Nach und nach vermisste Vanion das Umherziehen auf den Straßen Engoniens. In den letzten Jahren war er selten länger als ein paar Tage am selben Ort gewesen, und nun war er hier. An dem Ort, von dem es ihn fortgezogen hatte, vor sieben, acht Jahren. Vieles hatte sich verändert - sein Vater war mittlerweile gestorben, und auch die Familien der Nachbarn hatten sich verändert.
Die Grubers hatten drei kleine Kinder, und der alte Gruber war verstorben. Der alte Schuster hatte sein Geschäft an seinen Sohn weitergegeben und verbrachte nun jeden Abend in der Kneipe und besoff sich hemmungslos; seine Frau kümmerte sich nicht darum. Vanions Schwestern waren erwachsen geworden (nun, bis auf die Kleinste. Die war grade mal fünf Jahre alt), und seine eigene Tochter tollte mit seinen Schwestern herum.
Als er Jeanne wiedergesehen hatte, war ihm klar geworden, was er verpasst hatte. Sie war fast drei Jahre alt, und er hatte sie vielleicht ein, zwei Male im Jahr gesehen. Als sie ihn begrüßt hatte und ihn "Papa" genannt hatte, waren ihm Tränen der Rührung über die Wange geflossen. Seine Mutter hatte seiner Tochter immer und immer wieder von ihrem Vater erzählt. Einige seiner alten Saufkumpanen gab es immer noch. Der Müllerssohn Timm war mittlerweile ganz anständig, hatte geheiratet und seine Frau war das erste mal schwanger. Marlon, der Küfer, führte das Geschäft seines Vaters (und man munkelte, dass der Wechsel nicht so recht vom Vater gewollt worden war). Marie und Ilona, zwei Mädels - nein, Frauen waren sie nun -, mit denen er aufgewachsen war, hatten das Schneiderhandwerk erlernt.
Kurzum, das Leben in Fanada war weitergegangen. Vanions Rücken schmerzte - er hatte mit einer Sense hohes Gras von einem brachliegenden Acker geschnitten. Als er sich aufrichtete und den Rücken durchdrückte fiel sein Blick in die Nachmittagssonne. Geblendet hob er die Hand, dann wandte er sich ab, wischte sich über die verschwitzte Stirn und machte sich auf den Weg nach Hause.
Auf dem Innenhof des kleinen Gehöfts sah er seine Tochter, die grade Marie das leben schwer machte. Rasch hob er das stürmische Kind auf seinen Arm und drehte sich mit ihr. Das Lachen der beiden schallte über den Hof, und aus der Küche roch es verführerisch nach Braten.
Als Marie ihn anlächelte, erwiderte er es, ohne eine Spur von Sorge. Hier herrschte Frieden.
Nach einem ausgiebigen Abendessen begab sich Vanion in seiner Kammer. Das Tagewerk war vollbracht, und er war müde. Kurz verweilten seine Gedanken bei denen, mit denen er die letzten Jahre verbracht hatte. Anfangs hatte er sich Vorwürfe gemacht, doch je länger er hier war, desto richtiger erschien ihm seine Entscheidung. Dennoch zündete er eine kleine, dicke Kerze an und sandte ein Gebet zu den Göttern. Er bat um Beistand und Schutz für seine Freunde, und er bat um Gnade und Einsicht für Savaric. Kurz danach schlief er ein.