Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium

Winter 266, in einem Gasthaus nahe Voranenburg

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Jeremias:
Damian legt sein Brot nieder und atmet tief durch.

"Beide heiligen Frauen haben auf ihre Art unglaubliche Wunder im Namen Alamars vollbracht. Und beider Geschichten sind wichtig, aber jeweils auf ihre Weise und für unterschiedliche Menschen.
Sirasa war eine Priesterin bürgerlicher Herkunft, die aufgrund ihrer tiefen Hingabe und Demut von Alamar reich beschenkt war. Sie hat nach ihrer Erhebung zur Flamina Magna ihren Heimattempel verlassen und ist in Engonien umhergereist. Sie wollte gerne ihren demütigen Lebenswandel weiterführen und verkehrte deswegen beim einfachen Volk und reiste in einfacher Kleidung. Deswegen hat sie mit eigenen Augen auch immer wieder die zu ihrer Zeit herrschende Ungerechtigkeit und Selbstherrlichkeit sehen müssen. Sie wollte nie die Heilige werden, als die wir sie heute verehren. Aber sie konnte auch nie diese Ungerechtigkeit geschehen lassen. Sirasa ist daher heute ein Sinnbild des gerechten Zorn Alamars, der aus jedem Menschen scheinen kann und die Mächtigen stets an die viel grössere Kraft des Herrn erinnert. Und gleichzeitig ist sie ein Sinnbild der Demut, dass wir Menschen nur in äusserstem Fall zum Widerstand greifen sollen und nur dann, wenn die Oberen sich gegen die Götter selbst wenden und ansonsten uns in unser Schicksal fügen sollen, denn auch dieses ist von den Göttern gesetzt."
Damian stoppt kurz.

Vanion:
Vanion lehnte sich in seinem Stuh zurück und spielte nachdenklich an seinem Becher herum. Nur zum Widerstand greifen, wenn die Oberen sich gegen die Götter selbst wenden.

Er hatte sich oft gegen die Oberen gestellt. Gegen Konar, gegen Savaric, gegen Lorainne. Lorainne. Er seufzte. Das letzte Mal gesehen hatte er sie in Fanada, als sie auf dem Weg zu Jelena gewesen war. Hochschwanger. Sie war gewiss niedergekommen mittlerweile, und vielleicht hatte die Geburt ihr Leben gefordert. Doch ernsthaft fürchtete Vanion das nicht, schließlich hatte Jelena einen gewissen Ruf.

"Ich bewundere Sirasa für diese Demut. Demut erfordert, dass man sich selbst zurückstellt, und das können nicht viele. Wie oft juckt es einem in den Fingern, wie oft möchte man handeln, wie gern möchte man selbst Recht sprechen, Richter und Henker in einem sein? Diesen Drang zurückzustellen, erfordert Mut und auch Reife."

Jeremias:
Damian nickt. "Genau darum geht es. Wie Sirasa sagt: 'Erhebe deine Hand nicht gegen die, die im Gesetze stehen und halte deine Wut nicht zurück gegen die, die das Gesetz missachten.'
Aber es erfordert Demut und sehr viel innere Ruhe, sich dieser Weisheit zu beugen. Und es erfordert noch mehr Demut, diese Wut gerecht zu halten und sie wieder zu zähmen, wenn dem Gesetz genüge getan wurde."

Damian lächelt. "Aber lass mich noch etwas zu Halia sagen.
Halia ist keine Priesterin, zumindestens nicht in erster Linie. Sie und Kelos sind Kämpfer, die sich Alamar verschworen haben. Sie versuchen, ein priesterliches Leben zu führen und sind im Leben auch wie Priester oder gar Hohepriester behandelt worden, aber man kann sie aus heutiger Sicht am Ehesten mit dem Begriff Paladin beschreiben. Wo Sirasa also eine Waffe nur als letztes Mittel nutzt, ist Halia jemand, der die Welt sieht wie ein Krieger. Und Kelos hat sie ermahnt, weil sie sich nicht aus Demut versteckt hat, sondern es als Kampftaktik verwendete.
In seiner Ermahnung verbietet Kelos Halia die Verwendung von Täuschung als Kampftaktik. Er weist sie ausserdem an, Zeuge zu sein für die Größe Alamars, indem sie aus dem Schatten heraustritt. Etwas, was jeder Krieger sich vornehmen sollte.
Worum es also geht, ist immer das Motiv des Handelnden. Sirasa verdeckt ihren Ornat, um falschen Stolz zu vermeiden, Halia zeigt ihre Insignien offen, um nicht der Täuschung anheim zu fallen."

Damian nimmt einen tiefen Schluck aus seinem Becher. "Habt ihr Fragen zu den beiden Heiligen?"

Skynex:
"Kann es sein, dass sich einige Flamen Sirasa zum Vorbild genommen haben und ihr nacheifern?" fragt Lothar, während er sich gedankenverloren das Kinn reibt.

Vanion:
Kurze Zeit später waren Damian und Lothar in ein philosophisches Gespräch über Vorbilder verschiedener Priester verstrickt, was Vanion recht bald langweilte. Nach dem Essen entschuldigte er sich also und zog sich in seine Kammer zurück.

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