Autor Thema: Nachts im Lazarett  (Gelesen 10553 mal)

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Offline Jelena

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Nachts im Lazarett
« am: 13. Apr 10, 22:16 »
Jelena kam spät von der Versammlung im neuen Hauptquartier zurück und betrat den Tempel über einen der Nebeneingänge. Sie warf einen müden Blick auf die Stundenkerze und versuchte ihre verspannten Muskeln im Nacken und den Schultern zu entspannen.
Aber sie wusste, dass sie nur versuchte Zeit zu gewinnen. Zeit und Mut, wenn sie ehrlich zu sich war.
Sie ging einen Gang herunter, der zu den Räumen führte, die rückwärtig zu den Gärten des Tempels hin lagen. Ursprünglich waren her die Räume der Flamen Soli gewesen, aber sie hatten die Räume für die Verwundeten geräumt.
Bereits nach wenigen Schritten schlug Jelena der süßlich-widerwärtige Geruch verwesenden Fleisches entgegen.
Sie lehnte sich gegen die Wand und atmete ein paar mal flach, um sich zu stählen. Sie zog die Flasche mit dem Alkoholauszug aus der Tasche und tupfte einige Tropfen direkt unter die Nase. Die Dämpfe schienen direkt in ihr Hirn zu stechen, aber sie betäubten die Nase und das war im Augenblick wichtiger als alles andere.
Sie stieß sich von der Wand ab und ging den Gang weiter, bis sie vor einer schmucklosen Tür stand. Sie klopfte kurz an und betrat das Zimmer.
Das Innere war schmucklos und bis auf das Bett, einige Schemel und einen Tisch mit einer Waschschüssel leer. Türen und Fenster, die zum Garten hinausgingen waren weit geöffnet, um jede noch so kleine Brise einzufangen.
Es nutzte nichts.
Der Gestank war erbärmlich.
Jelena wappnete sich und trat auf das Bett zu.
Der Mann drehte den Kopf und seine Gesichtszüge verzogen sich zu etwas, das in einem früheren Leben ein Lächeln gewesen sein mochte.
Früher, bevor flüssiges Feuer sich über ihn ergossen und seine Kleidung mit seiner Haut verschmolzen hatte.
"Ich habe an euch gedacht..." flüsterte der Mann mit einer rauhen, gebrochenen Stimme.
"Jetzt bin ich da."
Jelena zog einen Schemel heran und setzte sich ans Bett. Sie griff die rechte Hand, die nahezu unversehrt war und drückte sie.
"Ich habe ihn gefunden und er hat versprochen zu kommen."
"Ich habe gewusst, dass er..." ein quälender Husten unterbrach ihn und Jelena hielt einen Fetzen Tuch an seine Lippen um Blut und mit Ache versetzten Schleim aufzufangen.
"Schhhhhh... nicht reden. Ich kann euch etwas zum schlafen geben, es wird die Schmerzen..."
Ein Kopfschütteln unterbrach sie:
"Ich will klaren Verstandes sein, wenn er kommt."
Jelena nickte nur.
"Singt noch einmal für mich..."
Jelenas Kehle schnürte sich zusammen, aber sie räusperte sich und es ertönte ihre rauhe, melodische Stimme:

Ja ma, ja malena... a suknja sarena... sava je... dunav je...
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Offline Münster

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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #1 am: 14. Apr 10, 02:37 »
Die letzten Töne von Jelenas Gesang verklangen langsam, als sich den Beiden eine dunkle Gestalt aus Richtung der Gärten näherte. Vorsichtig, Schritt für Schritt marschierte sie auf Jelena zu und legte schließlich eine behandschuhte Hand auf ihre Schulter.

"Ich habe versprochen zu kommen und hier bin ich!"

