@ Ralf: Danke für die Überarbeitung
Hier jetzt eine Stellungnahme zu Ralfs Einträgen bei Larp-Wiki bzw. auf einige Einträge in diesem Thread (Inhalte der Argumente in rot dargestellt, meine Stellungnahme in schwarz):
Charaktertod allgemein
- mehr sterben, weniger töten: Durchaus dafür. Es hat ja auch keiner etwas dagegen gesagt, dass die Opferregel zusätzlich zu den „gesetzten Todesstößen“ genutzt werden kann. Wenn ich der Meinung bin: „Boah, so nen geilen Charaktertod krieg ich nie mehr hin“, dann kann ich das ja durchaus auch so als Chara-Tod annehmen. Das heißt aber ja nicht, dass ein anderer Todesstoß dann nicht gelten muss.
- Opferregel, damit SC selber entscheidet: Ist kein Argument, sondern einfach eine Forderung. Gegenforderung: Todesstoß, damit alles klar definiert ist.
- extra choreographierter Chara-Tod als Ende einer Chara-Geschichte: Muss kein Widerspruch sein.
- die Guten sterben und die Arschlöcher leben weiter – Unterschied: Quengelei der Arschlöscher bei Todesstoß-Cons: Gegenargument: Die Guten sterben und die Arschlöcher leben weiter. Allerdings haben sie beim Opferentscheid auch noch eine Legitimation dafür und brauchen kein „schlechtes Gewissen“ zu haben.
Charaktertod und IT-Logik
- Das Logische ist meist Interpretationssache: Manchmal aber nun mal auch nicht. Es gibt auch "eindeutige" Situationen
- Wer nackt in eine Phalanx von Dämonen springt, ist Toast. Kein Verfechter der Opferregel wird da widersprechen. Eben wohl. Zum Einen widersprichst Du da eindeutig der Opferregel, weil Du keinen Interpretationsspielraum lässt (bzw. die Dämonen. Sie brauchen ja keinen zu töten… ;-) ); zum Anderen wurde gerade mit so etwas für die Opferregel in diesem Thread argumentiert, mit der Begründung, Gandalf habe ja auch den Balrog überlebt. Btw: Wo ist der Unterschied zwischen „nackt in eine Phalanx von Dämonen springen“ und „in NSC-Gefangenschaft geraten und einer dunklen Gottheit/einem Dämonen geopfert werden“? Ggf. noch das Argument, es könne ja keiner dafür, wenn er gefangen genommen wird. Aber hier: Einspruch! In den meisten Situationen, die ich bisher erlebt habe, war es durchaus entweder ein bewusstes Opfern des Charakters, um einen anderen zu retten, oder schlichtweg in Kauf nehmen der Sache, indem der Kräutersammler alleine in den orkverseuchten Wald geht und so weiter.
- Tötender soll überlegen, ob auch dem Opfer der Chara-Tod logisch/sinnvoll erscheint, weil er dann auch den Tod besser akzeptieren kann: Auch das widerspricht nicht der Todesstoß-Regel. Natürlich muss sich der Tötende darüber bewusst sein, dass er eine immense Verantwortung hat. Die meisten sind sich dessen auch bewusst (ich verweise hier nur auf diverse Threads in Larp-Foren, in denen darüber diskutiert wird, dass bei NSC´s immer Todesstöße gesetzt werden und bei SC´s da eine Hemmschwelle besteht. Fazit: Es ist so, dass hier (meist!) verantwortungsbewusst gehandelt wird, und das ist auch gut so! Zumal dem o.g. Argument des logisch sinnvollen Charaktertodes einige hier in dem Thread gebrachte Argumente entgegenstehen (teure Charakterausstattung, geistiges Eigentum… da kommt keine noch so it-logische Handlung dran vorbei…)
Charaktertod Powergaming
- Stirbt nach der Opferregel keiner mehr? Hat keiner von uns behauptet.
- Keine technische Lösung gegen soziale Probleme: Aber eine, die es der SL einfach(er) macht, sich durchzusetzen. Es wird immer Leute geben, die gegen Regeln verstoßen, aber die kann man dann sanktionieren. Wenn es die Regel gar nicht gibt, hat man ja keine Handhabe dagegen, weil das „soziale Problem“ ja gar keins ist, da der „nicht-sterben-wollende“ ja gegen gar keine Regel verstößt, sich also sozial adäquat verhält.
