Achtung, Wall of Text incoming.
Bevor ich loslege: Ich weiß, wie schwer und unglaublich anstrengend es ist, eine Con auf die Beine zu stellen mit allem, was dazu gehört und mit all den hundert kleineren und größeren Problemen, Komplikationen, Ausfällen und was nicht noch alles. Und daran gemessen kann man vorab schon einmal feststellen: Mission accomplished - die Con hat, jedenfalls aus meiner eingeschränkten Teilnehmer-Perspektive, ohne größere Ausfälle funktioniert. Das ist die Hauptsache. Wenn man allerdings Sympathien für den Gastgeber-Verein, die Orga und persönliche Bekannte mal außen vor lässt, gibt es im Hinblick auf die Details aber doch einiges anzumerken.
Dazu gleich ein wichtiger Hinweis: Das hier ist nicht als Verriss gemeint und ich habe auch nicht die Absicht, mir auf Kosten anderer irgendwelchen Frust von der Seele zu schreiben. Der Plan ist eine faire, aber ungeschönte Kritik, die bestenfalls Impulse und Denkanstöße für die nächste Con geben kann.
1. Gelände (Wie fandest du das Gelände, die Umgebung (für die Con geeignet? Gut Erreichbar?)
Das Gelände ist atmosphärisch erste Sahne. Dunkle Wälder, malerische Flussaue, die zerklüfteten Felswände – absolut großartig. Ich hätte mir nur gewünscht, man hätte mehr aus dem tollen Gelände rund um den eigentlichen Platz herausgeholt. Ja, es gab vereinzelte SC-Späher und einzelne SC-Gruppen waren kurzzeitig für kleinere Missionen „draußen“, aber insgesamt lief der Großteil der Veranstaltung doch sehr stationär auf dem eigentlichen Zeltplatz ab, der mir insgesamt als der am wenigsten sehenswerte Teil des ganzen Geländes vorkommt.
Die Anfahrt bis zum Gelände war problemlos – die Beschilderung war zwar sporadisch, aber der Wanderparkplatz war trotzdem gut zu finden. Die Infrastruktur zum Ein- und Ausladen ist allerdings leider furchtbar. Der Flaschenhals sorgt fast unvermeidbar für Stau, wenn nicht alle Teilnehmer absolut diszipliniert und schnell bei der Sache sind. Das hat uns am Abfahrt-Tag ordentlich Zeit gekostet und entsprechend war dann irgendwann auch die Luft raus.
2. Unterbringung
Eigene Zelte, entsprechend war jeder seines Glückes Schmied. Der Platz ist wunderbar plan, dahingehend keine Schwierigkeiten beim Zeltaufbau. Steine und Wurzeln gab es, aber auch da alles vollkommen im akzeptablen Rahmen.
Die sanitäre Situation war ausreichend – eine solide 3, nicht mehr, nicht weniger. Sauberkeit war akzeptabel und für eine so kurze Con waren für mich auch die fehlenden Duschen okay. Für längere Cons wäre mir das Setup aber dann doch zu spartanisch – immerhin gab es theoretisch die Möglichkeit, im Notfall auf das Fennbad auszuweichen.
3. Essen (Qualität und ggf. Kosten, Küche, Tavernencrew?)
Selbstversorgung für SC, also keine Wertung. Taverne gab es keine, wurde aber auch nicht erwartet und wäre im bespielten Szenario auch eher ein Stimmungskiller gewesen.
4. NSC hinsichtlich Rollenspiel
Die Kampf-NSC haben ihren Zweck gut erfüllt und waren gerade im Dunkeln auch angemessen einschüchternd. Bei Tage fiel der Effekt schwächer aus – hier waren mir ab und zu viele der Wellen-Kultisten irgendwie nicht „irre“ genug für ihre Rolle als von alles guten Geistern verlassener Selbstmord-Trupp. Ausnahmen wie „Igor“ oder den netten Axtkämpfer-Barbaren ausdrücklich ausgenommen. Hingegen sind gerade in der Endschlacht einige NSC dabei gewesen, die zwar optische ziemlich unheimliche blaue Dämonen (?) dargestellt haben, deren zögerlich-defensives Verhalten dazu aber so gar nicht passen wollte.
Die Festrollen-NSC wirkten durch die Bank solide gebrieft und haben ihre Rollen überzeugend gespielt und (vermutlich) auch gut improvisieren können – Texthänger, fehlende Infos oder Ähnliches sind, sollte es welche gegeben haben, jedenfalls nicht im Spiel aufgefallen. Die Interaktion mit den Festrollen hat Spaß gemacht und den Plot maßgeblich getragen.
