Die zwar förmliche, aber freundliche Atmosphäre war verflogen. Vanion spannte sich unwillkürlich seinerseits an, als er wahrnahm, wie Maria sich versteifte, und als er ihre Worte hörte, spürte er das Blut in seinen Adern wallen. Er erinnerte sich, als sei es erst gestern geschehen.
Die Reise nach Engonia war beschwerlich gewesen. Kaum Kupfer in den Taschen, die Kleidung mitgenommen von der Reise, die Bardike schartig. Die Torwachen Engonias hatten ihn passieren lassen, so wie sie jeden hatten passieren ließen. Schließlich war der Krieg noch nicht lange vorüber, und Engonia litt immer noch an schwärenden Wunden. Die horrenden Preise in den ordentlichen Gasthäusern konnte er sich nicht leisten, und in den Ställen irgendwelcher Bürger zu schlafen, verbot ihm sein Stolz. So hatte Vanion Bachlauf, der Knappe von Lorainne de la Follye des Joux, sich gar nicht erst mit der Suche nach einer Unterkunft aufgehalten.
"Ich bringe Nachricht über das Schicksal des Herrn Ritters Konrad von Hirschsprung", hatte er gesagt, und die Jeldriken hatten ihm das Tor geöffnet.
Ein Becher verdünnten Weines wurde ihm gebracht, eine Waschschüssel bereitgestellt, und sein Pferd wurde versorgt, und dann kam ein Diener und brachte Vanion in einen etwas größeren Raum. Es war die Kammer von Simeon von der Brücke, einem der Kastellane des Orden. Wie Vanion es gelernt hatte, verbeugte er sich höflich und stellte sich vor.
"Du bringst Wort von unserem Ritterbruder Konrad, Knappe. So berichte mir von seinem Verbleib!"
Wortlos trat Vanion vor und überreichte den ordentlich gefalteten, aber nichtsdestotrotz zerstörten und blutverkrusteten Wappenrock des Herrn von Hirschsprung.
Mit ernstem Gesicht sprach er dann: "Der Herr Ritter starb im Ehrenhändel. Er forderte mich, obgleich ich nur im Knappenstande stehe, und ich erschlug ihn in kurzem, heftigem Kampfe."
Hinter sich vernahm der Knappe ein plötzliches Aufschluchzen. "So ist es wahr", wisperte eine helle Stimme, und als er sich umdrehte, sah er eine ältere Frau, die, das Gesicht in den Händen vergraben, den Raum verließ.
Betroffen sah er die Ritterin an, versuchte in ihrem Gesicht zu lesen, ob es Zorn, die Lust nach Rache oder schlicht Trauer war, die sie bewegte.
"Ich trage nun Ritterwürden, so wie ihr. Wenn Ihr einen Groll gegen mich hegt, weil ich es war, der Konrad erschlug, dann stehe ich Euch zu Eurer Genugtuung zur Verfügung."