"Ich werde das nie richtig verstehen!" fluchte Kydora und schob das Buch genervt von sich fort. Ihre hastige Bewegung versetzte die Flammen der Kerzen in einen kurzen flackernden Tanz, ehe sie sich - ähnlich wie die Silvanaja - wieder beruhigten. Mit verschränkten Armen saß sie da und schaute auf die Papiere, welche um das Buch herum auf dem Tisch verstreut lagen.
"Nicht wenn Ihr Euch damit so sehr hetzt." kam es mit ruhiger Stimme von der Seite, was Kydora nur mit einem trockenen Lachen quittierte. Ihr Griff ging zu dem Tonkrug vor sich und sie nippte an dem süßen Honigwein.
"Ich möchte es aber möglichst schnell in Gänze verstehen, Adalia." sagte sie und ihre Finger spielten abwesend mit dem Tonkrug in ihren Händen.
"Ich möchte die Geschäfte, die Abläufe und alles was hiermit-" Kydora machte eine ausladende Geste. "-zu tun hat verstehen. Denn nur wenn ich etwas verstehe, kann ich mir brauchbare Gedanken machen, ob man etwas verbessern kann und wie man die vorhandene Stabilität halten kann."
Sie nahm einen weiteren Schluck und stellte den Tonkrug dann wieder zurück auf den Tisch.
Eine Weile blieb es still und nur das Knistern vom Feuer im Kamin war in dem Raum zu hören. Dann erhob sich die Schwarzhaarige zu Kydoras rechter Seite und ging langsam um den Tisch herum. Als sie diesen soweit umrundet hatte, dass sie gegenüber von Kydora stand, breitete Adalia die Arme leicht aus. "Nun, 'das alles' versteht man nicht, wenn man ausschließlich nur diese Bücher liest und sich darin verrennt sie um jeden Preis in der kürzmöglichsten Zeit zu verstehen." Sie faltete die Hände vor ihrem Körper ineinander. "Sicherlich stellen sie einen nicht zu vernachlässigenden Teil dar, die Basis des Ganzen, aber sie sind bei weitem nicht das einzige Wichtige dieses Etablissements." Die Frau beugte sich ein Stück vor und schob Kydora sachte das Buch wieder entgegen. "Seid nicht so ungeduldig mit Euch selber. Lernt die Grundlagen, versteht die Bücher und dann betrachtet Euer Geschäft ein weiteres Mal. Betrachtet es mit neu gewonnenen Perspektive." Ein sanftes Lächeln, das jedoch keinen Widerspruch zu dulden schien zeichnete sich auf Adalias Gesicht ab.
Seufzend griff Kydora nach dem Buch und zog es das letzte Stückchen näher zu sich heran. "Geduld ist nicht gerade etwas, das mir liegt..." sagte sie nur leise und begann lustlos ein paar Seiten umzublättern.
"Es muss Euch nicht liegen. Wichtig ist, dass Ihr es in den entscheidenen Momenten anwenden könnt." Die Schwarzhaarige griff nach einer Karaffe auf dem Tisch. "Ich werde uns noch etwas Wein holen, anders sind diese langweiligen Zahlen ohnehin nicht zu ertragen."
"Danke." erwiderte Kydora und sah ihr nach, wie sie den Raum verließ. Dann widmete sich die Silvanaja erneut dem Buch vor ihr. Grübelnd blätterte sie von einer Seite auf die Nächste und versuchte ein Gespür dafür zu bekommen, wie sich welche Dinge letztendlich auf welche Weise gegenseitig beeinflussten.