Der Geruch nach Erbrochenem, verschüttetem Bier, Schweiß und ungewaschenen Körpern war im ganzen Raum zugegen. Während an der Tür noch ein Hauch frischer Luft das Atmen leichter machte, wurde gegen Mitte des Raumes die Luft zum Schneiden dick, da an der Rückwand ein offener Kamin qualmte. Über den Flammen blubberte irgendein undefinierbarer Eintopf vor sich hin.
Eine sehr rundliche Schankmaid mit verdreckter Schürze und einem schmuddeligem Kleid kämpfte sich mit einfachen Krügen und billigen Schalen durch die Zecher. Ihre derben Flüche und zotigen Scherze passten perfekt zum Publikum des Ladens.
Hinter der Theke zapfte der ebenfalls sehr beleibte Wirt dunkles Bier (erstaunlich reichhaltig in Duft und Geschmack), schenkte einen Schnaps aus, der einem die Tränen in die Augen trieb und scheuchte die Schankmaid herum.
An der Tür saßen an einem Tisch drei Gardisten niedrigen Ranges und maulten über irgendeine neue Order. Offenbar fühlten sie sich in dieser Umgebung sicher vor möglichen hochgestellten Ohren, denn schon bald wurde aus der Maulerei über Anordnungen feistes Gemecker über die Vorgesetzten.
"...dieser dämliche Schnösel! Wenn der miterlebt hätte, was ich schon geseh'n hab..." - "Ach, du weißt doch, wie die sind! Kaum erhebt man sie auf 'nen Posten, schon vergessen sie, wie's 'unten' war!" - "Ja, ja, es is wie bei die Hühner auffer Stange! Guckste nach unten, siehste nur Scheiße! Und guckste nach oben, siehste nur Arschlöcher!" - Gelächter...
Die Theke bot 5 Hockerplätze, von denen zwei jeweils am Tür-Ende und einer am anderen Ende besetzt waren. Die beiden Männer am vorderen Bereich diskutierten über die Preisentwicklung in Engonia ("Ich sag dir, es sind die ganzen zurückkehrenden Flüchtlinge, die die Preise kaputt machen!"), während der einzelne Mann am hinteren Thekenende sich mit dem Wirt unterhielt. Seiner Statur und der Lederschürze zufolge war er Schmied.
An einem Tisch in der Mitte des Raumes stritten sich zwei Frauen: "...und ich sag dir, die Alte bescheißt! Das waren nie im Leben 5 Ellen!" - "So'n Quatsch! Wenn du nicht auseinandergegangen wärst, wie ein Hefekloß, würde dir der Fetzen auch passen!" - "Willst du etwa sagen, ich wäre dick geworden?!?" - "Nein, ich will sagen, du bist FETT geworden!" - "DAS LASS ICH MIR VON DIR NICHT BIETEN!" - "PAH! Dann geh doch allein zu diesem Garnmacher und kauf das Zeug für deine lächerlichen Borten! Wirst ja sehen, was der dir für'n Preis macht, wenn ich nicht dabei bin!" - Gezeter
Daneben saßen vier Männer beim Würfelspiel. "...will mir seine olle Mähre verkaufen." - "Da macht ihr beide kein gutes Geschäft, an dem Vieh ist doch nix dran!" - "Na, für 'nen Sauerbraten wird's doch wohl noch reichen, oder?!" - "Da kannste auch Schuhsohlen kauen!" - "Ich denk, für's Leder und für Mähne und Schweifhaar kann ich noch was rausschlagen." - "Hast du dir das Vieh mal angeguckt? Die sieht aus, als hätt einer 'ne Ziege dran knabbern lassen!" - "Na, was soll ich denn machen? Um sie irgendwo einzustallen und fett zu füttern fehlt mir das Geld!"
Nahe dem Feuer hockten zwei ältere Männer in verlottertem Zustand und kippten einen Schnaps nach dem nächsten.
"Buah, das Zeug ist fast so schlimm, wie der Travarica von dem alten Starinski!" - "Jau, fürchterlich!" - Gelächter - "HE WIRT! NOCH EINEN!" - "BRING ZWEI!"
In der hintersten Ecke saß hinter einem Tisch, den gesamten Schankraum im Blick, ein dunkel gekleideter Mann, an dessen Seite eine dralle Schönheit lehnte, die ihm mit langen, lackierten Fingernägeln den Nacken kraulte. Die ganze Erscheinung des Mannes war um Unauffälligkeit bemüht. Sein Haar war braun und im Gesicht trug er einen Drei-Tage-Bart. Die Kleidung schien von guter Qualität; Borten und Stickereien waren kunstvoll, aber in ebenso gedeckten Farben, wie der Stoff darunter. Im krassen Gegensatz dazu war die Frau geradezu unmöglich zu übersehen: Ihr Gesicht war stark geschminkt, die lockige Haarpracht hell gefärbt. Das Mieder aus rötlich gefärbtem Leder presste ihre üppige Oberweite fast aus dem Ausschnitt ihres hellen, schulterfreien Hemdes. Goldfarbene Ohrringe, mehrere Glasperlen-Ketten um den Hals und unzählige Armreifen aus Messing klapperten bei jeder Bewegung. Unter dem Mieder präsentierte sich eine ausladende Hüfte unter Unmengen von rosa-rotem Stoff, die mit einem Tuch mit klimpernden Münzen noch hervorgehoben wurde. Der recht hoch angesetzte Rocksaum ließ den Blick auf das helle Unterkleid, verschlissene, rote Frauen-Lederstiefel mit erhöhtem Absatz und ein Stück der Unterschenkel frei.
Bemerkte die Frau, dass sie angeschaut wurde, entblößte sie in einem breiten Lächeln einen Mund voller gelber und fauler Zähne.
Etwas abseits dieses Paares stand noch ein kleiner, verschlagen wirkender Kerl mit einer breiten Narbe quer über dem Gesicht.
Auf ein fast unmerkliches Nicken des dunkel Gekleideten hin scheuchte der Wirt die Schankmaid mit einem großen Humpen schäumenden Bieres zu dessen Tisch.
Es war noch früh am Abend - ein Teil der Tische und Stühle und auch zwei Plätze an der Theke waren noch nicht besetzt.