Der Städtebund von Tangara > Brega

Brega, 6. Tag des 10. Mondes, 263 n.J.

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Anders:
Das er sie nicht begrüßte, beleidigte Anders schon etwas. Kurz überlegte sie ob sie irgendetwas falsch gemacht haben könnte. Aber ihr fiel nichts ein, von daher schüttelte sie den Gedanken wieder ab.
Immerhin stellte er sie dem anderen vor und sie strahlte ihn an.
"Hallo.", grinste sie und wedelte mit der Hand zum Gruß.
Vanion wannte sich zum gehen und murmelte noch etwas zu dem anderen Mann den sie auch von irgendwoher zu kennen glaubte, aber sicher war sie sich nicht und verschwand wieder in der Taverne.
Anders bließ die Wangen auf und ließ die Luft mit einem beleidigten zischen entweichen. Er schien heute ähnlich schlechte Laune wie Yorik zu haben.
Was ihm wohl wieder im Kopf rumgeisterte? Irgendwie hatte sie das Gefühl, das alle ständig mit irgendwelchen schweren Gedanken herumliefen, die sie so langsam und handlungsunfähig machten, dass sie komplett still zu stehen schienen.
Sorge war Anders nicht fremd, ganz im Gegenteil, allerdings verstand sie nicht wie man am düsteren brüten, hegen und pflegen von Sorgen gefallen finden konnte, obwohl man gerade gar nichts zu tun hatte.
Wahrscheinlich hingen seine Sachen wieder mit Lorainne zusammen. Kurz schweiften die Gedanken der Kenderin zu jeder Frau zurück die sie gesucht und gefunden hatten, aber nicht hatten retten können. Zumindest nicht alles von.
ihr. Sie selbst hatte bisher kaum ein Wort zu irgendwem verloren über die Geschehnisse im Forêt d'Artroux, zum einen da kaum einer wusste das sie dort gewesen war und zum anderen weil man um schweigen gebeten hatte um die arme Seelenlose und ihre Freundin zu schützen.
Bei dem Gedanken an Ranias leeren Blick der sie getroffen hatte, als sie neben der Frau kniete um sie zu versorgen schauderte die Kenderin.
Sie betrat auf die wohlige wärme der Taverne und streifte die Kapuze nun ganz ab. Sie konnte es kaum erwarten den Mantel los zu werden.
Auch ein Grund warum sie nicht über die Ereignisse sprach war, dass die meisten Leute mit denen sie zutun hatte ebenfalls dabei gewesen waren und alle wussten was passiert war. Von daher bestand keine Notwendigkeit die Geschehnisse zu wiederholen, zumal alle immer sofort beinahe depressiv wurden wenn man von ihnen sprach.

Die Taverne war ziemlich gut besucht, aber kaum einer schenkte der jungen Kenderin viel Beachtung als sie sich nun einen Weg durch die große Leute Welt bahnte. Geschickt wand sie sich zwischen den anderen Leibern hindurch bis zur Theke. Dabei vernahm sie von überall das verheißungsvolle Wispern der Dinge die sie umgaben.
Viele gesunde Dinge, die plapperten, kicherten und sich Geschichten von ihren Besitzern zuraunten. Aber auch hier und da war ein klägliches wimmern zu vernehmen, welches ihr im Herzen weh tat. Selbst tote gab es hier. Über die Ereignisse die zu dem Tod dieser Seelen geführt hatte wollte sie nicht nachdenken. Tote Gegenstände hatten wirklich keinerlei Wert.
Kurz überlegte sie ob sie sich der anderen, der wimmernden und flehenden Gegenstände annehmen sollte, verschob das ganze aber auf später und hoffte sie würden ihr verzeihen.
Vorerst kam sie an der Theke an und sah sich nach dem Besitzer der Taverne um, um nach einem Schlafplatz zu fragen. Vanion war auch dort.
"Hab ich dich geärgert? Oder hängst du wieder dunklen Träumen nach?", fragte sie und entledigte sich endlich ihres schweren nassen Umhangs. Viel besser.

