Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium
Das Lager des Grünen Ritters
Vanion:
Aufmerksam folgte Vanion Lorainnes Einteilung. Es überraschte ihn ein wenig, dass sie selbst am Wachdienst teilnahm - aber gut, dann sollte es so sein. Bisher hatte der Knappe nicht die Erfahrung gemacht, dass Ritter sich zu so etwas herabließen, aber besondere Umstände erforderten besondere Umsicht.
Schweigend löffelte er seine Suppe. Interessiert verfolgte er das sich entspannende Gespräch zwischen Fulk und Lorainne, das vor allem um Lorainnes Jugend kreiste, doch irgendwann versandete. Als er seine Schüssel geleert hatte, sah er Loraine fragend an.
Mel:
Unterdessen hatte Fulk heisses Wasser aufgesetzt und hielt alle zum Spülen an.
Lorainne beugte sich zu Vanion und flüsterte:"Merk dir das hier gut. Fulk führt ein strenges Regiment und selbst die grössten Krieger wie Ansgar- er ist schon im Piulgerzug dabei gewesen- kuschen vor ihm. Wenn diese Zeiten vorbei sind, werden sie wohl alle die Erinnerung daran verdrängen wollen."
Grinsend nahm sie ihres und Vanions Geschirr und Besteck und liess es ins heisse Wasser fallen. Als sie dann aber nach dem Lappen griff, schlug Fulk ihr auf die Hände.
"Für eine Dame ziehmen sich keine Spülhände!"
Überrascht zog Lorainne ihre Hände zurück. Das Getuschel hinter ihrem Rücken hatte sie schon bemerkt und ihre Augen blitzten böse.
"Bon, wenn die Waschweiber hinter mir dann mit ihrem Getuschel fertig sind, dürfen sie abspülen. Wer sich wie ein Waschweib verhält, macht auch die Arbeit von einem. Und Fulk, Du kümmerst Dich bitte um Leah, oui?"
Auch wenn Lorainne sich an ihre neue Autorität noch nicht gewöhnt hatte, wurde diese doch von den Männern anerkannt.
"Diejenigen, die nicht zur Wache sind, sollten ein wenig schlafen. Morgen haben wir viel vor."
Erneut liess sie sich neben Vanion wieder und zog ein kleines Fläschen aus ihrem Gambeson:"Oscronner Kräuter. Tut gut und wärmt."
Sie waren zwar erst wieder seit eineinhalb Tagen im Lager, aber die Abendessen, wenn alle für den Moment zusammensaßen und das Lager nur durch die Fallen gesichert war, genoss sie doch am meisten. Sogar Vanion war herzlich aufgenommen worden. Trotz seiner tangarianische Abstammung war er jetzt einer von Ihnen.
Für einen kurzen Augenblick flammte der Gedanke in ihr auf, ob das wohl auch so wäre, wenn sich seine- wahre Abstammung- herumsprechen würde. Wäre auch dann immer noch so gut gelitten?!
Um sich nicht mit ihren Sorgen befassen zu müssen, fragte sie Vanion:"Und, magst Du mir sagen, was Dich bedrückt? Du schaust seit dem Grenzfest besonders ernst?"
Vanion:
Mit einem Lächeln lehnte Vanion den Schnaps ab.
"Was mich bedrückt?" Kurz dachte er nach. "Mein Erbe."
Das kurze Wort wog schwer in der kühlen Nachtluft.
"Du wirst gemerkt haben, dass man mich hier mit einem Lächeln gegrüßt hat. Ein Tangarianer scheint hier wohl gelitten zu sein, zumindest einer mit meinem ach so zweifelhaften Ruf." Ein schelmisches Grinsen begleitete die Worte. "Aber ich frage mich - was würde man von mir halten, wenn man wüsste, wer ich bin? Seien wir ehrlich - hier oben gilt der Name mehr als die Tat."
Als er Lorainnes abweisendes Gesicht sah, überlegte Vanion, ob es nicht doch eine schlechte Idee war, dieses Thema angeschnitten zu haben. Rasch lenkte er also ab:
"Und ..natürlich ist es nicht ganz einfach, sich zu verändern." Das war nichts als die Wahrheit, stellte er zu seinem eigenen Erstaunen fest. "Als du verschwunden warst, bin ich über mich hinausgewachsen. Es wäre vermessen, das nicht zu sehen. Und nun, da du wieder da bist, wollte ich die Verantwortung, die ich getragen habe, gänzlich in deine Hände geben - aber so einfach ist es wohl nicht, schätze ich. Mit dem Rittertum kommen Aufgaben auf mich zu, an denen ich schwer zu tragen habe. Lektionen in Demut, Lektionen in Betragen, aber auch Lektionen über Ideen. Der Bauer, der ich gewesen bin, würde an solchen Aufgaben scheitern - also ist es Zeit, zu dem Ritter zu werden, der ich sein will, n'est-ce pas? Keine Rumblödeleien mehr, kein hemmungsloses Trinken, aber eben auch keine Abende mehr in zweifelhafter Gesellschaft. Der Ruf eines Ritters ist das, was ihn ausmacht, der Ritter ist so gut wie sein Schwert, sein Knappe, sein Pferd, und eben sein Ruf. Alleine was Sir William of York von mir hält, wäre vermutlich einen Handschuh wert. Was ich von Rania halte, ist einen ganzen Kleiderschrank wert, bei den Göttern."
