Autor Thema: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.  (Gelesen 7666 mal)

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Offline Simon de Bourvis

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Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« am: 14. Jan 15, 20:55 »
Nach seiner Ankunft hatte Simon sich in einer Schänke in den Aussenbezirken einquartiert, die Preise der besseren Unterkünfte wie dem "Vollen Krug" überstiegen den Inhalt seiner Börse.

Am Folgetag wurde er in seiner besten neuen Tunika im Palast vorstellig und bat um eine Audienz. Bald fand er sich in den äusseren Hallen vor dem Thronsaal wieder, in denen sich die Bittsteller, Höflinge, Damen und niedere Vasallen ihrer Majestät tummelten.

Er begrüsste den einen oder anderen Ritter, den er zumindest oberflächlich kannte, spazierte aber sonst  am Rande der Menschentrauben durch die Hallen und bewunderte ihre Schönheit. Immerhin konnte er den Gesprächen entnehmen, dass seine Cousine bei Hof weilte, vielleicht würde er sie ja noch zu sehen bekommen. Er entschied sich dagegen ihren Aufenthaltsort ausfindig zu machen und überliess es den Göttern sie zusammen zu führen, immerhin mochte eine offen zur Schau gestellte Freundlichkeit sich am Ende zum Nachteil auswirken.

Seine Kleidung, obwohl ausnahmsweise neu, sauber und ungeflickt, erschien ihm ärmlich im Vergleich mit den menschen hier und er war sich bewusst, dass er gaffen musste, wie ein Bauer vom Lande.
Aber es war ja durchaus möglich, dass er nie wieder würde hierherkommen dürfen, also fand er, er könne den Anblick ruhig ausgiebig geniessen.
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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #1 am: 17. Jan 15, 11:24 »
Die Audienzen dauerten den ganzen Tag und so dauerte es eine ganze Weile bis Simon de Bourvis vom Herold aufgerufen wurde.
Der Mann vergewisserte sich das er die Gepflogenheiten der Audienz kannte und kündigte ihn kurz darauf an:
"Der Ritter seiner Majestät, Simon de Bourvis, Mitbegründer des Pilgerzuges, Held der Schlachten um Brega, Ahrnburg und Engonia!"
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Offline Simon de Bourvis

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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #2 am: 17. Jan 15, 16:24 »
Simons eingefrorenes Lächeln wurde eine Grimasse, als das Wort "Held" fiel. Er musste sich beinahe zwingen seine Beine zu bewegen, um vorzutreten.
Mechanisch marschierte er mit langen Schritten durch den Saal, während ihm Bilder der aufgequollenen Gesichter der Leichen der Männer, die er in den Tod geschickt hatte durch den Kopf jagten.
"Held" war ein Wort, dass man auf der Bestattung von Kriegern benutzte, um ihren Tod für Kameraden und Angehörige sinnvoll erscheinen zu lassen.
"Dein Sohn war ein Held" hatte er zu so mancher Mutter in Bourvis sagen müssen, gefolgt von "Er hat nicht leiden müssen, es ging ganz schnell". Und alle waren froh gewesen, die schöne Lüge glauben zu dürfen. Selbst die, die es hätten besser wissen müssen.
Aber der Herzog von Hahnekamp erfreute sich immernoch bester Gesundheit. Ausgerechnet der Mann, der...
Nicht gerade jetzt, reiss dich zusammen! schalt er sich.

In dem angemessenen Abstand vor dem Thron sank er auf das rechte Knie und beugte den Kopf. Gerade rechtzeitig erinnerte er sich an seinen Hut und riss ihn sich mit einer zackigen Bewegung herunter.

Er fixierte das Muster der Bodenplatten und wartete geduldig darauf, angesprochen zu werden, dankbar für den Moment, seine Gedanken sammeln zu können.
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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #3 am: 17. Jan 15, 16:39 »
"Erhebt euch, Simon de Bourvis, und tretet näher. Es ist bereits lange her seitdem wir euch in Donnerheim begrüßen durften."
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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #4 am: 17. Jan 15, 17:11 »
Lavinia, lass mich jetzt nicht im Stich, Aine, lass mich gesetzte Worte finden, Heiliger Nelor,  lass mich und meine Sippe nicht wie die Barbaren erscheinen, die wir einst waren!

Er kam auf die Füsse und legte die Hälfte der Distanz zwischen ihnen zurück, bevor er stehenblieb.
Immernoch so weit entfernt, immernoch mehr ein Schauspiel für die Hohen Damen und Herren um sie herum als ein ehrliches Gespräch.

Sie schien kleiner zu sein, als in seiner Erinnerung, zierlicher, hatte er sie doch in den Jahren meist nur aus der Entfernung sehen können. So nah jetzt, aber doch immernoch Meilen getrennt von der Frau, die dieses Reich zusammenhielt.