Im Widerschein des schwachen Kerzenlichts konnte Jelena Roberts Gesicht erkennen, halb verborgen von einer großen dunklen Kapuze und beschmiert mit Asche und Dreck. Hinter ihm erkannte sie die Schemen von mindestens drei weiteren Personen, die immer wieder mit den Schatten der Ercker und Wände zu verschmilzen schienen. Offenbar war er auf sehr unschönen Wegen bis zum Lazarett gelangt, haftete doch auch ihm der Geruch nach Unrat und Verwesung an. Langsam ging er an Jelena vorbei und beugte sich über den verbrannten Körper, der noch vor kurzer Zeit einer seiner Männer gewesen war, wie er an den Insignien des Feldwaibels erkannte, die sich mit dem Fleisch zu einer einzigen, schwärenden Masse verschmolzen hatten. Dann beugte sich Robert näher und musterte die Reste des Mannes vor ihm genau, bevor der Funke der Erkenntnis in ihm aufging und er mit beinahe väterlicher Stimme zu sprechen begann:

"Ich bin hier Njordin. Dein Oberst ist hier, genau wie Jelena es Dir versprochen hat..."
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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #2 am: 14. Apr 10, 08:03 »
Jelena verkrampfte sich einen Augenblick, als sie die Gestalt sah und tastete bereits nach einem ihrer Dolche, aber sie erkannte Robert und außerdem wäre sie sowieso zu langsam gewesen.
Sie löste ihre Hand vorsichtig aus der des Soldaten und stand auf.

"Ruht euch etwas aus, Njordin. Ich werde mit dem Oberst sprechen. Ich werde ihm alles erklären. Er wird sofort wieder kommen..."
Es sah so aus, als ob Njordin sprechen wollte, aber sein Körper wurde wieder von diesem fürchterlichen, feuchten Husten gequält, der allen anwesenden die Tränen in die Augen trieb. Als es vorbei war, nickte er nur und ließ sich wieder in die Kissen sinken.

Jelena berührte Robert am Arm und wies ihm mit dem Kopf ihr auf den Gang zu folgen.
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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #3 am: 14. Apr 10, 14:38 »
Robert nickte dem Waibel zu und folgte dann Jelena hinaus auf den Gang. Ein kühler Windhauch umschwebte die Beiden, der jedoch wenig Linderung brachte, wich nun der Geruch nach verkohlten Fleisch dem des Schwefels. Draußen hockten und standen weitere Gestalten, eingehüllt in die gleichen verschmutzten Stoffe, die auch Robert trug, während sie die Umgebung aufmerksam beobachteten. Schließlich lehnte sich Robert an eine der vorstehenden Säulen und zündete sich mit geübten Handgriffen einen seiner Glimmstängel an, die er im Sekretär des Bürgermeisters gefunden hatte. Der aufsteigende Rauch brannte in der Nase, aber letztlich war er noch immer angenehmer als alles andere in dieser verfluchten Stadt.

"Also Jelena, ich höre. Es steht nicht gut um meinen Waibel, das konnte ich sehen..."
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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #4 am: 14. Apr 10, 15:15 »
Jelena sah Robert nachdenklich an. Hätte sie noch vor ein paar Tagen mit etwas bissigem auf diese groteske Untertreibung reagiert, so war sie jetzt zu müde. Zu müde und zu leer.
Sie sah den Mann vor sich noch einmal genau an und erinnerte sich an viele, gemeinsame Dinge. Viele Gespräche und vor allem viel Streit, der aber letztlich doch immer ihrer Freundschaft und dem gegenseitigen Respekt gewichen war.

"Er war hier, als wir getroffen wurden... Er hatte einen jungen Mann hierhergetragen und ihn in der großen Halle abgeladen. Er rief mir noch etwas zu, das verdächtig nach Schwefelbraut klang..."
Jelena lächelte kurz, bevor sie weiter erzählte:
"Er war keine drei Schritte gelaufen, als das Geschoss uns traf. Es war keine Explosion, es war ein Wasserfall auf Feuer... es muss das Hauptdach getroffen haben, denn die Oberlichter der Haupthalle barsten und das Feuer ergoß sich im Schwall in den Saal, in dem die Verwundeten lagen..."
Ihre Stimme brach und sie wischte ungeduldig die Tränen weg, die ihr über's Gesicht liefen.
"Sie schrien... Robert...  sie haben das ... Feuer... eingeatmet und schrien... alle Priester Alamars und alle Magier, die in der Nähe waren, haben ihre Kraft in das Feuer geworfen und es erstickt, so dass nur noch einige kleine Herde da waren. Ich hatte noch versucht zu ihm zu kommen... Er hatte sich auf dem Absatz umgedreht, als der Tumult losbrach und war wieder hineingestürzt... er wurde von einer Salve erwischt und stand in Flammen...
Ich habe... ich griff den nächstbesten Eimer und goß ihn über ihm aus, warf ihn zu Boden..."
Sie brach ab und atmete einige Male tief durch, bevor sie weiter machen konnte:
"Ich habe ihm wehgetan, Robert... ich habe die Rüstung von ihm runtergerissen, obwohl seine Haut dran hing... sie musste runter, verstehst du? Wenn die Glieder seines Kettenhemdes sich in den Brustkorb gebrannt hätten... aber ich war zu spät..."
Sie sah Robert mit Augen voller Grauen an:
"Etwa 2/3 seiner Haut sind verbrannt. Er hat das Feuer eingeatmet und seine Lungen beschädigt. Er wird seine Beine nicht bewegen können, weil die Muskeln verkohlt sind... und es hat sich entzündet. Ich habe alles versucht, aber der Dreck hatte sich mit eingebrannt, verstehst du? Er verfault bei lebendigem Leibe..."
flüsterte sie zuletzt, so dass Robert sich vorbeugen musste, um sie zu verstehen.
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Offline Münster

