Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Geschichten und Gespräche

Ein Dorf.

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Mel:
Wider willen musste sie lachen.
"Vanion, mein lieber. Ich sehe, Du hast Deine Naivität nicht verloren. Und nichts gelernt, es ist nämlich Blanchefleur, der diese Heirat will und nicht der Graf. Aber keine Sorge, dass mit den vielen Namen wirst Du noch lernen, gerade für Euch im Süden müssen sie sich alle ähnlich anhören; aber warte ab, bis wir einmal in Oscronne sind, da sind selbst für uns in Blanchefleur die Namen unverständlich."
Dann beugte sie sich vor und senkte die Stimme.
"Roquefort WIRD mich so schnell loswerden wollen, wie es geht, am liebsten noch vor der Hochzeit. Aber er wird sich das nicht trauen, denn mein Herr hat seine schützende Hand über mir und ein Auge auf Roquefort; deswegen bin ich sicher, solange ich keinem tragischen Unfall zum Opfer falle."
Sie grinste schief.
"Im Ernst, bis zur Hochzeit und auch danach noch werde ich relativ sicher sein, alles andere wäre zu verdächtig. Darüber brauchst Du dir erstmal keine Sorgen machen. Vielmehr muss ich etwas finden, was Roquefort als den Lügner entlarvt, der er ist. Dann könnte ich die Hochzeit wahtrscheinlich verhindern. Aber mehr kann ich nicht tun, denn genauso wie Blanchefleur ein Auge auf ihn hat, hat er auch eines auf mich, vermutlich ist er bei mir wachsamer, da er ahnt, wie widerwillig ich seinem Wunsch nachkomme, zumal Roquefort ja so großzügig über meinen Ritterschlag hinwegsieht. Schau nicht so, das hat er wirklich gesagt."

Vanion:
"Ich glaube, Ihr unterschätzt Roqueforts Niedertracht. Ihr habt mir mein Bild von ihm verschafft, es ist schlimm genug um leicht an so etwas zu glauben, zumal er, wie Ihr sagt, nicht die höchste Meinung von Eurem - und, so die Götter wollen, dereinst auch meinem - Stande hat. Dieser 'Unfall', den Ihr erwähnt habt, kann Euch nur allzuleicht treffen. Ein Sturz bei der Jagd, ein Knochen, der im Halse bei der Mahlzeit stecken bleibt... es gibt genug Möglichkeiten. Und wenn Blanchefleur dann den einzig legitimen Herrscher La Follyes vor sich hat, glaubt Ihr, er würde um Eures toten Körpers willen einen Konflikt beginnen, den er nur verlieren kann?" Vanion schwieg kurz.

"Vielleicht bin ich tatsächlich noch zu naiv, um die wahren Tiefen der caldrischen Adelsgeschlechter ergründen zu können." Vanion verfiel unmerklich wieder von der Hochsprache in den Dialekt der einfachen Leute, wo er aufgewachsen war: "Aber es ist doch wirklich so, irgendwas wird passier'n, und dann steht Ihr nicht grade gut da, wahrscheinlich liegt Ihr eher irgendwo, wenn man das so sagen kann, ma chevalière."

Jacques' Ellenbogen erinnerte ihn 'sanft' daran, ein wenig mehr auf seine Wortwahl und seine Ausdrucksweise zu achten.

"Ihr habt selbst gesagt, dass Roqueforts Anspruch in gewisser Weise so legitim ist wie der Eure. Wie wollt Ihr ihn als Lügner entlarven? Ihr steht selbst nicht allzu gut da, würde ich sagen, da Ihr Leah festgehalten habt - und er doch nur versucht hat, mich oder einen anderen der Euren in seine Finger zu bekommen. Vor einem nicht involvierten Beobachter würde er besser da stehen.
Könnt Ihr Euren Anspruch nicht vor dem Grafen selbst geltend machen? Euer Anspruch ist der Ältere, und Eurem Wort kann durch hohen Namen des Pilgerzuges Gewicht verliehen werden. Ihr seid doch nicht länger die Ritterfrau mit dem Bauernknappen, Ihr seid Lorainne de la Follye des Joux, einer der Helden Engonias, wie mir hier zu Ohren gekommen ist." Vanion grinste bei seinen Worten, verlor jedoch nicht die der Situation angemessene Ernsthaftigkeit.

