Der Städtebund von Tangara > Fanada
Kadegar zu Besuch bei Vanion
Vanion:
"Es ist durchaus möglich, dass ich diesen Wein niemals öffnen werde. Das ist dir klar, hoffe ich."
Vanion schmunzelt nun seinerseits. "Unbeständig hast du mich genannt. Ja, wohl wahr. Und du glaubst nicht, dass ich zum Ritter bestimmt bin. Nun - was soll dann aus mir werden? Ich kann doch nur dahin gehen, wo meine Füße mich hintragen, glaube ich. Yorik sagte, ein saurer Bäcker backt saure Brötchen, und er hat Recht behalten."
Kadegar:
Über die Anmerkung zum Wein zuckt Kadegar nur beiläufig mit den Schultern.
"Er sollte zumindest solange trinkbar bleiben, bis wir alle unter der Erde liegen. Ein Vermögen hab ich dafür aber auch nicht ausgegeben. Und wo ist das Problem damit deinen Füßen zu folgen? Vermutlich würden deine Füße dich dahin tragen wo dich deine Freunde brauchen, was sich mit meiner Einschätzung gut vertragen würde. Mal ehrlich Vanion, wärst du nun ein Ritter und würde jemand wie Anders dringend deine Hilfe brauchen, dein Lehensverwalter dir aber sagen, dass du jetzt auf dein Lehen aufpassen musst, da du es sonst verlieren würdest. Würdest du deinen Füßen zu Anders folgen oder deine Pflicht erfüllen?"
Vanion:
"Ich würde Anders folgen. Keine Frage."
Das Rittertum mit seinem Korsett an Regeln, Idealen und Hierarchien - ist das meine Bestimmung?
Plötzlich tritt ein Ausdruck des Entsetzens in Vanions Augen.
"Verflucht, Kadegar! Ich habe ein Götterurteil bestanden! Ich habe Eide geschworen, Eide verraten und am Ende meinen eigenen Onkel getötet! All das, weil ich ein Ritter werden wollte! Aber in den Augen vieler ist meine Ehre dahin, doppelt! Nichts hab ich zu Ende gebracht: weder das Gehen noch das Zurückkommen! La Follye hat kein gutes Ende genommen, und trotzdem lebe ich weiter. Aber warum und wofür? Ich habe darüber nachgedacht, zu Algonkin zu gehen. Lyra schrieb mir, sie sprach davon, dass er mich aufnehmen würde und mir vertrauen würde! Aber der Ritterstand kommt mir hohl und leer vor, wie eine Illusion, der ich Jahre meines Lebens gewidmet habe. Doch abseits des Rittertums, was gibt es für mich? Ich hab nichts gelernt außer Felder zu bestellen, und dieses Leben ist einfach nichts für mich. Was, wenn ich einen neuen Eid schwöre und auch diesen verrate - sei es selbst für meine Freunde? Wie kann ich den Göttern vertrauen, die ihr Urteil sprachen, und gleichzeitig meine Hand führten, als sie den Dolch durch Savarics Kehle trieb?"
Kadegar:
Einwenig amüsiert über Vanions Reaktion muss Kadegar leicht schmunzeln.
"Du sagst es doch selber. Für deine Freunde würdest du ritterliche Aufgaben aufgeben. Glaubst du also wirklich, dass du eine Chance hast Ritter zu werden und deine ritterlichen Pflichten über freundschaftliche Hilfe zu stellen falls es darauf ankommt? Ich glaube nicht, dass du dazu in der Lage wärst. Ich verstehe um ehrlich zu sein nicht so ganz warum die Ritter werden willst. Weil es ein angesehenes Ziel ist? Weil es dich zu etwas Besonderen macht? Du solltest dich vielleicht eher mit deinen Freunden, mit den Leuten die dir wichtig sind, darüber unterhalten was sie von deiner Ritteridee halten. Ich denke jedenfalls weder, dass du das nötig hast, noch dass du ein guter Ritter werden kannst. Du musst kein Ritter sein um deine Ziele zu erfüllen. Und nichts gelernt außer Felder zu bestellen? Du kannst dich für deine Freunde einsetzen und für sie kämpfen. Glaubst du, dass das nichts wert ist?"
