Es war ein märchenhafter Morgen.
Vogelgezwitscher drang mit einem kühlen Hauch durch das geöffnete Fenster, während die Sonne ihr Gesicht wärmte. Lorainne zog die Decke über ihren Kopf.
Sie wollte noch nicht aufstehen und weiterträumen.
Das Gras war noch feucht, als sie barfuß drüber lief. An der alten Eich nach links, über das kleine Bächlein, das zur Zeit eher ein jämmerliches Rinnsal war und über das Feld. Da tauchte endlich das Haus vor ihr auf. der Torbogen, der nur während der großen Fehdenzeiten geschlossen worden war, bevor Fehden verboten wurden.
Das Haus war weiss getüncht, und aus dem Schornstein qualmte es.
Der Wind rauschte durch die Bäume und flüsterte ihr zu:"La Follye."
Doch jäh wurde sie aus ihren Träumen gerisen, als etwas mit weichem Fell auf sie sprang.
"Quoi?!" Lorainne schreckte hoch und griff instinktiv unter ihr Kissen nach dem großen Dolch, den sie von Simon bekommen hatte, bevor er sich von ihr verabschiedete:"Du bist nicht sicher. Schlaf lieber mit einem Dolch unter dem Kissen."
Es war nur die Katze, die auf ihr Bett gesprungen war, da sie von Leah quer durch das Zimmer gejagt wurde.
Lorainne liess sich in ihre Kissen zurückfallen und schickte ein Stoßgebet an Lavinia.
"Leah, pas chasse le chat!" Sie versuchte bestimmt zu klingen, doch die Zweijähre kümmerte sich nicht darum, sondern stellte der Katze weiter nach, die sich nun unter das Bett verkroch und das Kind gefährlich anfauchte.
Widerwillig kroch Lorainne aus dem Bett, nahm Leah auf den Arm und öffnete die Tür zu ihrer Kammer, was die Katze auch prompt zur Flucht nutzte.
Leah -ihres Spielgefährten beraubt- schaute Lorainne böse an und Lorainne schaute ebenso böse zurück.
Wer Leahs Abstammung nicht kannte, hätte sie beide für Mutter und Tochter halten können.
Lorainne stellte das Kind wieder auf den Boden und begann mit ihrem Vortrag, während sie wasser in die Waschschüssel goss und sich frischmachte.
als sie sich umdrehte, sah sie, wie Leah, die unterdessen auf das Bett geklettert war, etwas unter dem Kopfkissen hervorzog.
Mit einem Satz war Lorainne ebenfalls wieder im Bett und nahm ihr den Dolch aus der Hand.
"Das ist scharf, Du kannst dich daran verletzen..."
Leah nickte verständig "Letzen. Dann hab ich aua, ja? tut weh."
Bevor Lorainne irgendetwas auf die altkluge Bemerkung ihres Mündel erwidern konnte, klopfte es an der Tür.