- Weil eine strikte, formale Todesregel keine Verteidigung gegen sinnlose Psychopathenkiller und OT-motivierte SC-Kills bieten. Mag sein. Ich bezweifle aber ernsthaft, dass wirklich viele Psychopathenkiller rumlaufen und viele OT-motivierte SC-Kills stattfinden (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel; aber da gilt: Du gehst auf die falschen Cons). Weil im Punktelosen Spiel die "Opferregel" nicht nur für die Tötung gilt, sondern für jede Aktion. Gerade das war eins meiner Argumente: Dass die Opferregel im DKWDK und DKWDDK sinnvoll Anwendung findet, und da ist von den Befürwortern der Opferregel vehement widersprochen worden. Der Handelnde macht mit seiner Aktion ein Angebot an diejenigen, die seine Aktion betrifft. Diese reagieren so, wie sie es für plausibel halten. Das Ergebnis ist normalerweise nicht unlogischer, als wenn eine starre Regel allen Beteiligten eine feste Reaktion vorschreibt. Das ist aber nun mal bei DragonSys (z.B.) meist so: Jemand gibt Punkte aus, und hat damit eine Fähigkeit. Und damit auch aus Gründen der Fairness und der Gleichbehandlung (gleiches muss gleich, ungleiches ungleich behandelt werden: Rechtsstaatsprinzip ;-) ) einen Anspruch auf „Gelingen“ seiner Fähigkeit. Das schließt übrigens vernünftiges Darstellen nicht aus. Ich als SL werde bestimmt keinen hingerotzten „Feuerball 2“ ohne Komponente oder mit einer ungeeigneten Komponente als gelungen definieren, nur weil der Magier Punkte ausgegeben hat. Darum heißt es Life-Action-Role-Play.
Charaktertod Todesgefahr
- Survivor-Typ als Charakterkonzept: Bin ich grundsätzlich gegen. Ich halte den Survivor-Typen in einem interaktiven Spiel, in dem alle (auch die anderen) Spaß haben wollen, für nicht geeignet, weil dieser Charaktertyp einfach zu viel kaputt macht durch sein Gewinnenwollen und Gewinnenkönnen. (Widerspricht übrigens genau der Argumentation: Wer nackt in eine Dämonenphalanx rennt, ist Toast… Der Survivor-Typ ist genau dann nicht getoastet.)
- Wenn man eine "realistische", "konsequente" und "wettkampforientierte" Spielwelt möchte, dann ist dieses Konzept natürlich völlig daneben, weil nur die wirklich Harten in den Garten kommen. Das ist auch völlig akzeptabel, aber es ist nicht die einzig denkbare Spielweise. Stimmt. Es ist aber eine denkbare Spielweise.
- Manche Leute pfeifen auf den "Realismus" und bevorzugen eine etwas "literarischere" oder "theatralischere" Spielweise. Völlig stringent durchexerzierte "Logik" oder "Konsequenz" sind egal, solange halbwegs glaubhafte Klischees dargestellt werden und alle eine gute Show bekommen. Das muss aber nun mal nicht für alle Larper gelten, gelle? Zumal glaubhafte Klischees und gute Show einer logischen und konsequenten Spielentwicklung nicht zwingend entgegenstehen müssen. Im Übrigen – wie von uns schon durchgezogen und z.B. von Geschichte im Larpforum auch schon propagiert – kann man eine gute Show im Falle des Todes auch durch die Möglichkeit der „letzten Worte“ und einer vernünftigen IT-Beerdigung schaffen. Beides schon auf Cons erlebt und jeweils wunderbare theatralische Szenen.
Charaktertod Nervenkitzel
- Das Argument "Ohne Todesgefahr habe ich keinen Spaß" halte ich in vielen Fällen für vorgeschoben: Ich nicht. Ich weiß auch, wovon ich rede, weil für mich genau dieses Argument gilt. Der Nervenkitzel ist einfach ein anderer, wenn die Todesgefahr da ist, und zwar von außen definiert, und nicht durch mich. Und ich verbitte mir auch weiterhin, dass hier irgendwelche tiefenpsychologischen Analysen á la mangelnde Selbstdisziplin etc. durchgeführt werden. Das ist zwar ein psychologischer Aspekt, aber nicht zwingend ein „Defekt“, gelle?
- Todesgefahr kann man für sich definieren: Und dadurch genau den Faktor des Nervenkitzels herausnehmen.
- Leute, die das behaupten, wollen sicher töten können. Das finde ich unverschämt! Speak for yourself, um wiederum einen der Opferregel-Befürworter zu zitieren. Du kennst weder meinen Spielstil, noch meine „Kill-Rate“, und das ist kein Argument, sondern eine haltlose Behauptung.
