Vanion bekam spontan das Gefühl, Anders umarmen zu wollen. Doch ihre letzten Worte hielten ihn zurück. Ernst sah er sie an.
"Mein Vater war ein Roquefort. Ich bin auch einer. Streng genommen sind auch meine Schwestern Roqueforts. Ich kann nicht die Vorteile, die mir diese Buchstaben bringen, genießen, und zugleich die Pflichten missachten. Ich bin durch ein Gottesurteil erst Knappe geworden, und die Götter haben so geurteilt, weil sie wussten, wer ich wirklich bin, als es noch niemand wusste, wahrscheinlich nicht einmal Savaric. Das kann ich nicht in den Wind schlagen!
Lass es mich ganz stumpf sagen: wie kann ich Chevalier Vanion de Roquefort sein, wenn Roquefort nicht meine Familie und zugleich das Ritterlehen meiner Familie ist? Eine Anklage wäre gerecht, da hast du Recht. Aber dazu wird es niemals kommen. Also habe ich keinen angenehmen Ausweg. Ich verrate Lorainne oder meine Familie. Savaric ist böse, ja, aber eben Teil meiner Familie, verstehst du? Eine Familie steht zueinander in den schlimmsten Nöten, bedingungslos."
Bevor er weiter sprach, sah er sich aufmerksam um. Dann beugte er sich vor und senkte die Stimme:
"Du weißt genau wie ich, was Lorainne Alain angetan hat! Und verraten wir sie deshalb? Lorainne hat foltern lassen, als wir in Reichsfeld waren. Wir stehen treu zu ihr. Sie würde nicht zögern, unser aller Leben für ihre Sache zu opfern, wenn sie keinen anderen Ausweg wüsste. Doch wir urteilen nicht, nein. Sie ist Familie für uns und wir stehen treu zu ihr. Sie sagt manchmal, dass ich nicht wie mein Onkel, nicht wie andere Roqueforts bin. Es ist an mir, den Leumund, Ruf und die Ehre Roqueforts wiederherzustellen. Wie kann ich das, wenn ich mit einem Sippenmord beginne?"