Vanion:
"Das bedeutet mir alles."
Vanion schüttelt den Kopf.
"Ich fürchte, ich hab einfach zu lange gebraucht, um manche Dinge zu lernen. Das Rittertum, wie ich es mir vorstelle, existiert nicht. Das, was Lorainne über die letzten Jahre getan hat, vorgelebt hat, war ritterlich! Aber es hatte wenig mit dem Stand, mit der Politik, mit den Loyalitäten zu tun, die damit einhergehen. Simon ist ein ums andere Mal im Zwiespalt zwischen zahlreichen Verpflichtungen gewesen.
Aber ich wollte immer ein Ritter sein, verflucht! Ein Held, ein besungener Held, dessen Geschichte erzählt wird an Lagerfeuern nah und fern! Stattdessen hab ich's zum Eidbrecher und Onkelmörder gebracht."
Nun muss Vanion selbst grinsen, auch wenn es ein perfides Grinsen ist.
"Immerhin hab ich mir einen gewissen Ruf erkämpft, nicht wahr? Es ist im Grunde egal, was andere von einem halten, das weiß ich nun. Der Ritterstand ist nichts anderes als eine Erwartung, die bestimmte Leute an einen haben. Den Idealen, und seien es auch überhöhte Ideale, dieses Standes zu folgen - das kann man auch, ohne Eide zu schwören. Das Richtige tun ist nicht immer leicht, weder das Richtige für einen selbst, noch das allgemeingültige Richtige. Könnte ich den Ritterschwur leisten? Nein. Wem soll ich meine Treue schwören? Wer hat meine Loyalität verdient? Die Königin Loenna von Donnerheim, die damit liebäugelt, Engonien in den nächsten Krieg zu stürzen? Die Herren in Middenfelz, die vor gar nicht langer Zeit noch blau und schwarz trugen und den Namen des falschen Kaisers auf ihren Lippen trugen? Oder doch jemand wie Algonkin, ein Mann, der Engonien zwar in Freundschaft verbunden sein mag, am Ende aber doch kein Engonier ist? Ich liebe meine Heimat! Und ich dachte immer, hier würde ich irgendwann ein Ritter sein, auf einem Pferde reiten, mein Banner in Turneien mit Ehre bedecken und irgendwann eine Dame zur Königin der Schönheit küren!"
Vanions Augen glänzen. Kadegar kann erkennen, dass Vanion mit dem Rittertum immer zwei Dinge verbunden hat: zum Einen das Dasein als Held, als strahlender Krieger, der von allen bewundert wird - und zum Anderen das tapfere Erfüllen der eigenen Pflicht, das Gute zu tun. Doch Vanion weiß nun, dass das Rittertum viel mehr mit schnöder Politik, mit lokalen Herren und kleinlichem Gezänk zu tun hat. Der ehemalige Knappe hat eine verklärte Sicht auf diesen Stand gehabt. Nun ist der Vorhang aus Illusionen und Träumen zerstört.
"Seit dem Ende des Bürgerkrieges bin ich einem Traum hinterhergelaufen. Einer Illusion. Nun, da die Vorhänge gefallen sind, suche ich nach dem, was von dem Mann bleibt, der Ritter werden wollte. Ich kenne meine Fähigkeiten, das wohl! Nur meine Bestimmung muss ich noch finden. Und da ist es an mir, einen Fuß vor den anderen zu setzen, nicht wahr? Nur ich kann den Weg gehen, der vor mir liegt, niemand sonst. Und wenn ich den Weg nicht kenne, dann heißt das noch lange nicht, dass ich nicht einfach stur gradeaus weiter gehen kann!"
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