjes verspürte ein kurzes de-ja vu, ehe er der Worte gewahr wurde, die über die Lichtung hallten...

Offline Tannjew

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« Antwort #11 am: 11. Okt 18, 10:31 »
Erst als sie den Wald hinter sich gelassen und die aufgehende Sonne erblickt hatten hielten sie inne. Die vergangenen Stunden waren sie durch das Unterholz gehetzt und es schien einem Wunder gleich, dass sie nur einen Mann im Wald verloren hatten. Tannjew war sich nicht sicher, was geschehen war, wirre Bilder flackerten vor seinem inneren Auge. Es hatte wohl einen Kampf gegeben und das Bild eines der beiden Hüter, der Länge nach aufgespießt, wurde von der Erinnerung hochgespült.
Seine Muskeln verkrampften sich, denn gemeinsam mit Vigour musste er stundenlang den anderen Hüter gestützt haben. Langsam ließen sie den auf ihren Schultern gestützten Mann nieder. Zu ihrem Entsetzen erkannten sie, dass der Hüter bereits tot war: Ihm fehlten die Beine unterhalb der Knie…

Ein kurzer Blick in die Runde zeigte ihm, dass die anderen offenbar genauso ahnungslos waren wie er, was die Ereignisse seit ihrer Ankunft an der Lichtung anging. Sicher war nur, dass keiner von ihnen unverwundet geblieben war. Sie begruben den toten Wächter wortlos und sprachen ein paar Bittworte an ihre Götter, ehe sie aufbrachen. Keinem von ihnen trachtete es noch danach, die Jagd auf die Soldaten des Barons fortzusetzen.

Nach nur knapp einer Stunde Fußmarsch trafen sie auf die sogenannte Straße und folgten ihr zurück nach Georgsweiler. Tannjew setzte noch ein kurzes Schreiben auf, adressiert an den Fürsten, um ihn darüber in Kenntnis zu setzen, dass Norngard seinen Blutzoll gezahlt habe, gefolgt von der Bitte, die Fehde zwischen Norngard und Salmar möge bitte aufgehoben werden. Dies sei bezeugt durch die hohen Herren Walter von Sangenwalde sowie Vigour...
Nachdem der Bote losgezogen war brachen sie auf, zurück auf die heimatliche Burg, um die Wunden zu lecken.