Der Städtebund von Tangara > Brega
In der Umgebung von Brega.
Vanion:
"Nach dem, was ich für dich getan habe, kann ich nicht einfach wegsehen und so tun, als sei alles, was geschieht, allein deine Verantwortung, weil ich dein Knappe bin!"
Dass Anders aufgetaucht war, schien Vanion nicht zu bemerken.
"Dieses.. dieses Wissen um Rania - es zerstört alles, was ich habe! Sie war für mich ein Ideal, verstehst du das? So wie du eine Flamme der Ritterlichkeit für mich gewesen bist! So - so wie Damian eine Säule der Gerechtigkeit ist, ganz so, wie Konar die Krone der Schlechtigkeit war! Rania.."
Er hatte nicht einmal bemerkt, dass er sich wieder hatte fallen lassen und nun zu Lorainnes Füßen auf dem Boden saß. Er wischte sich durch's Gesicht und zog die Nase hoch.
"Ich habe soviel über das Ideal der Liebe gesprochen. Die Idee der Liebe! Rania war für mich diese Idee! Wir sind die Guten auf dieser Welt, wir beschützen die Schwachen, wir helfen den Armen - das sind doch keine leeren Worte, oder?! Wir sind die Guten, und niemand von uns wird korrumpiert!" Doch noch während Vanion sprach, merkte er, wie verzweifelt und hohl seine Worte waren. Die Sturmrufer. Die Feuer von Brega. Alain, Jorge - selbst Konrad von Hirschsprung. Wach auf, du Narr! Du naiver Narr!
"Es ist leichter, sich hinter seiner Chevalière zu verstecken und so zu tun, als sei man für die eigenen Taten nicht verantwortlich." Vanion war sich selbst nicht sicher, ob er es sich grade leichter oder schwerer machte.
"Wenn du mein Schwert brauchst - dann hast du es."
Mel:
Lorainne sank ebenfalls in die Hocke, packte Vanion bei den Schultern und schüttelte ihn sacht.
"Bist Du wirklich so blind, dass Du das nicht siehst, dass genaus sie- Rania- eben das besagte Ideal genau erfüllt?" rief sie aus.
"Wer sonst, würde ein Kind des Täuschers -ein Monstrum- lieben? Liebe sollte selbstlos sein, rein, auch wenn derjenige, der geliebt wird, es nicht ist, n´est pas? Man liebt ihn trotz seiner Fehler. Egal, ob man selber geliebt wird oder nicht. Man will das beste für ihn, auch wenn es bedeutet, dass man den Schmerz ertragen muss, dass er einen nicht liebt."
Lorainnes Stimmer zitterte und verriet die unterdrückten Tränen.
"Dagegen kann man nicht ankämpfen, man kann nur versuchen, es zu ertragen, aber es ändert nichts an der Liebe. Sie ist trotzdem da, ob man will oder nicht... Rania- sie hat keine Bedingungen gestellt, sie hat das Kind trotz des Makels geliebt. Ja, sie hat sich auf einen Handel mit dem Täuscher eingelassen, aber nur am das Leben einer Freundin, die sie liebt, zu retten. Ohne Bedingungen zu stellen. Es war selbstlos. Das ist doch das Wesen der Liebe! Wer, wenn nicht Rania, handelt schon so... dumm?"
Lorainne holte tief Luft, bevor sie fortfuhr.
"Man tut manchmal schreckliche Dinge, weil man an sein Ideal glaubt, weil man versucht diejenigen zu schützen, die man liebt. Macht das die Liebe denn schlechter? Ist das dann ein Makel?"
Sie konnte Vanion verstehen. Die Erkenntnis, dass Ideale nur Ideale waren, dass man sie nicht erreichen konnte, war hart. Damals hatte auch sie diese Erkenntnis getroffen, dass Ritter oft wenig ritterlich waren.
SIe wusste, die nächsten Worte würden hart werden, doch sie hoffte, Vanion würde verstehen, was sie meinte.
"Wie kannst Du dir herausnehmen, über Rania zu urteilen, weil sie- den Makel, wie Du sagst- besitzt? Deine Liebe zu ihr ist nicht selbstlos, Du stellst Bedingungen. Du willst nur, dass Dir deine Idee der Liebe erhalten bleibt. Es geht nicht um Rania, nur um DEINE enttäuschten Vorstellungen, Dein enttäuschter Glaube. Aber man kann den Glauben wiederfinden- manchmal muss man nur etwas mehr suchen."
Mit einem Seitenblick auf Anders fügte sie lächeln hinzu:"Oder man wird gefunden."