5. NSC hinsichtlich Kampf
Die Kämpfe, an denen ich beteiligt war, waren durch die Bank fair und sicher. Spieler und NSC haben gut aufeinander geachtet, Probleme und schwierige Situationen wurden schnell, unkompliziert und vor allem ohne großes Drama geklärt. Vor allem ist OT zu keiner Zeit ein „wir gegen die“-Gefühl aufgekommen, es stand auf beiden Seiten (soweit ich das einschätzen kann) eindeutig der Spielspaß im Vordergrund.
Die NSC sind oft und gerne „nach Schönheit“ gestorben, verbissenes Kämpfen auf Punkte oder Ähnliches ist mir nicht aufgefallen. Es hat regelmäßig coole, aber trotzdem sichere In-Fights gegeben, bei denen auch mal härtere oder unkonventionelle Moves mitgemacht und ausgespielt wurden.
Allerdings ist mir generell aufgefallen, dass der Großteil der NSC sehr defensiv gekämpft hat und bei Gegenwehr schnell in der Rückwärtsbewegung war. Dadurch wurden die Kämpfe insgesamt sehr statisch – was schade ist, denn gerade durch die leichte Rüstung hätte man die Kultisten so wunderbar mobil einsetzen können. In meinen Augen passte das vorsichtige Vorgehen auch nicht unbedingt gut zu fanatisch-religiösen Selbstmordkommandos.
Außerdem wurden dadurch Einzelkämpfe zwischen den Linien eher verhindert. Es sind auch nur wenige NSC überhaupt auf Duelle eingegangen (so jedenfalls mein subjektiver Eindruck). Es blieb größtenteils beim Liniengefecht, was ich als Kämpfer-Spieler persönlich schade finde.
6. Kampf allgemein (Gelände, Lichtverhältnisse, Sicherheit, Härtegrad, ... )
Intensität und Härtegrad der Kämpfe waren mir im Hinblick auf die Con-Ausschreibung persönlich zu zahm. In den Kämpfen kam, außer vielleicht durch die schiere Anzahl der Wellen, eigentlich nie ein nennenswertes Bedrohungsgefühl auf. Der Gegner war fast in jeder Situation in Unterzahl und an Ausrüstung und Bewaffnung klar unterlegen – dadurch hatten die Kämpfe fast durchweg ein deutliches Ungleichgewicht.
Die Anzahl der Angriffe an sich war mir persönlich (wieder hinsichtlich der Einladung) etwas zu wenig, aber alles in allem in Ordnung. Gestört haben mich allerdings die teilweise extrem langen „Durchhänger“ zwischen den Angriffen – stundenlanges Wache stehen ohne größere Unterbrechungen verliert irgendwann für den Spieler leider sehr den Reiz. Dieser Zustand war bei uns am Samstagnachmittag erreicht: Es gab für uns nichts zu tun, aber den Posten verlassen konnten wir auch nicht.
Die Beleuchtung im Nachtkampf am Freitagabend fand ich extrem störend – die Diffusor-Schirme waren eine gute Idee, die direkte Beleuchtung war aber dennoch sehr grell. Auf diese Weise haben die Spieler fast den gesamten Kampf hindurch gegen eine Blendung gestanden, was unangenehm und auch unter Sicherheits-Gesichtspunkten ungünstig war.
Am Samstagabend war der lehmige Teil des Kampfplatzes im Lager eigentlich zu rutschig, um noch guten Gewissens benutzbar zu sein. Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, deshalb nicht mehr von dieser Seite anzugreifen.
7. Plot ggf. Unterplots (was hat gefallen, was war unverständlich, ...)
Ein größtenteils stationärer Artefakt-Plot, bei dem es in der Hauptsache darum ging, einen bestimmten Ort zu halten und derweil Aufgaben zu lösen. Rundum: Ein echter Klassiker. Ebenfalls sehr klassisch war auch die vom Plot gelieferte SC-Motivation: “Entweder, ihr schafft das, oder BOOM – ihr erlebt die lokale Apokalypse.” Da kann man IT schwer was gegen sagen, passt. Und im Grunde ist so ein Rücken-zur-Wand-Plot auch kein schlechtes Mittel, um Spieler zum Handeln zu bringen und ihnen das Gefühl zu geben, in Gefahr zu schweben. Dieses Gefühl ist aber leider bei mir trotzdem nie so richtig aufgekommen. Dazu war bis zur Endschlacht der Druck, sowohl durch tatsächliche Angriffe als auch psychisch durch Feindsichtung und sonstige Störungen, einfach nicht groß genug.
