"Ich lege die Toten Szivar zur Last. Der Brüderkrieg war ein perfides Spiel des Täuschers, und am Ende, als ein Zug im Namen von fünf Göttern Engoniens dieses Spiel beendete, deckte er seine Karten auf. Und die Karte, die ihn gewinnen ließ, war Konar. Die Götter haben sich von ihrem Bruder täuschen lassen, seht ihr das nicht? Der Listige, der Meister des Ränkeschmiedens brachte seine Brüder dazu, einander zu misstrauen. Anhänger Alamars gegen Anhänger Tiors, die sanften Hände Lavinias versuchten die faulenden Wunden Nadurias zu heilen, während die Wildheit Nadurias auf Aines fein gelenkte Adern traf. Dieser Krieg ist nicht wegen Tior ausgebrochen. Konar wurde von Szivars Klaue geführt, manipuliert, und nur so tat er, was getan wurde.
Der Lupus war, das wisst ihr so gut wie ich, nicht immer gehasst! Manches Dorf sprach von einer ordentlichen, von einer gerechten Verwaltung und Regierung. Wenn Tior durch Konar die Welt in Blut tauchen wollte, dann hätte er den offenen Weg beschritten. Feldschlachten, keine Morde, aufrechte Kämpfe, keine Gemetzel an Unschuldigen und Wehrlosen. Tior hätte es nicht zugelassen, dass Konar sich in Engonia versteckt, hinter magischem Schutz! Der Auserwählte Tiors, sich versteckend hinter Aines Röcken? Pah!"
Vanion bemerkte, dass er laut geworden war, und dass einige neugierige Blicke auf die beiden Männer gefallen waren. Etwas leiser fuhr er fort:
"Nein, Szivar hat für all das gesorgt, dessen bin ich mir sicher. Glaubt Ihr nicht, dass die Trümmer Engoniens, rauchende und schwelende Ruinen, Schlachtfelder voller Kadaver und blutbespritzten, im Rausch schreienden Sieger eher Tiors dunkles Herz erfüllen würden als das Engonien, das wir jetzt haben? Das Engonien, das sich langsam erholt, das seine Wunden leckt, und gleichzeitig in Hinterzimmern leise und heimlich darüber berät, welche Landesteile wem gehören sollen? Das Engonien, das Ränkespiele und Intrigen gerade jetzt, wo soviel neu zu verteilen ist, mehr begünstigt als die Sonne die Ernten im Sommer?
Tior war blind! Er sah nur die Schlachten, er freute sich! Alamar war blind, er sah die gerechte Sache, für die seine Kinder eintraten im Kampf! Lavinia war blind, sie sah nur Wunden, die es zu heilen gab, Herzen, die mit neuer Hoffnung zu füllen waren. Aine war blind, ihr Blick auf die Magie in all ihrer Vollkommenheit gerichtet! Naduria war blind, entfesselt in all ihrer edlen Wildheit! Nur Szivar sah die Geschehnisse mit all ihren Aspekten, er sah das Spielbrett, auf dem die Figuren zogen, und er zog die Fäden.
Vielleicht denkt Ihr deshalb, dass die Götter fern von uns Menschen seien, dass sie uns verlassen hätten. Vielleicht habt Ihr deshalb all Eure Hoffnung in eine Reinkarnation Jeldriks gesetzt, in Richard Brin, in Flamen Damian. Doch ich bin sicher, dass der Täuscher nun selbst über uns beide verhalten in sich hineinkichert, wie wir im Dunkeln umhertapsen, um einen Funken seines Spielbrettes auch nur zu erahnen."