Am 10. Tag der Belagerung
Gerade schoben sich die ersten Sonnenstrahlen über das Firmament und tauchten die
Kulisse der drohenden Schlacht einmal mehr in ihr warmes, blutrotes Licht. Die müden,
doch ungebrochenen Verteidiger auf den Mauern starrten mit entschlossenem Blick dem
feindlichen Heerlager entgegen, darauf wartend, dass sie wieder einmal den Weckruf des
Lupus mit Pauken und Trompeten vernehmen würden. Doch nichts geschah. Die Minuten
vergingen und eine Mischung aus Sorge und Zuversicht machte sich bei den Verteidigern
breit. Dann war plötzlich Lärm aus dem Lager des Lupus zu vernehmen der bis zu den
Mauern Fanadas drang. Wiehernde Pferde und das wütende Lärmen von Soldaten, die
scheinbar verwirrt umher stolperten und nach ihren Getreuen riefen. Momente später
loderten überall im Heerlager große Flammenherde auf, die Mensch und Tier, Nachschub
und Materialien zu verzehren begannen. Die Verteidiger auf den Mauern trauten ihren
Augen nicht, als das Lager des Lupus für einige Zeit in hoffnungsloses Chaos gestürzt
wurde. Die Flammen frassen sich derweil voran und erst nachdem ein guter Teil des
Lagers zu Asche geworden war, gelang es einigen Veteranen endlich die Ordnung in ihren
Reihen wiederherzustellen. An einen koordinierten Angriff war in den nächsten Stunden
jedoch nicht zu denken.
Dann, als der Rauch und die Flammen sich langsam verzogen, brach erneut Tumult aus,
dieses Mal jedoch am südwestlichen Rand des Lagers nahe des großen, der Stadt
zugewandten Aufmarschfeldes. Dort wo die letzten Tage über die Standarte der stolzen
Fanada-Veteranen, das Ordensbanner des Lupus Umbra und das persönliche
Wappenschild des Wolfslords hingen, erhoben sich nun neue Banner, Banner in solchen
Farben welche die tapferen Verteidiger auf den Mauern zu lautem Jubel veranlassten, der
von Mann zu Mann, Frau zu Frau weitergetragen wurde bis die ganze Stadt die
Neuigkeiten vernommen hatte. Dort, wo die Truppen des Lupus sich für einen Angriff zu
sammeln pflegten, hingen nun zu ihrer grenzenlosen Demütigung das Banner des
engonischen Widerstands, der weiße Pegasus auf gelb-blauem Grund, direkt neben der
schwarz-weißen Standarte ihrer Valkensteinschen Verbündeten! Doch was die Kämpfer
des Lupus noch mehr erzürnte und zugleich schockierte, war der Leichnam des
Wachhabenden Offiziers, eines engen Getreuen des Wolfslords und ein erfahrener
Veteran aus den Kämpfen um Caer Conway, dessen ausgebluteter Leichnam die mittlere
Bannerstange zierte. Seine toten Hände umklammerten noch immer ein Schild, dass man
ihm um den Hals gehangen hatte. Auf dem Schild prangte in großen Lettern der Satz:
„Überall und Jederzeit!“