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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #5 am: 14. Apr 10, 17:30 »
Robert hörte die Worte der Heilerin und nahm einen weiteren tiefen Zug, während seine Miene einer steinernen Maske glich, die augenscheinlich keine Regung oder Emotion zeigte. Doch Jelena kannte Robert lange genug, als dass sie die kleinsten Zeichen zu deuten wusste. Das kurze Zucken seiner Mundwinkel wenn ihn etwas beschäftigte, das Pulsieren seiner Schlagadern wenn er zornig wurde und der starre, finstere Blick wenn er sein Opfer fixierte, kurz bevor losstürmte um es mit eigenen Händen zu zerreißen. Und so erkannte sie auch jetzt, dass der Tod seines Soldaten dem alten Kämpen nicht gleichgültig war.

"Ich habe viele Männer und Frauen sterben sehen Jelena... Nicht nur hier, sondern an vielen anderen Orten. Und ich weiß, dass flüssiges Feuer eines der schlimmsten Schicksale ist..."

Robert machte eine Pause und zog erneut an dem Glimmstängel.

"Jeder der Männer und Frauen unter meinem Kommando ist bereit auf Befehl hin in den Tod zu gehen! Jeder, mich eingeschlossen! Weißt Du wie sie uns in Fanada genannt haben? In den Straßen und Wirtshäusern?! Neben vielen anderen Namen, war es einer, den ich immer wieder hörte, teils offen, teils hinter vorgehaltener Hand aus Furcht einer von uns könnte in Hörweite sein. Sie bezeichneten uns Valkensteiner als die Bastarde von Krieg und Tod! Es gab sogar eine interessante Zeichnung hierzu, die ich einmal sah. Nun, wahrscheinlich sind wir nicht wirklich die in Wollust gezeugten Sprösslinge dieser zwei Urgewalten, doch manchmal erscheint mir dieser Name passend..."
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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #6 am: 14. Apr 10, 17:39 »
Jelena legte Robert die Hand auf den Arm und schwieg einen Augenblick.
"Wir sind das, wozu unsere Götter uns geformt haben..." meinte sie etwas gedankenverloren, "Tormentor ist die Wurzel eures Seins, also seid ihr auch so, wie er es für richtig sieht..."
Sie machte eine kurze Pause, bevor sie scheinbar zusammenhangslos fortfuhr:
"Ich wollte ihn einschlafen lassen... etwas gegen die Schmerzen, ein klein wenig höher dosiert... aber sobald er wieder bei Sinnen war, hat er es mir verboten. Er sagte mir, wenn er vor Tormentor trete, dann wolle er im Geiste unversehrt sein. Wenn es ihm nicht vergönnt sei, durch die Hand eines Feindes zu sterben, dann soll es die Hand eines Freundes sein..."
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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #7 am: 14. Apr 10, 17:59 »
Robert zertrat die Reste des Glimmstengels auf dem Boden, bevor er Jelena aufmerksam musterte. Irgendetwas war mit der Heilerin vorgegangen. Sie hatte sich verändert. Auch wenn sie noch immer die war, mit der er es genoß zu streiten, wann immer sich eine Gelegenheit bot, schien auch sie einem Fatalismus verfallen zu sein, der sein eigener hätte sein können. Der Krieg verändert uns alle... Hatte Simon vor einiger Zeit gesagt. Wahrscheinlich hatte er Recht.