Vanion:
"Dunkle Träume? Du scherzt." Der Abend versprach wohl doch noch, lustig zu werden. "Du hast mich nicht geärgert." Misstrauisch blickte Vanion sich um. Ob Boniface sich noch irgendwo hier befand? Der kleine Mann hatte ein wenig unter Vanion leiden müssen, aber das würde ihm nicht ganz schlecht bekommen. Dann warf er einen Blick in die Ecke, wo immer noch die Leute, neben denen er eben gesessen hatte, die Köpfe zusammensteckten. Heute Abend würde er wohl kaum noch mit denen ins Gespräch kommen, so sehr er das auch wollte. Er sah an sich herab. Die ausgeblichene, rissige braune Hose, die aufgebrochenen, nun verschlammten Stiefel mit den Löchern, dazu die lange Lederweste mit dem alten, schmutzigen Hemd und nicht zuletzt das scharfe, kurze Schwert, das er offen am Gürtel trug. Auch seinen Bart hatte er nicht länger gepflegt, kurz gesagt, er sah aus wie ein Landstreicher, dem keine Aufgabe zu schade war - der aus irgendeinem Grund aber sehr darauf achtete, sein Schwert keinen Rost ansetzen zu lassen. Er fragte sich, ob er nicht zu offensichtlich vorgegangen war. Dann schüttelte er die Gedanken ab.

"Was treibt dich her? Ich dachte, du wärst schon wieder sonst wo unterwegs auf der Suche nach deinem - was auch immer." Er zwinkerte.

Anders:
"Nein tue ich garnicht!", protestierte Anders und lehnte sich an die Theke. Sie machte sich wenn, ein bisschen Sorgen. Wer zu viel nachdachte bekam Falten, zumindest hatte man das ihr gesagt. Selbst ausprobiert hatte sie es noch nicht, aber wenn sie sich so manchen alten Menschen ansah musste diese Leute in ihrem Leben sehr, sehr, seeeeeehr viel nachgedacht haben. Wahrscheinlich waren sie deshalb auch so griesgrämig. Hatten vor denken vergessen zu Leben.
Ob man durch denken das Atmen vergessen konnte?
Konnte man sich tot überlegen?
Interessanter Gedanke.
Sie bemerkte wie Vanions Blick an sich hinab glitt und musterte ihn nun ihrer seits. Er sah verwahrloster aus als sie ihn in Erinnerung hatte. War das Absicht? Vielleicht sollte sie mal ein paar neue Sachen für ihn finden.
Ob er sie annehmen würde? Oder wie Boniface unter den nächsten Tisch springen, wenn sie ihm was schenken wollte.

Auf seine Frage hin hob sie wieder den Blick. Eine Feder war in ihr Sichtfeld gefallen und sie pustete sie zurück an Ort und Stelle. "Mich? Nichts besonderes. Im Moment vor allem ein Schlafplatz. Ich bin zwar Wetterfest aber weder Frosch noch Eule, von daher ziehe ich heute lieber einen trockenen Schlafplatz vor. Und auf der Suche bin ich doch immer, das weiß du doch. Vor ein paar Tagen dachte ich wirklich ich hätte eine gute Spur gefunden, aber ich hab mich geirrt. War alles falsch."
Sie seufzt und lächelt dann. "Und sonst wo treibe ich mich auch nicht herum. Im Moment wandere ich halt vor allem zwischen Engonien und Vahrym herum."
Sie kicherte. "Viel Wald zum durchforsten, auch wenn es langsam kalt wird."
Kurz schweifen ihre Gedanken ab. Das Wandern wird im Winter ein Problem werden. Sie sollte überlegen ob sie sich irgendwo ein Winterquatier aussuchen sollte.

Wassilij:
Die Tavernentür öffnete sich. Ein junger Mann trat herein. Er war in rot und blau gekleidet, während ein grüner wollener Mantel ihn vor dem Wetter schützte. Der Mantel hing locker und nach vorne heraus, stand der Griff eines in diesem Lande unüblichen Schwertes.
Mit einem offensichtlich geübten Blick, begann der Mann den Raum mit Blicken abzusuchen. Dabei begann er in den dunkleren Ecken und lies ihn erst später zur Theke schweifen, während er die Tür schloss um zu verschleiern, dass er den Raum absuchte.

Wassilij:
Als er sich Vanion auf ein paar Schritte genähert hatte, sprach er ihn direkt an. "Vanion!"

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