Mel:
"Helden Engonias? Klingt schöner als es ist. Außerdem sind nicht die Ritter die helden, den sie werden dazu ausgebildet zu kämpfen. Die wahren Helden sind die einfachen Leute, die  zu den Waffen greifen, weil sie an etwas glauben. Und wenn sie dann noch die kämpfe überleben..." Lorainne lächelte Vanion vielsagend an.
"Und dass Leah Roqueforts Tochter ist, WISSEN nicht viele. Natürlich pfeiffen es die Spatzen von den Dächern, denn kurz nachdem Roqueforts Frau im Kindbett gestorben ist, in dem Kloster, in dem ich Simon gepflegt habe, reise ich mit einem Säugling aus selbigen Kloster ab. Was für ein Zufall. Allerdings habe ich nur einer sterbenden Frau versprochen mich um ihr Kind zu kümmern. Sobald Blanchefleur das Mädchen hat und Roquefort darauf beharren wird, dass es seine Tochter ist, wird der Baron die Sache prüfen lassen. Zufällig ist meine Schwester die rechte Hand der Mere superior, die wiederum eine Schwester, oder war es Cousine? des Barons ist. Aber ich will Dich nicht mit den ganzen Verwandschaftsverhältnissen langweilen. Fakt ist, dass es vermutlich nicht so leicht für Roquefort sein wird, nachzuweisen, dass Leah seine Tochter ist. Und ich habe auch nicht vor, sie zu adoptieren, immerhin IST sie ja seine Tochter und die Bösartigkeit liegt bei denen in der Familie."

Vanion:
Vanion sah Jacques nach Hilfe suchend an. "Aber das Adoptionsrecht ist doch letztlich die Entscheidung des Mannes, oder nicht? Ganz abgesehen davon, Ihr seid Ritter - Ihr werdet Euren Stand kaum entehren, indem Ihr in der Öffentlichkeit lügt, was Leah betrifft, wenn es denn zu einer öffentlichen Anschuldigung kommen sollte. Ihr spiel ein Spiel, das mehr als gefährlich ist, und Ihr redet so leichthin von Verwandschaften und dergleichen. Ich glaube, dass Ihr ganz gut wisst, was für ein Risiko Ihr eingeht, aber Ihr seid nur allzu gern bereit dazu. Nun, Ihr seid der Ritter und ich bin der Knappe. Ich habe nicht das Recht, Eure Entscheidungen in Frage zu stellen, und das tue ich auch nicht! Wenn Ihr heiraten wollt, dann nur zu, gerne mit meinem Segen." Vanion lächelte entwaffnend. "Aber wenn die Hochzeit vollzogen ist - wie und welcher Lüge wollt Ihr Roquefort überführen? Und, auch wenn das zunächst nicht so wichtig erscheint, bedenkt trotzdem: wenn es nicht gut geht, dann werdet Ihr den Rest Eures Lebens mit einem Mann verbringen, den Ihr nicht respektiert, den Ihr für einen Lügner, Betrüger und billigen Dieb haltet."

Mel:
"Was hat das Adoptionsrecht damit zu tun? Worauf willst Du hinaus? Natürlich habe ich nicht vor zu lügen, alleine diese Unterstellung.... aber man muss solche Dinge auch nicht an die große Glocke hängen und kann darüber Schweigen, solange es geht."
Lorainne verlor langsam die Geduld.
"Mein lieber Vanion, bist Du unter die Priester gegeangen, dass DU mir deinen Segen gibst? Roquefort wird überführt und bestraft werden, und dafür würde ich JEDES Risiko eingehen."

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