"Du hast eine harte Entscheidung getroffen Jelena! Und eine, die ich nicht unbedingt von dir erwartet hätte! Aber du hast richtig entschieden! Und an diesem Punkt endet deine Pflicht und es beginnt die Unsrige! Njordin war einer von Gerhardts engsten Freunden. Sie waren damals beinahe zeitgleich rekrutiert worden und haben auch ihre Ausbildung gemeinsam absolviert."

Robert atmete tief ein.

"Ich bin mir sicher, dass Njordin es gutheißen würde, wenn Gerhardt es ist, der ihm den Segen Tormentors schenkt! Doch wenn er nicht rechtzeitig von seinem Einsatz zurück ist, werde ich es tun!"

Robert atmete tief ein...

"In der Zwischenzeit sollten wir unseren Kameraden nicht allein lassen! Jelena! Lass Bier und Met bringen! Und wenn Du kannst, bestell Marius den Barden hier hin, er müsste sich bei den Lavinia Novizen befinden! Mittlerweile spielt er ganz passabel einige unserer Lieder! Los Leute! Wir werden ein letztes Mal mit unserem Kameraden anstoßen, bevor er heimkehrt in die Hallen Tormentors!"
« Letzte Änderung: 14. Apr 10, 20:11 von Münster »
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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #8 am: 14. Apr 10, 18:10 »
Jelena wartete, bis die anderen verschwunden waren, bevor sie Robert noch einmal bedeutete zu warten.
"Du hast mich nie wirklich gefragt, was ich meiner Göttin geschworen habe, Robert. Du hast meine Aussage immer hingenommen und dir gedacht, es wäre das übliche blabla der hochgeistigen Heiler, oder?"
Die Stimme der Heilerin war leise, sie trug nicht weit in der Dunkelheit.
"Ich habe natürlich geschworen zu helfen und Leben zu retten, aber ich habe auch geschworen nicht zu schaden und, was vielleicht noch wichtiger ist... niemals Leiden zu verlängern..."
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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #9 am: 14. Apr 10, 18:23 »
Robert hielt kurz inne, wandte sich jedoch nicht um. Seine Stimme bekam einen kalten Unterton...

"Ich habe dich so etwas nie gefragt, weil es letztlich unsere Taten sind, die unseren Schwüre sichtbar werden lassen!"
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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #10 am: 14. Apr 10, 18:44 »
Jelena runzelte die Stirn über den Unterton, aber sie antwortete nichts darauf. Sie wusste, das Robert innerlich schrie, litt und tobte. Und sie wusste, dass er sich eher die Zunge rausreissen würde, als es da zu tun, wo jemand es sehen konnte.

Sie folgte Robert in das Krankenzimmer und trat zu dem Soldaten ans Bett:
"Es ist Zeit für mich zu gehen, Njordin. Ich lasse euch zurück in der Obhut eurer Brüder. Ich werde immer an euch denken, wenn über den Mut des heutigen Tages gesprochen wird. Und wenn mich jemand fragt, wessen Mut heller schien, als das Licht der Sterne, dann werde ich sagen, es war Njordin Jorgensson, der Valkensteiner, dessen Herz nicht einmal durch die Feuer der Hölle verdunkelt werden konnte."
Die Heilerin beugte sich vor und drückte dem Mann einen Kuss auf die Stirn.
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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #11 am: 14. Apr 10, 19:09 »
Mittlerweile hatte sich Robert mit seinen Leuten an das Krankenlager begeben und als die Heilerin sich schließlich zum Gehen anschickte trat Robert vor und musterte seinen totgeweihten Kameraden. Dieser hob langsam und unter sichtlichen Schmerzen den Arm zur Brust um seinem Oberst zu salutieren. Wie ein Mann erwiderten die anwesenden Valkensteiner den Gruß, während einige von ihnen die Worte: Überall und Jederzeit! murmelten. Dann beugte sich Robert zu seinem Kameraden herunter, der ihm mit leiser Stimme etwas ins Ohr flüsterte. Kurz darauf erhob sich Robert wieder und wendete sich an Jelena:

"Jelena! Wenn Du nach den Boten geschickt hast, dann kehre bitte umgehend zurück! Njordin wünscht deine Anwesenheit bei seiner letzten Feier! Ach, und sei doch so gut und sieh einmal nach, ob Linnea dort draußen irgendwo herum irrt! Ich hatte sie hinzu gebeten, doch sie wollte zuvor noch nach einigen von ihren Leuten Ausschau halten!"
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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #12 am: 14. Apr 10, 19:20 »
Jelenas Hand war bereits am Türgriff und ihre Gestalt spannte sich, als sie Linneas Namen hörte, aber nach kurzer Zeit nickte sie nur und verließ den Raum.