Todesstoß OT
- Ein häufiger Einwand, dem man begegnet, wenn man sich gegen Todesstöße ausspricht, ist die These, es sei unlogisch oder inkonsequent, wenn ein Charakter, der zu einer Tötung entschlossen sei, diese nicht bis zuletzt "durchzieht". Wenn man einen Feind beseitigen wolle, würde man auch sicherstellen wollen, daß dieser auch wirklich tot sei. Gegenargument: Todesstoß ist eine OT-Regel, und hat nichts mit der Handlung des Charas zu tun. Das ist so richtig, aber es gibt einfach auch Situationen, in denen tatsächlich der Charakter hinüber wäre, in dem nämlich der Todesstoß gerade nicht auf dem Schlachtfeld beiläufig so hingeworfen wird, sondern die Situation einfach eindeutiger ist (und von daher auch einfach weniger Interpretationsspielraum bietet). Stichwort: Dämonenphalanx ;-) oder rituelle Opferung, Kehlschnitt und fünf Minuten ausgeblutet etc. Sicherlich gäbe es noch mehr Beispiele…
Todesstoß und Konsequenz
- Konsequenz als Deckmantel für eigenen Spaß, Konsequenz auf Kosten anderer.
- Manch einer wird es als "konsequentes" Rollenspiel loben, andere Charaktere oder Plots dem eigenen Charakterkonzept zu opfern: Da kann ich Dir nur zustimmen, hab ich auch im Larpforum gelesen, eine Gruppe, die die Vorgabe hat: „Jeder, der uns angreift, muss sterben“. Das ist einfach daneben. Das ist aber auch nicht die Regel bei Cons. So eine Situation („ich musste Dich töten, das gehört zu meinem Charakterkonzept“) habe ich jetzt in sechs Jahren Larp-Erfahrung genau ein Mal erlebt. Was übrigens für den Ausspruch „du gehst auf die falschen Cons…“ spricht.
Fremdbestimmung => mangelnde Selbstdisziplin: Ich habe selbst bestimmt, dass ich mich an die Todesstoß-Regel halte! Alle Regeln sind so gesehen fremdbestimmt, denn irgendjemand hat sie ja mal gemacht…
Geistiges Eigentum/Kosten der Chara-Ausrüstung: Beides Argumente, bei denen ich der Meinung bin, dass sie sehr schwach sind. Geistiges Eigentum eines Charakters, der auf einer Fantasiewelt beruht, die durch … wie viele? … Schriftsteller, Regisseure und so weiter vielfach verbreitet wurde? Der ggf. in einem Hintergrund-Land (meist von Orgas, z.B. Grenzbrueck, Trawonien, Engonien, Ravernien und so weiter) „lebt“, das wiederum von anderen Leuten ausgedacht wurde, auf einem Regelwerk basiert, welches sich jemand anders ausgedacht hat und so weiter? Natürlich ist mein Charakter „mein“ Charakter, das ist aber doch sehr egozentrisch, aufgrund dieser Einstellung jegliche äußere Einwirkung von mir abperlen zu lassen, weil ich ja das geistige Eigentum daran habe… Denn Larp ist Interaktion.
Genauso zu sehen ist das Argument der teuren Charakterausrüstung. Denn – normalerweise! – kann man die Ausrüstung eines Charakters ja variiert weiterverwenden. Jetzt kommt gerne das Argument des handgestickten Familienwappens, welches eben nur von Baron xy getragen werden kann. Nun gut, dann spiel ich vllt. ein halbes Jahr einen anderen Charakter und dann den Bruder/Neffen/Vetter/etc. des Barons, der das Amt danach übernommen hat. Wem das unlogisch vorkommt, dem sei gesagt, dass genau das ein Argument der Opferregel-Verfechter war, dass man sich die IT-Logik immer irgendwie hinbiegen kann, so dass es passt.
Aber aufgrund dieser rein OT-Gründe das Spiel eines anderen Larpers zu ignorieren (… dann war das Con halt ein Traum…) halte ich wiederum für falsch. Denn das einzige Argument, was für mich überzeugend für die Opferregel (aber im Zusammenhang mit punktelosem Spiel) spricht, ist das, dass ich durch eine gute Reaktion eine gute Aktion „belohne“ und damit zu einem guten Darstellungsspiel beitrage (Stichwort: Spielererziehung) bzw. eine schlechte Darstellung durch eine weniger starke Reaktion beantworte, wodurch ich den Gegenüber zu einer demnächst ggf. bessere Darstellung bringe. (Im Übrigen liegt in diesem System immer noch der Nachteil, dass „gute“ und „schlechte“ Darstellung auch sehr subjektiv ist). Aber durch die Argumentation geistiges Eigentum/Ausrüstungskosten hebele ich das ganze ziemlich aus, denn dann kann die Darstellung noch so überzeugend/gut/theatralisch sein, da die Argumentation auf einer ganz anderen Ebene stattfindet, wird der Effekt nicht entsprechend sein.