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Autor Thema: Offenbarung, Winter 265 nach Jeldrik  (Gelesen 1776 mal)

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Offline Simon de Bourvis

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Offenbarung, Winter 265 nach Jeldrik
« am: 30. Aug 16, 22:33 »
Rückblickend war es wohl nicht seine beste Entscheidung gewesen, den Weg nach Donnerheim zu Fuss zurückzulegen.

Schnee, Matsch, Schneematsch, die Auen an der Droor zeigten sich dem Wanderer wenig gnädig. Die Strasse wäre eine Alternative gewesen, aber zum Nachdenken war ihm die Einsamkeit lieber.

Ein einsamer Pilger in den Diensten Tiors, er lächelte in sich hinein, ja das würde funktionieren.
Aus gutem Grund hatte er sich entschieden die Ordenstracht noch nicht abzulegen. Und je dreckiger und abgetragener desto besser.

Völlig unerheblich, dass die Brüder grosse Sorge trugen, ihr Ornat in Ordnung zu halten. Hier ging es darum die Erwartungen bei Hofe nicht zu enttäuschen.

Und erwarten würden sie einen armen, demütigen Bettelritter, einen, dessen Geist offen für den Willen der Götter war und der seine anderen Bedürfnisse vernachlässigte.

Eigentlich schade, dass er seine Botschaft mit solchen Winkelzügen unterstützen musste. Aber Illusionen machte er sich keine.

Es würde die geben, die nur hören würden, was sie hören wollten.
Die, die garnicht hören wollten.
Und vor allem die, die versuchen würden, das was sie hörten in ihrem sinne zu nutzen.

Er marschierte also sehenden Auges auf ein Schlachtfeld, dessen Beschaffenheit er nur in groben Zügen kannte und er wusste nicht, wer ihn wann von wo angreifen würde. Oder erst mit ihm zusammen streiten und dann die Seiten wechseln würde.

Lügen würde er nicht, aber er würde sonst jeden Vorteil nutzen müssen, der sich bot.

Es donnerte und begann erneut zu schneien.

"Wäre einfacher gewesen, wenn du so laut reden würdest wie deine Schwester Naduria!" rief er in den aufkommenden Wind und musste über sich selbst lachen.

Die Götter! 12 Monde im Dienste des Ordens. Unzählige Stunden auf dem Sandplatz. Beinahe genausoviele Male mit schmerzenden Knochen am Boden. Von einer Tiorspriesterin angestochen. und dennoch kein Zeichen, dass Tior....

Er blieb stehen.
Der Unterkiefer bekann zu mahlen.
Er kratzte sich am Kinn.

Er hatte Cassandra gefordert, weil er der Meinung gewesen war, ihre Art mit einem Novizen umzuspringen, sei mit Tiors Willen nicht zu vereinbaren.

Und sie hatte ihn nicht zu treffen vermocht.

Obwohl ihm doch einige Novizen und Priester, die weit weniger mächtig waren auf dem Sandplatz oft gezeigt hatten, dass seine alten Knochen nicht mehr so schnell oder so stark waren, wie ehedem.
Wobei...er hatte kaum zeit bei den Heilern verbracht, Schmerzen hatte er eigentlich wenig erleiden müssen, gemessen an dem, was er eingesteckt hatte...

Der Kiefer mahlte weiter.

Damian, Ulric, Bran, Shangra, Vanion, Arius...Er hatte jedesmal seine Mühe gehabt mitzuhalten.

Aber als Cassandra ihn in wilder Raserei angesprungen hatte...war er schnell genug gewesen sie abzuwehren, hatte sie von sich geschleudert.

Sie hatten über die Tiorsgefälligkeit der Raserei disputiert.
Und sie war in Raserei mit der Klinge auf ihn losgegangen...

Derselbe Disput!

Mit Taten statt mit Worten.
Tiors Raserei, die Raserei des alten Weges in ihren Augen.
Und er hatte...

Er schluckte und sank auf die Knie.
"Tior, Herr der Schlachten und des Feuers,
Herr der Ehre!
Vergib Deinem Diener seine Taubheit.
Ich war blind, aber jetzt kann ich sehen.
Ich gehe in den Streit, der vor mir liegt, in Deinem Namen, Herr.
Schenke mir keine Kraft, schenke mir keinen Mut, zeige mir meinen Feind und treibe ihn aus den Schatten.
Ehre sei Tior."

Kein göttliches Zeichen. Kein Donner und kein Blitz. Keine Stimme aus den Wolken.

Der Blick richtete sich nach Westen.
Der Schritt wurde leicht.
Die Wegstunden nach Donnerheim flogen nur so dahin.
Wir wollen wie Kinder sein,
nämlich dumm und 1,30.