"Euer Majestät, es dauert mich, nicht öfter Eure Gastfreundschaft genossen haben zu dürfen. Doch nicht mangelnde Zuneigung war es, die mich von Eurer Majestät fernhielt, nur die Furcht, mein Mangel an courtoise bereite Eurer Majestät mehr Verdruss, als meine Anwesenheit das Gemüt Eurer Majestät hätte erhellen können."
Oh ihr Götter, was schwafele ich denn da, kurz, genau und auf den Punkt! DAS gefällt ihr, das WEISST du doch!

Er blickte in ihre unergründlichen Augen, mit einem kleinen entschuldigenden Lächeln auf den Lippen, von dem er hoffte, dass es als "Ich gebe mir Mühe, Euch nicht zu brüskieren, aber ich kenne die Regeln Eures Spiels nicht." verstanden würde.
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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #5 am: 17. Jan 15, 17:36 »
Etwas wie ein Lächeln erschien kurz im Mundwinkel der Herrscherin, bevor ihr Gesicht wieder unergründlich wurde. Sie musterte den vor ihr stehenden Mann eine Zeitlang und schien dann zu einem Entschluss zu kommen:
"Wenn wir an einem keinen Mangel haben, so ist es der Glaube an die Verlässlichkeit unserer firngarder Ritter. Wir danken den Göttern uns mit diesen Kriegern gesegnet zu haben. Wenn nun einer von ihnen diesen Hof beehrt, sind wir bereit ihm unser Ohr zu leihen. Begleitet uns auf einem kleinen Spaziergang, Herr Simon."
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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #6 am: 17. Jan 15, 17:46 »
Darf sie das? Darf ich das annehmen? Ich kann es auf keinen Fall ablehnen...Ihm schwirrte der Kopf.
Er senkte respektvoll den Kopf "Was auch immer Eure Majestät wünschen.", sofort kam er sich schäbig vor, als er an den Grund seines Hierseins dachte.


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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #7 am: 17. Jan 15, 18:58 »
Etwas wie ein Raunen ging durch den Saal als die Imperatorin ihren Befehl, denn nichts anderes als das war es ja, kundgab. Sie erhob sich und schritt die Stufen herab. Hinter ihr schwärmten Zofen aus und sorgten dafür das die Schleppe ihres Gewandes nirgends hängenblieb und perfekt ausgelegt wurde.
Sie schritt in Richtung der Ostwand in der ein Durchgang zu den Gärten eingelassen war.
In einigen Schritt Entfernung positionierten sich die Palastwache, ihre Hofdamen und Zofen. Es war so nahe an einem privaten Gespräch wie man es als Angehöriger des niederen Adels erreichen konnte.
"Uns erreichen unerwünschte Nachrichten aus Firngard, Herr Simon. Wollt ihr uns davon berichten?"
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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #8 am: 17. Jan 15, 19:10 »
Simon bemühte sich in dem enstehenden Gewusel an Personen mit niemandem zusammenzustossen, sicher, alle schienen genau zu wissen, wer wann wo seinen Platz im Kielwasser der Imperatorin einnahm, doch er war eine unbekannte Grösse und musste sich beeilen seinen Platz zu ihrer rechten und einen halben Schritt hinter ihr einzunehmen.

Ihre Frage brachte ihn aus dem Tritt und er musste zwei lange Schritte machen, um aufzuschliessen. kurz rangen seine Loyalität zu Lorainne und zu Loenna miteinander, aber weder verstand er sich auf das Geschäft des Lügens, noch glaubte er Lorainne damit helfen zu können.

"Meint Eure Majestät den Zwist zwischen den Häusern Roquefort und La Follye, den Zwist zwischen den Häusern Marnois und Blanchefleur oder die Umtriebe der Diener des Gottes, dessen Namen ich nicht aussprechen werde im schwarzen Wald?"
Er versuchte seine Stimme neutral zu halten, aber ihm brach kalter Schweiss bei dem Gedanken aus, er würde zwischen seiner Treue zu Lorainne und Loenna wählen müssen.
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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #9 am: 17. Jan 15, 19:26 »
"Was uns im Augenblick beschäftigt ist der Zwist zwischen Marnois und Blanchefleur. Wir können es uns nicht leisten in innere Zwistigkeiten zu verfallen wenn unsere Grenzen bei weitem noch nicht gefestigt sind. Wir haben bisher davon abgesehen uns einzumischen aber wir wollen auch nicht den Augenblick verpassen zu intervenieren bevor wir mit der ganzen Schwere unseres Namens agieren müssen."
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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #10 am: 17. Jan 15, 19:40 »
"Wie ihr sicher schon wisst, Eure Majestät, pivotiert ihr Zwist um die Frage der Nachfolge von Jules de la Follye. Sobald diese Frage geklärt ist, werden sich beide immernoch nicht mögen, aber es wird ihnen jeglicher überzeugende Grund fehlen, Streit vom Zaune zu brechen. Euer Graf hat sicherlich bereits sein Augenmerk auf beide gerichtet und wird sich darauf verstehen sie zur raison zu bringen."

