Der Städtebund von Tangara > Ayd'Owl-Akademie
Die Akademie zur Ayd'Owl im Sommer 265 n.J.
Rikhard Kraftweber:
"Das sind großartige Neuigkeiten! Aber - Details gleich mit den ganz hohen Tieren besprechen? Das wundert mich schon ein wenig. Haben die keine Verwaltung oder sowas?"
Das Angebot des Minzmets nahm er gerne an. Er ließ die Flüssigkeit in seinem Mund ein wenig kreisen, dann schluckte er. "Ganz hervorragend!" Er grinste breit, dann griff er in seinen Geldbeutel und zog ein paar Kupfermünzen hervor. "Ich möchte mich an dieser Flasche beteiligen. Oder möchtest du sie allein leer machen?"
Rikhard traute ihr das durchaus zu, aber die Bemerkung war eher scherzhaft gemeint als eine ernsthafte Nachfrage.
"Also - ich kann mich an der Ayd'Owl einschreiben, ohne Gefahr zu laufen, nach zwei Wochen wieder fortgejagt zu werden. Gut! Ich dachte, ich bräuchte deutlich mehr Geld. Selbst die neuen Schüler tragen recht ordentliche Stoffe, hab ich gesehen, und das Lehrmaterial wird ja auch nur teilweise gestellt, oder? Bei Aine, es ist wirklich eine Schande, dass ich nicht von hier bin. Jetzt hab ich bereits ein paar Tage verloren, die ich mit Lernen hätte verbringen können! Naja. Aber trotzdem, auch wenn die Akademie meine Auslagen übernimmt, ich wäre ganz gern unabhängig. Auf diesen Reisen, dir ihr unternehmt, kann man da nicht vielleicht auch.. naja, die ein oder andere Münze verdienen? Ich könnte mich durchaus nützlich machen!"
Ich hoffe nur, dass ich keine Pferde versorgen muss. Oder irgendwas tragen muss. Ich bin doch kein tumber Holzfäller, dessen Fähigkeiten abseits der Körperkraft nicht existieren..
Sandra:
"Du kannst dich gern beteiligen, ich hätte sie aber auch alleine getrunken. Gegebenenfalls bestellen wir uns dann eben was neues."
Sie trank noch einen Schluck und genoss die kühlende, süße Note.
"Bei Sonderfragen sind wir ja außerhalb der üblichen Bürokratie und nicht die Regel. Als normaler Schüler der Akademie, der Schulgeld bezahlt und auch außer auf gemeinsamen Expeditionen hier bleibt bräuchte man das wohl nicht. Und ob und wo du dich auf Reisen nützlich machen kannst weiß ich nicht - was schwebt dir denn vor? Für kleinere Arbeiten aus Bequemlichkeit und Zeit haben wir eigentlich gerade jemanden und viel fällt da ja normalerweise nicht an... Bei fortgeschrittener Ausbildung gibt es dann noch die Möglichkeit, sich mit Magie etwas dazu zu verdienen oder auch die Unterkunft zu bezahlen - doch das klappt auch nicht immer und überall."
Sie dachte an Gorix' Auftrag am Beran im vergangenen Winter an sie und Balerian, damit ihre Unterkunft zu bezahlen.
Rikhard Kraftweber:
"Müsst ihr nicht Buch führen? Über Reisekosten, Ereignisse und überhaupt den Weg und das Ziel eurer Reise? Grade wenn es für die Akademie gedacht ist. Das könnte ich übernehmen!" Ich mache etwas nützliches, und ich erfahre zumindest die offizielle Version für die Nachwelt.
"Auf solchen Reisen passiert doch immer irgendetwas, was eine zusätzliche Hand nötig macht. Aber eins nach dem anderen, nicht wahr? Erstmal sollte ich mich durch die Einschreibungsformulare an der Ayd'Owl kämpfen - und zuallererst sollten wir ein wenig mehr trinken." Der Abend mochte gewiss noch lustig werden, und wenn man zu besoffen werden würde, könnte man immer noch gehen.
Und das tat der Abend auch. Rikhard und Stella unterhielten sich weiter, und die kleine Taverne wurde immer voller und voller. Irgendwann stiegen zwei Sängerinnen auf das Podest und sangen einige Duette, begleitet von einem grobschlächtigen Kerl mit einer Laute. Rikhard fand das sehr interessant: der Mann war wirklich breit und muskulös, und eine dicke, vernarbte Wulst durchzog sein Gesicht auf der linken Seite. Doch die Töne, die er seiner Laute entlockte, waren gut getroffen, sanft und verspielt.
Die zwei Gesichter des Krieges. In einer Pause sprach Rikhard den Mann an, und tatsächlich entpuppte sich im Laufe des Gesprächs, dass der Mann seine Verletzung am Tag des Wolfes hier in Fanada erhalten hatte. Kurzerhand fragte Rikhard, ob Ulf, so hieß der Mann, nicht erzählen wollte, was damals geschehen war, doch der schüttelte nur den Kopf. Dennoch nahm Rikhard sich vor, nachzulesen, was dort geschehen war. Er wusste, dass es an der Ayd'Owl Aufzeichnungen dazu gab, und würde sich diese in den nächsten Tagen durchlesen.
Irgendwann wurde es ruhiger, und die Bedienung wirkte ein wenig entspannter. Ein angenehmes, warmes Gefühl erfüllte Rikhard. Der Alkohol, der Gesang und die angenehmen, angeregten Gespräche mit Stella hatten ihr übriges getan. Die Hände über dem Bauch verschränkt, hatte er sich in seinem Stuhl zurückgelehnt und die Augen halb geschlossen. In diesem beduselten Zustand spürte er plötzlich den Drang, über sich zu erzählen, und kurzerhand erzählte er Stella, dass er in Silvanaja geboren und aufgewachsen war.
