Der Morgen graute und Jelena konnte sich kaum noch auf den Beinen halten.
Die Nacht war zwar ruhiger gewesen, aber durch einen steten Strom an Verwundeten gekennzeichnet. Sie kamen in kleinen Gruppen, nach Zusammenstößen mit den marodierenden Milizen oder weil sie auf dem Schlachtfeld vor der Stadt abgelöst worden waren und nun den Weg in einen der Tempel fanden. Aufgrund der hohen Gefahr durch die Milizen war Jelena kurz nach Sonnenuntergang gezwungen gewesen die Zeltlazarette aufzulösen und in die Sicherheit der gemauerten Gebäude zurückzuziehen.
Da die Laviniatempel aus allen Nähten platzten, hatte die Hohepriesterin der Naduria die Tore ihrer Tempel geöffnet und so weitere Zufluchtsstätten geschaffen.
Immer noch wurden Überlebende aus den Trümmern der Mauern und durch den Katapultbeschuss eingestürzten Häuser gezogen und durch mutige, einfache Menschen in den Tempeln abgeliefert.
Als die Sonne aufging, entschied Jelena, dass sie getan hatte, was sie tun konnte. Es war Zeit für sie und für ihre Lehrlinge das Lazarett zu verlassen und einige Stunden Ruhe zu bekommen. Sie rieben sich hier auf und liefen Gefahr tot umzufallen.
Sie besprach sich mit der Laviniageweihten, die dem Tempel vorstand und versprach später am Tag wiederzukommen, dann packte sie ihre Dinge zusammen und verstaute alles so, dass sie die Hände frei hatte. Sie sah, dass Luthor und Alvias ähnlich vorgingen und gab ihnen dann das Zeichen zum Aufbruch.
Der Weg zu Jelenas Kontor war erstaunlich ruhig, dauerte aber lange, da sie alle drei mehr torkelten als wirklich liefen. Sie trafen immer wieder auf Verwundete und bemühten sich diese auf den Weg zum Tempel zu schicken.
Als sie endlich in ihrer Straße eintrafen, seufzte Jelena erleichtert: das Kontor stand noch.
Das Tor zeigte einige Brandflecken und vor seinen Mauern lagen die Leichen einiger Soldaten, die offenbar versucht hatten darüber zu klettern. Sie hatten statt dessen Bekanntschaft mit Feuer und Schwefel gemacht.
Die drei stolperten zum Tor und noch bevor Luthor die Hand heben konnte um zu klopfen, wurde die Tür darin aufgerissen und Jelena fast umgerissen, als Anica sie stürmisch in die Arme nahm. Die Heilerin drückte sie kurz und murmelte ihr etwas auf medvjedstani ins Ohr, bevor sich beide strafften, die Lehrlinge in den Innenhof schoben und die wieder hinter sich verbarrikadierten.