Er beäugte sie von der Seite, was wollte sie nur? Es gab sicherlich nichts, was er sagen konnte, was ihr nicht längst bekannt war.
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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #11 am: 17. Jan 15, 20:09 »
"Ihr und Jules de la Follye wart Ritterbrüder. Wir gehen davon aus das ihr seine Ländereien gut genug kennt um uns verraten zu können weshalb zwei meiner Barone sich um ein schlichtes Rittergut streiten wie zwei Halbwüchsige um das letzte Stück Apfelkuchen."
Während des Gesprächs schritten sie einen der sorgfältig geharkten Pfade zwischen den für den Winter abgedeckten Blumenrabbaten entlang. Das Wetter war erstaunlich mild und die Sonne lugte zwischen den Wolken hervor um zu zeigen das der Winter irgendwann auch einmal ein Ende haben würde.
Während die Stimme der Imperatorin sich nicht änderte wurde aus ihrem Gesichtsausdruck doch deutlich, dass sie das Thema zunehmend ermüdend fand.
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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #12 am: 17. Jan 15, 20:20 »
Etwas bestürzt öffnete und schloss er den Mund erst einmal, als er diesen Vergleich hörte.
"La Follye liegt auf der Grenze, also strategisch interessant, die La Follyes haben ein erbliches Jagdrecht im Wald, seltene pelze sind immer begehrt, aber vor allem ..." er schluckte kurz "...Blanchefleur wittert überall Verschwörer und Neider und Marnois glaubt, seine familiäre Verbindung zu den La Follyes bietet eine gute Gelegenheit ein grösstmögliches Mass an Einfluss bei kleinstmöglichem Aufwand zu ergattern."
Er dachte kurz nach "Ausserdem gibt es eine offene Rechnung zwischen beiden Baronien seit der letzten Fehde um den Grafentitel."
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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #13 am: 17. Jan 15, 20:35 »
Ein kaum hörbarer Stoßseufzer entfuhr ihr und sie schien ein unfeines Wort zu murmeln, welches jedoch nicht einmal Simon wirklich hören konnte.
Sie näherten sich einer Bank im Schatten einer Laube und die Imperatorin nahm Platz. Die Zofen schwärmten erneut aus und drapierten die Kleidung bevor sie sich wieder respektvoll zurückzogen.
"Wir gehen davon aus, dass ihr einen eigenen Grund habt um uns aufzusuchen, Herr Simon. Bitte, sprecht."
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Re: Bei Hofe, Herbst 264 n.J.
« Antwort #14 am: 17. Jan 15, 20:52 »
Er war stehengeblieben und beobachtete das Treiben wortlos. Da war sie, seine Königin, auch nur ein Mensch, von Alamar ausersehen, ja, aber immernoch nur ein Mensch. Alle verliessen sich auf sie, wann immer sie nicht weiterwussten, sahen alle zu ihr auf. Und wenn die Dinge nicht so liefen, wie man es sich wünschte, war sie es, die man verantwortlich machte. Dabei versuchten sie alle, Adlige wie Gemeine immer nur die eigene sache voranzubringen, die eigene Familie, das eigene Vermögen...
Wut stieg in ihm auf, auf Blanchefleur, Marnois, Roquefort aber vor allem auf sich selbst.

Was machst du nur? Wäre es nicht deine Aufgabe, ihre Last leichter zu machen, als schwerer? Was hast du denn zwei Jahre lang getrieben? Sie konnte nicht ein Jahr lang nur das Dorfleben geniessen! Hast du sie denn völlig vergessen? Als wäre sie nicht mehr wichtig, als wäre der Schwur deiner Väter nur leeres Geschwätz gewesen!
Er wusste nicht woher es kam, aber es war als wäre etwas in ihm aufgewacht, das seit langem geschlafen hatte.

"Ich...ich kam, um etwas von Euch zu erbitten, Eure Majestät, aber gerade jetzt wird mir gewahr, dass ich vor allem Eurer Vergebung bedarf."
Er sank mit hängendem Kopf auf beide Knie, Das Blut rauschte in seinen Ohren, ihm war schwindelig, als habe er eine Treppenstufe übersehen und sei gestolpert, desorientiert.
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