"Um genau zu sein, in einem kleinen Dorf. Ich bin anfangs wie jeder andere Silvanajer gewesen, glaube ich. Aber irgendwann hab ich angefangen, Kräfte zu spüren. Manchmal war es, als sähe ich durch die stoffliche Welt hindurch und würde etwas wahrnehmen. Weißt du, wie Adern unter der Haut - du siehst sie, aber auch wieder nicht so richtig, und längst nicht überall! Das war wirklich seltsam. Und irgenwann, da hab ich einfach in so eine Ader hineingegriffen. Das war, als meine Schwester grade mit einem Kuchen hereinkam. Und ich wollte diesen Kuchen wirklich haben! Na, und dann flog der Teller aus Idras Hand und landete direkt in meinen Armen. Die hat vielleicht drein geschaut, als hätte sie einen Geist gesehen!" Tja, und dann kam Grolf, der Dorfschamane.. und alles ging den Bach runter.
Sandra:
Als Rikhard den Mann auf seine Verletzung ansprach und dieser den Tag des Wolfes erwähnte, musste Stella an die Erzählungen über diesen Tag denken.
Fanada hatte sich verändert in der Zeit des Krieges als sie nicht in Engonien war und entsprechend schockiert über das, was hier vorgefallen war war sie, als sie zurück kam. Doch man hatte eifrig daran gearbeitet, die Stadt wieder in altem Glanz erblühen zu lassen.
Und sie war stolz auf Fanada, Stadt des Widerstandes. So manches Mal hatte sie sich vorgestellt, wie es am Abend vor der Schlacht ausgesehen haben musste, als die ganze Stadt von Kerzen hell erleuchtet war und wie am nächsten Tag Unterstützung aus ganz Engonien eintraf, um Fanada im Kampf gegen den Lupus Umbra zu unterstützen.
Als der Abend ruhiger wurde begann Rikhard plötzlich von seiner Heimat zu erzählen.
Noch ein Magier aus Silvanaja, da muss ein Nest sein... grinste sie in sich hinein. Doch er war so anders als Kydora, die Schamanin.
"Ja, ich kenne das Gefühl, wenn man plötzlich Dinge geschehen lässt...Bei mir waren heftige Emotionen der Auslöser dafür. Und bei dir im Dorf gab es dann wohl niemanden, der sich mit Magie auskannte?"
Rikhard Kraftweber:
"Oh, einen gab es."
Rikhard starrte den Boden seines Kruges an. Er seufzte.
"Es gab - und gibt - einen Schamanen. Ein alter Mann, dünn und ausgemergelt und ungewaschen und stinkend wie drei Schwarzbären. Wann immer er konnte, rasselte er mit kleinen Knöchelchen, krächzte irgendetwas vom Weltuntergang und verlangte den besten Teil der Jagd für sich.
Anfangs glaubte ich ihm, als er wilde Geschichten erzählte. Von Naturgeistern, von Tiergeistern, die er beschwören und beherrschen könne. Des Nachts sorgte er manchmal dafür, dass die Flammen ihre Farbe wechselten, passend zu den Schauergeschichten, die er erzählte, und wenn er bestimmte Worte rief, dann drängten sich die Schatten um ihn herum zusammen und dunkler, schwarzer Qualm entstand! Dabei blieb es natürlich nicht, wenn sich jemand verletzte, dann trug er seltsame, dickflüssige Tinkturen auf, machte Kräuterumschläge und sang die Schmerzen fort und vertrieb böse Geister.
Ich hab ihn immer gemocht, was dich vielleicht überrascht. Er gehörte zum Dorf wie Haus und Herd zum Heim, seit ich denken kann, war er da. Aber als ich diesen Teller bewegt hatte, zeigte er Interesse an mir. Vorher war ich nur einer von vielen Dorfbewohnern gewesen. Nun aber wollte er mich fast täglich sehen, er fragte mich aus, darüber, was ich denn sehen würde, und ob ich nicht in der Lage wäre, Feuer heraufzubeschwören oder andere Zauber zu wirken.
So ging das ein paar Wochen, bis dann eines abends wieder eine seiner Zeremonien anstand. Er wollte etwas opfern, um Tiergeister zu besänftigen, die angeblich zornig geworden waren. Er begann also seinen Singsang, und ich war neugierig. Den ganzen Tag schon konnte ich irgendwie spüren, wie die Magie sich bewegte, wie sie alles um mich herum durchfloss. Und ich hatte eine kleine Glasscherbe in der Hand, eine blaue." Die hat meine Mutter mir geschenkt, als ich drei oder vier war... ich frage mich, wo sie die her hatte.
"Ich spielte also mit dieser Scherbe herum, während ich wie alle anderen zuschaue, und irgendwie kam ich auf die Idee, hindurch zu schauen. Grolf hatte mir erzählt, dass man durch einen Fokus diese Kraftlinien besser erkennen kann - und ich sah ins Feuer, grade als Grolf in den schrillsten, höchsten Tönen brüllte. Ich erwartete ein Aufflackern der Magie zu sehen, zu spüren, irgendetwas - aber ich spürte rein gar nichts. Stattdessen sah ich, wie Grolfs Hand in seinen Beutel glitt, er ein Pulver hervorzog und es unauffällig in die Flammen streute. Und die loderten nun nicht mehr rot und gelb, sondern blau und grün! Ooohs und Aaahs gingen durch die Menge, aber mir war klar geworden, dass dieser Schamane ein Betrüger war."
Und ein Großteil der Dorfbewohner ungebildet und dumm.
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