Anders:
Die Kenderin stand immer noch am Rande des Feuers und schwieg. Eine Seltenheit, aber Mann konnte in einem Sturm rufen wie man wollte, die anderen Stimmen würden immer lauter sein, um einiges. Das wusste sie genau, schließlich hatte sie auch das schon ausprobiert.
//Wenn man gut zuhört hört man nur genauer hin.//, woher genau diese Worte kamen wusste sie nicht , aber sie stimmten.
Sie nahm alles auf was Vanion und Lorainne sagten, vor allem ein Paar brannten sich tief in ihre Erinnerung ein und sie wusste sie würde sie so schnell nicht wieder vergessen.
Das dumpfe Gefühl blieb, pochte weiter wie eine heilende Wunde und fühlte sich doch vollkommen fremd an.
Sie hatte in ihrem Leben nicht wirklich oft gestritten. Zickeleien und Stichelleien kamen natürlich vor und waren nicht schlimm, aber bei Streit konnte man nie wissen ob er eine Heilende oder eine zerstörerische Bahn nehmen würde.
Als Lorainne sie ansah und anlächelte, war sie doch einen Moment verwundert, dass sie sie bemerkt hatte. Die beiden Schienen so beschäftigt gewesen zu sein, dass sie für sie wohl unsichtbar gewesen war.
Dennoch lächelte sie zurück, wollte aber noch nicht näher kommen.
//Man wird gefunden? Ob man mich wohl auch findet?//
Vanion:
Vanion schüttelte nur den Kopf.
"Ich hab nie meine Ideale verraten oder aufgegeben. Als Engonia gefallen war, da hab ich mich mit der Axt zwischen wütende Pilger und hoffnungslose Soldaten gestellt, die aufgegeben hatten - um blinder Rache und Blutlust Einhalt zu gebieten. Die Sturmrufer waren genauso Soldaten wie jeder andere, sie wussten, worauf sie sich einließen, und was mit ihnen geschah, hätte jedem geschehen können. Aber Rania! Ich kenne sie seit fast sechs Jahren, und sie hat mir nie etwas darüber erzählt, nie, nie! Ich hab ihr mein Leben und meine Seele anvertraut!"
Du hast dich in ein Bild verliebt, ein Bild, das du sehen wolltest - nicht in die Realität!
Müde schob er Lorainnes Hand von seiner Schulter. Diese Art von Mitleid wollte er nicht. Er war kein Kind, das beschützt werden musste! Wieder fühlte er Wut in sich aufwallen. Warum sollte Lorainne es besser wissen als er? Sie hatte keine Ahnung, was er für Rania empfunden hatte. Ihre Interessen lagen in La Follye. Diesen Ehrgeiz teilte Vanion nicht. Er mochte der Sohn seines Vaters sein, doch hatte er sich immer abstraktere, höhere Ziele gesteckt als die Verwaltung eines Ritterlehens. Vor langer Zeit gesprochene Worte hallten in seinem Kopf wieder: Wenn du wirklich etwas ändern möchtest, dann brauchst du Macht. Szivar war mächtig - und Vanion erschrak höllisch über diesen Gedanken. Wie konnte er auch nur im Ansatz so etwas denken? Vielleicht hatte Yorik Recht, und er sah mittlerweile Szivar in allem und jedem.
"Du hast Recht - ich habe über Rania geurteilt. Dieses Kind, dieses.. dieses Ding, diese Kreatur! Wie kann man so etwas lieben, ohne dafür verurteilt zu werden? Wie kann man so etwas tragen und erdulden? Kein Mensch kann das, so stark ist niemand!" Nur mit Hilfe starker Mächte geht so etwas - nur half die Mutter oder der Täuscher?!
Mel:
"Engonia..." murmelte Lorainne vor sich her. Sie sah die Geschehnisse vor ihrem inneren Auge ablaufen, hörte Vanion nicht mehr zu, sondern starrte an ihm vorbei ins leere.
Erst als er ihre Hand abschüttelte, kehrte sie mit ihren Gedanken zurück und spürte seinen Schrecken.
"Quoi? Nicht stark genug?"
Lorainne schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht.
"Du hast recht, kein Mensch ist stark genug dazu. Weder Du noch ich, oder sonstwer. Aber vergiss nicht: Rania ist nicht irgendein Mensch. Sie ist eine Priesterin Lavinias. Die mutter ist IN ihr und wirkt durch sie. Natürlich ist sie stark genug. Wie kannst DU daran zweifeln?"
Plötzlich kam ihr ein Gedanke.
"Es ist weil... nun, ihr standet Euch sehr nahe. Hat sie... ehm... hat sie Deine Gefühle erwidert?"
William. Juliana. Verdammt!
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