Autor Thema: Einwände  (Gelesen 9412 mal)

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Offline Sandra

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Re: Einwände
« Antwort #30 am: 22. Jul 15, 13:26 »
"Gut, dann hätten wir das ja geklärt. Wie andere durch diese Handlung auf dich reagieren werden, wirst du wohl selbst herausfinden müssen - oder diese Frage unbeantwortet lassen indem du ihnen aus dem Weg gehst."

Einen Moment hielt sie die Luft an nachdem sie den Mund zum weiter sprechen geöffnet hatte und sah Vanion an bevor sie ihn kurz und knapp fragte:

"Bier?"
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Offline Vanion

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Re: Einwände
« Antwort #31 am: 22. Jul 15, 17:30 »
"Nein, danke." Er schmunzelte.

Die beiden plauderten noch eine Weile, und Stella verabschiedete sich.

_________________________________

Am nächsten Morgen kreiste ein ungewöhnlicher Vogel über dem Hof. Möwen zu dieser Jahreszeit soweit im Inland waren doch eher selten. Aber die Möwe schien genau dorthin zu wollen. Vanion hatte nie gesehen, wie Anders Briefe von Lyra bekam, doch hätte er das mitbekommen, hätte er den Vogel wohl erkannt. Denn es war die gleiche Möwe, die auch immer Anders ihre Post gebracht hat.

Als Vanion erwachte, stolzierte besagte Möwe am Fußende seines Bettes herum. Eine kleine Kapsel war an ihrem Bein befestigt, und als er diese vorsichtig öffnete, kam ein kompliziert, klein gefaltetes Stück Pergament zum Vorschein. Mit einem Krächzen erhob sich die Möwe wieder in die Luft und flog aus dem Fenster.
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Offline Vanion

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Re: Einwände
« Antwort #32 am: 27. Jul 15, 15:06 »
Ein zusammengeknülltes Stück Pergament landete im Feuer. Das trockene Futter ließ die Flammen auflodern, und die grüne Tinte wurde schwarz und unleserlich.

Silas hat dein Leben für dich gegeben, weil er an dich geglaubt hat.

Auch, wenn du nicht mordest und vergewaltigst, so zeigst du dich nicht besser als dein Onkel.

Du verrätst Leute, die dir gefolgt sind, weil sie an dich glauben. Was glaubst du, wie es Anders jetzt geht? Hast vermutlich vergessen, auch nur an sie zu denken. Du nennst sie Familie. Du wärst ihr zumindest einen Abschied schuldig gewesen. Eine Erklärung.

Die erste Seite war nichts als eine Anklage, pure Bitterkeit und Enttäuschung. Die zweite Seite hielt Vanion nun in seiner Hand. Die Finger krallten sich in das Pergament, sie zitterten.

Auch die Führung eures Hofes ist wichtig und eine ehrenvolle Aufgabe. Ohne Bauern würden wir alle Hungern..

Wie alt ist deine Tochter jetzt? Drei Jahre? Ein Alter, in dem ein Kind anfängt zu verstehen, wer sein Vater ist. Ein Alter, in dem es anfängt, seinen Vater wirklich zu brauchen.

Aber macht dich dieses Leben wirklich zufrieden?


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Offline Vanion

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Re: Einwände
« Antwort #33 am: 27. Jul 15, 18:41 »
Der Tag war grade erst angebrochen, aber er fühlte sich dennoch ausgelaugt. Lyras Worte waren harsch und direkt. Seit einer guten Stunde saß er nun in der Küche vor dem Kamin, und das Feuer war ausgebrannt. "Vorwurfsvoll" war ein freundliches Wort für diesen Brief. Fast musste er Lyra komplimentieren: sie hatte mit voller Wucht zugeschlagen, nur um ihm dann verbal hoch zu helfen. Doch die Hand, die sie ihm gereicht hatte, war schlüpfrig: erst schalt sie ihn für das, was er getan hatte, und dann wünschte sie ihm alles Gute für den Weg, den er nun beschritt?

Und das Ende dieses Briefes erst. Ein Angebot, wie es deutlicher nicht sein konnte. Es gab einen Ritter, der ihn in seine Dienste aufnehmen würde. Vanion hatte sich diesen Weg versagt. Wie konnte jemand, der einen Eid verriet, einen zweiten schwören und hoffen, diesen Eid zu halten? Man mochte es drehen und wenden, wie man wollte - Vanions Gründe, Lorainne zu verlassen, mochten gerechtfertigt sein, doch die Tat selbst wurde dadurch nicht besser. Doch dieser Ritter schien bereit, darüber hinweg zu sehen, so versprachen es zumindest die letzten Zeilen.

Ein saurer Bäcker backt immer saure Brötchen.

Durch das Fenster zum Innenhof drangen glockenhelle Kinderstimmen herein. Hier war sein Platz, oder etwa nicht? Vanion gab sich keinen Illusionen hin: er hatte hier einen Platz, ja - aber wenn er nicht hier wäre, würde es niemandem schlechter gehen. Seine Schwestern waren teils verheiratet (und so manche packte härter an als der Ehemann), und seine Mutter würde den Hof schon in Schuss halten. Seine Tochter wäre in liebevollen Händen, und er wäre ja nicht aus der Welt.

Ich fühle mich wie in einem Kreis gefangen! Dreh dich, dreh dich, dreh dich... Es war, als sei er wieder am Beginn seines Weges. Die Familie verlassen, um hehre Ziele zu verfolgen? Es gab doch Ehre in der Welt! Und er, Vanion Bachlauf, war ein Ehrenmann gewesen. Wenn er eines gelernt hatte, dann doch, dass man kein Ritter zu sein brauchte, um das Richtige in der Welt zu tun. Warum jetzt damit aufhören? Er konnte den Göttern und dem Eid, den er geleistet und gebrochen hatte, immer noch treu bleiben. Er konnte Silas' Opfer ehren. Alle Wege standen ihm offen, allein der Weg nach Caldrien nicht. Mochten einige seiner Freunde ihn nun verachten, andere würden zu ihm stehen!

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In den nächsten Wochen arbeitete Vanion härter als zuvor. Doch während die Qualität seiner Arbeit zu nahm, nahm die Quantität ab. Immer öfters ließ er andere die harte Arbeit tun, stellte sogar zwei Tagelöhner ein, um bei der Weizenernte zu helfen. Und dann, an einem späten Samstagabend, versammelte er seine Familie um sich. Die Menschen, die er liebte, und die in den letzten Jahren viel für ihn durchgemacht hatten. Ruhig erklärte er ihnen, dass es ihn fortzog. Dass der Hof in guten Händen war, niemand musste sich Sorgen um seine Existenz machen - und seine Familie umarmte ihn herzlich und wünschte ihm alles Gute. Er hatte sich selbst überflüssig gemacht in den letzten Monaten, fast schon unbewusst.

Am nächsten Morgen ritt er in die aufgehende Sonne hinein. An seinem Sattel hing seine Bardike - scharf geschliffen, mit einem gänzlich neuen Schaft aus schwerem, dunklen Eichenholz. Ein gelb-blaues Bändchen baumelte daran, direkt neben einem geflochtenen Knoten aus bunten, dicken Fäden.
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