Auf Lorainnes fragenden Blick fuhr er fort:
"Ich wusste nie soviel über sie, wie ich es nun tue. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich das auch lieber für mich behalten."
Mel:
Lorainne nickte, als er über Rania sprach:"Behalte es für Dich, doch bedenke immer: Ohne sie wäre ich verloren gewesen. SI ewra mein Licht, sie hat mich hier gehalten. Wer weiss was passiert wäre, wären wir nicht beide in diesem Ritual..."
Sie stockte. Auch wenn sie sich nur schemenhaft erinnern konnte, jagden ihr diese doch noch immer Angst und schrecken ein.
"Und was Deine... Familie angeht"; Lorainne wählte jedes wOrt offenbar mit bedacht, "es wpielt hier eben keine Rolle, woher Du kommst, was und wer Du bist. Es gibt hier nicht die Unterschiede, die es außerhalb des waldes gibt. Zumindest sind diese Unterschiede hier viel kleiner. Und wenn Du sie alle überzeugen kannst, dass Du nicht... so bist, wie... die Roqueforts bisher, dann wird es auch später, draußen keine Rolle mehr spielen."
Insgeheim schickte sie Stoßgebete an die Götter. Lasst es auch mich endlich glauben.
"Dein Vater, Barak; erzähl mir von ihm, wie war er? Denn offenbar schlägt er schon aus der Art. Ich hätte ihn gerne kennengelernt."
Und das stimmte. Von dem wenigen, was sie bisher über Barak Bachlauf gehört hatte, war sie sicher, dass es mit ihm Frieden zwischen den Roqueforts und den La Follyes gegeben hätte. Doch jetzt war es an ihr uns Vanion, diesen nach so vielen Jahren- generationen- endlich zu schaffen.
Und Lorainnen betete unablässig, dass sie es konnte, dass die Zeit der Versöhnung eintreffen würde, mit Vanion und Leah. Besonders für Leah.
Vanion:
Schweigend sah Vanion ins Feuer. Sein Vater.. er hätte sich nur gewünscht, ihn fragen zu können, ob ihm jemals bewusst gewesen war, wer sein Vater war. Doch dazu war es nicht gekommen.
"Er war ein Brummbär. Hat sich irgendwann einen Bart stehen lassen, der im Alter erst grau und dann weiß wurde. Anfangs war er feuerrot. Vater war immer gütig, aber auch streng. Die Familie galt ihm mehr als alles andere. Als ich damals mit Marius den Hof verließ" - es kam Vanion vor, als redete er von einer anderen Welt - "war das für ihn wie ein Verrat an der Familie. Sein Sohn hatte alles in den Wind geschmissen, was der Vater ihm beigebracht hatte, und dann nochmal kräftig darauf gespuckt."
Eine kleine Pause entstand, in der Vanion das Geschehene noch einmal Revue passieren ließ.
"Doch - er wäre nicht mein Vater, wenn er mir nicht verziehen hätte. Als du mich wieder zu meinen Eltern geschickt hattest, um diese Sache zu bereinigen.. sein Stolz hat nicht zugelassen, das Gesagte zu entschuldigen. Seine harten Worte standen dennoch nicht mehr zwischen uns, er hatte mir längst verziehen. Barak war stets ein guter Mann, er hat seine Frau nie geschlagen, und seine Kinder auch nur, wenn sie es verdient hatten. Liebevoll und zärtlich konnte er sein, aber ausgefuchst und geschickt in der kleinsten Verhandlung. Geizig war er wohl, ja - jedes Kupferstück hat er umgedreht, bevor er es ausgab. Jedenfalls war das so, wenn er Geschäfte tätigte - Saat einkaufte, Ernte verkaufte. Nur abends, wenn er mit seinen Freunden einen Krug auf zwei (oder mehr..) gehoben hat, dann war er spendabel. Wer sein Freund war, konnte immer auf ein Bier, bezahlt mit Kupfer aus seinem Beutel, hoffen. Seltsamerweise wurde er nie ausgenutzt, dafür war er wahrscheinlich zu autoritär."
Langsam verblassten die angenehmen Erinnerungen, und langsam, aber sicher, tauchten die unangenehmen auf.
"Doch er war auch stolz und stur. Wer es sich mit ihm verscherzt hatte, den sah er, verzeih den Ausdruck, mit dem Arsch nicht mehr an, dem wünschte er Pest und Tod an den Hals. Sonja, meine Mutter, hat eine Schwester, die vor Jahren schon starb. Er hatte meine Tante immer gehasst, weshalb, weiß ich gar nicht. Und er weigerte sich gar, zu der Beerdigung zu kommen. Auch hatte er dafür gesorgt, dass ein Konkurrent in Norodar, der ihn um einen eher kleinen Betrag betrogen hatte, Haus und Heim an Gläubiger verlor, nachdem sein Ruf ruiniert war. Es hieß plötzlich überall, dass der Kerl ein mieser Taschenspieler und noch größerer Betrüger war, dabei hatte er meinen Vater nur bei einem kleinen Handel etwas über den Tisch gezogen. Barak hat damit sogar geprahlt, dass der Ruf dieses Mannes durch ihn und seine Freunde ruiniert worden war."
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