Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Geschichten und Gespräche
Fort
Mel:
"Nein, Du brauchst meine Schuld nicht auf Dich zu nehmen. Ich werde mich schon mit ihr einigen. Und gegen arbeiten habe ich nichts- irgendwobei kann man ihr sicherlich zur Hand gehen. Ob sie Dich brauchen kann- möglich, aber Du kannst SIe brauchen. Immerhin weiss sie nahezu alles über Kräuter, da kannst Du bestimmt noch einiges lernen. Ich glaube, es könnte Dir sogar Spaß machen. Und vielleicht ist das die richtige Ablenkung von... all dem." Lorainne deutete auf das kleine Distelwappen.
Anders:
Anders schwieg wieder. ihre Finger malten den weißen Schatten der Distel auf dem grünen Stoff nach. Eine Ablenknung... Sie ahnte das sie langsam mit ablenkungen nicht mehr weiter kommen würde, aber es wäre zumindest ein Anfang.
Von daher nickte sie bekräftigend.
"Dann lass uns dort hin gehen. Lernen kann man nie genug."
Soe würde sich ihre eigene Reise ein wenig nach hinten verschieben, aber was sollte es schon. Es war ihr lieber Lorainne in guten Händen zu wissen bevor sie ging, als sie einem ungewissen Schicksal zu überlassen. Und scheinbar würde sie nun nie mehr besonders weit weg sein.
Mel:
"In Ordnung, dann gehen wir zu Jelena."
Vielleicht würde sie dann auch nicht mehr ganz soviel Angst haben, wobei Angst nicht das richtige Wort war, denn sie war mindestens genauso neugierig auf das neue Leben, das in ihr wuchs.
"Aber vorher möchte ich Leah holen- sie soll nicht länger als zwingend notwendig in Reichsfeld sein, sonst verpasst Robert ihr noch einen schwarz weissen Wappenrock."
Lorainne musste schmunzeln. Wie oft hatte Robert ihr das angedroht, wenn sie sie länger bei ihm lassen würde? Wie oft hatte er sie in der Zeit, als sie unter seiner Fuchtel stand, damals nach dem Fall von Caer Conway, vogelfrei, ohne Simon, nur beschützt von Freunden, versucht zu überzeugen, selbst schwarz weiss anzulegen?
Sie hatte es nicht gezählt. Es waren unzählige Male.
Und so scherzhaft es oft gemeint war, schwang immer ein wenig bedrohliches mit. Immerhin verlangte er auch stets etwas für seine Hilfsbereitschaft, und wenn es nur ein Faß gutes Bier war.
Mel:
Sie hatten sich am nächsten Morgen auf den Weg gemacht, die Droor überquert, den fluss, an dem für sie damals alles begonnen hatte. Vor bald 10 Jahren.
Das Land war in den Krieg gestürtzt, es gab auf beiden Seiten große Siege und schlimme Niederlagen, doch zuletzt hatte man den Kaiser vom Thron gestürzt.
Doch statt in Frieden zu leben, hatten die Machtspielchen begonnen. absprachen waren teilweise nichtig geworden, jedem gierte es nach Macht und Engonien war zerfallen.
All das erzählte Lorainne Anders auf der Reise.
Über unschöne Erinnerungen sprach sie neutral, über die Freudigen mit einem Lachen und leuchtenden Augen.
Je weiter sie nach Süden kamen, desto mehr blühte Anders auf, doch die kindliche Unbeschwertheit, die ihr immer zu Eigen gewesen war, mochte sich nicht dauerhaft einstellen.
Mal freute Anders sich über eine der wenigen letzten Blumen am Wegesrand, dann wurde ihr Blick plötzlich wieder dunkel und entrückt, als durchlebte sie den Schmerz der letzten Monate erneut.
Schliesslich wandten sie sich gen Osten, nach Reichsfeld.
Als sie die Gegend durchquerten, wo die Valkensteiner damals für Lorainne die möglichen Verbündeten geprüft hatten, flammten auch in Lorainne wieder Erinnerungen auf.
Genau hier hatte Anders Veränderung begonnen.
Hier war sie härter, kämpferischer, hinterlistiger geworden.
Und nur um ihr zu helfen und einen Auftrag zu erfüllen.
Hier hatte Anders Bekanntschaft mit der Dunkelheit gemacht, mit ihren, als sie hinterrücks einem Mann die Kehle durchschnitt, und der Lorainnes, die bereit zu allem gewesen war, um eine einstige Liebe zu retten.
Die sie dann doch verloren hatte. An eine Frau, die mittlerweile eine gute Freundin geworden war.