Sie schloß die Tür ganz sachte hinter sich und ging gemessenen Schrittes den Gang herunter, bis sie sicher war, dass sie nicht mehr gehört werden konnte. Dann lehnte sie sich an die Wand und ließ sich langsam herabgleiten, während sie die Fäuste vor das Gesicht presste um ihr Schluchzen zu unterdrücken.
Sie hatte gedacht, sie hätte keine Tränen mehr in sich, aber sie hatte sich geirrt.
Sie kamen jetzt, ungebeten und ungewollt und Jelena wusste, wenn sie weiter funktionieren wollte, dann musste sie sich diesen Augenblick gönnen.
Nach einiger Zeit trocknete sie ihr Gesicht mit dem Ärmel und hievte sich wieder hoch.

Sie betrat die Haupthalle und winkte einen der Helfer zu sich. Sie drückte ihm ein Säckchen Münzen in die Hand und trug ihm auf mit Bier, Met und einem Barden wieder zu kommen und sich genau hier wieder zu melden. Jemand würde ihm die Sachen abnehmen.
Als das erledigt war, wandte sie sich zu ihrem Lager und zog ihre Schürze aus. Kein Blut sollte an ihr sein, wenn sie in den Raum zurückkehrte. Sie wusch sich das Gesicht und die Arme und holte eine schlanke Phiole mit klarer Flüssigkeit aus ihren Vorräten hervor.
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Offline Schimmi

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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #13 am: 14. Apr 10, 19:25 »
Auch Ferdi ist in dieser Nacht im Lazarett unterwegs. Er besucht jeden seiner Leute aber auch Verwundete der anderen Gruppierungen. Man sieht ihm an, dass es ihm nicht leicht fällt. Einige der Verwundeten sind schwer von den Verbrennungen gezeichnet. Bei den ersten muss Ferdi noch einen Würgereiz unterdrücken. Sind diese doch eher tot als lebendig. Hier ein tröstendes Wort... dort einmal eine Hand halten.. mehr kann er leider nicht tun für die Männer und Frauen, die tapfer gekämpft haben.
Dr. h.c. Dieter Szymczak of Counseling (MLDC/USA)
Dieter Szymczak, Lord of Kerry
Schimmi, Friedensnobelpreisträger
jeder Tag an dem Du nicht lächelst ist ein verlorener Tag.

Linnea

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Re: Nachts im Lazarett
« Antwort #14 am: 14. Apr 10, 19:39 »
Linnea sitzt währenddessen in der Haupthalle an einer Wand gelehnt und lächelt mittlerweile auch wieder. Sie sieht gerade ein paar verletzten Sturmrufern zu wie sie sich mit Dylan und Asghar unterhalten, es scheint ihnen wieder etwas besser zu gehen. Gerne hört sie ihnen zu wie sie die Heldenhaft ausgeschmückten Geschichten ihrer gefallenen Kameraden erzählen und ihrer somit gedenken. Linnea war sich bewusst das sie gräber verdient hätten, doch hatte sie sich entschieden sie dem Feuer zu übergeben und somit die Asche dem Wind mitzugeben, sie hatte dabei geweint, so das ihre Männer es sehen konnten, dennoch sah sie stolz aus dabei, stolz solche Männer unter ihrem Kommando zu haben. Das ist nun einige Stunden her und nun sitzt sie hier, ein kleines bisschen ruhe in den sonst so unruhigen Tagen. Linnea sah Jelena, doch war sie zu schwach aufzustehen um mit ihr zu reden, über was auch? Sie hätte sicherlich keine Worte rausgekriegt während sie in die Augen der Meisterin geschaut hätte, also sitzt sie einfach da und schließt die Augen.