Wie es Juliana wohl geht?
Überlass uns die Drecksarbeit. Du gehörst zu den Guten. Maugrims Worte, als sie das messer zückte um gnadenlos zu foltern.
Vermutlich lag es daran, dass sie in Reichsfeld waren und die valkensteinische Präsenz in jedem Winkel zu spüren war, dass sie den Tormentorpriester plötzlich schmerzlich vermisste. Er wüsste sicher, was zu tun war.
So übel, wie ihr das Schicksal mitgespielt hatte, als sie Leah wieder in ihre Arme schloss, leuchteten auch Anders Augen. sophie beobachtete alles mit stiller Duldsamkeit. Sie hatte schon so viele Tragöden erlebt, so viel Wunderbares und jetzt gab es noch eine Person mehr, um die sie sich sorgen musste und die sie verwöhnen konnte.
Die Reise der 4 Damen, so man sie denn so nennen konnte, verlieft unspektakulär. Die Nächte wurden kälter, dcoh insgesamt war es hier milder als in Firngard, wo rauhe Winde den langsam nahenden Winter ankündigten.
Mal kamen sie in einem Gasthaus unter, mal mussten sie sich ihr Lager auf der Erde bereiten und beobachteten Nachts die Sterne.
Diese Momente waren die friedlichsten. Alle vergaßen für diese Zeit ihre Sorgen und Erinnerungen und lauschten den Geschichten der Nacht.
Lorainne hoffte, dass jeder von ihnen diesen Frieden für sich bewahren könne, damit die schrecklichen Erinnerungen verblassten.
Und so sie morgens zu Lavinia Tutulina und Admoneta und Schutz für ihre Reise und um Gnade für ihr Tun bat, dankte sie ihnen am Abend, bevor sie in einen Schlaf voller Träume von Benjen und glücklicheren Tagen fiel.
Lorainne sehnte sich nach Schlaf und ihren Träumen, während Anders scheinbar große angst vor ihren hatte.
Doch der Schmerz um Benjens Verlust war dadurch nicht leichter zu ertragen und so flehte sie abends auch Lavinia Virilis an, den Schmerz in ihrem Herzen zu lindern.
Doch sie wurde nicht erhört.
Anders:
Die Nächte waren am schlimmsten. Tagsüber konnte man sich ja noch ablenken, aber Nachts... nachts kroch er aus den Ecken in denen man ihn versteckt hatte, sickerte durch die Wände die man versuchte zu ziehen wie ein unheilvoller Nebel.
Und mir ihm kamen die Träume, und die Worte und die Dinge... und das Blut.
Anders wollte nicht schlafen. Wenn sie hätte wählen können zwischen kämpfen und Schlafen, sie hätte gekämpft. Anstandsunterricht bei Sophie oder schlafen, der Unterricht. Ein Kleid tragen oder schlafen... das Kleid.
Sie blieb am längsten wach, starrte in die Glut des Feuers und sorgte dafür das es nicht ausging, wenn Lorainne und Leah und Sophie schon lange schliefen. Sie erzählte sich leise Gesichten in der Dunkelheit und doch kam es selbst dort vor, dass die Bilder sie überfluteten.
Sie wollte nicht schlafen. Sie wollte nicht schreiend aufwachen und die anderen wecken, auch wenn Lorainne manchmal leise weinte.
Die Glocke um ihren Hals fest in der Faust zitterte sie sich durch die Nächte.
Manchmal blieb sie bewusst tagelang wach. Wenn sie zu müde war, konnte sie weniger träumen und selbst in diesen Traumlosen Stunden oder in den Trance ähnlichen davor kam alles wieder zurück.
Lieber wach bleiben. Lieber nicht schlafen. Ihn nicht noch stärker machen, als sie es eh schon getan hatte. Nicht schlafen...
Wenn sie nicht sich aktiv mit den anderen beschäftigte, kam es oft vor das sie sich plötzlich ganz in sich zurück zog oder verschloss. Manchmal sah man sie allerdings auch über ein kleines Buch gebäugt in das sie scheinbar Sachen schrieb.
Auch wenn über die Reise tagsüber wieder etwas Sonne aus ihrem Gemüt zu scheinen schien, Nachts war davon nichts mehr zu spüren. Sie wusste nicht wie sich sich wehren sollte, gegen die Bilder.
Silas, Benjen, die Männer aus Reichsfeld, Julé, Fulk, die Hexe... Blut, und Tot und alles unterlegt von einem geisterhaften Kichern.
Die Nächte waren das schlimmste.
Nur auf den Tag konnte man sich verlassen.
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