In der großen, zahlenmäßig überlegenen Spieler-Gruppe und sprichwörtlich im eigenen Lager war es vergleichsweise einfach, sich sicher zu fühlen – zumal man ja eh wusste, dass man nicht mehr weiter zurückfallen konnte. Entsprechend ist es schade, dass der Plot durch sein Design nur selten dazu ermutigt (bzw. gezwungen) hat, das Lager in größerer Zahl zu verlassen und so ein Gefühl von Unsicherheit und Aufbruch ins Ungewisse zu erzeugen - und außerdem die Spielergruppe zu teilen, um die Kräfteverhältnisse zugunsten der NSC zu verschieben. Die paar Male, bei denen das tatsächlich passiert ist, haben wunderbar gewirkt und den SC gleich erheblich mehr abverlangt. Das hätte man in meinen Augen deutlich mehr forcieren können.
Der Punkt, der mich am Plot aber vor allem gestört hat, ist ein anderer - und dieses Problem ist so alt, wie LARP an sich und zieht sich durch fast alle Fantasy-Settings: Der Plot ist an einem magischen Ding aufgehängt und um ihn IT durchschauen und entsprechend sinnvoll mitreden zu können, ist ein gewisser Grad an Magiekenntnis nötig. Und ja, ich weiß, dass der Kreis selbst von Zauberern nicht betreten werden konnte und deshalb die Lösung der Aufgaben zum Teil an mundanen Charakteren hing. Aber eben nur zum Teil - und zwar hauptsächlich der ausführende Teil. Die Planung musste am Ende doch zum Gutteil von denjenigen gemacht werden, die sich mit Dingen wie magischem Energiefluss, Lebenskraft bündelnden arkanen Foki und ähnlichen Dingen auskennen.
An dieser Stelle hätte ich mir ganz subjektiv doch mehr Elemente gewünscht, die die weltlichen Charaktere mehr in die Pflicht genommen hätten. Warum gab es bei den Aufgaben beispielsweise nicht einen einzigen Zweikampf, wo dieses Mittel doch so auf der Hand liegt?
8. Ambiente (hier zählen gerade die Kleinigkeiten, Taverne gut eingerichtet, ausreichend Fantasyequipment überall, Ausrüstung, Klamotten der NSC, ...)
Der Platz an sich mit seiner Kulisse und dem Lager der SC hatte ein sehr schönes Ambiente weitgehend ohne störende OT-Einflüsse. Die zentrale Szivar-Stele war nett anzuschauen, auch wenn mich persönlich die doch sehr offensichtlich präsentierten großen, schwarzen und nackten Plastikrohre an den Seiten etwas befremdet haben. Der sich sichtbar ausbreitende “Kreis der Verderbnis“ war hingegen ein sehr netter Touch.
Die Klamotten der Kultisten-NSC waren super stereotypisch, aber dadurch auch zweckmäßig - man hat gleich erkannt, womit man es zu tun hat und kam entsprechend auch gut in das Feeling, hier gegen einen durchgeknallten Kult anzutreten. Auf der Schattenseite waren die Kultisten dadurch aber auch quasi absolut uniforme Abziehbildchen - Details, die Hinweise auf ihr Leben vor der Schanghaiung durch den Kult gegeben hätten, hätte ich sehr gefeiert. Sie hätten vielleicht auch ein wenig moralisches Dilemma ins Spiel bringen können - immerhin ging es ja am Ende des Tages doch irgendwie hauptsächlich gegen “ganz normale Menschen”.
Außerdem, aber da bin ich zugegeben nicht ganz sicher, wirkten die Kultisten-Kutten alle sehr sauber. Einfach für den Effekt hätte ich ganz subjektiv hier ein bisschen liebevollen Ranz, Blut und andere ominöse Flecken sehr cool gefunden. Endzeit-Larper wissen, dass sich sowas mit ansehnlichem Effekt recht einfach, günstig und optional auch reversibel machen lässt.
Die sonstigen NSC-Rollen fand ich sehr überzeugend, sowohl die Söldner als auch die Bauern, den Seher usw. Der Dämon aus der Stele war sogar ein echter Hingucker - es ist aber leider wirklich SEHR schade, dass der Effekt des geilen Kostüms bei seinem Einsatz am helllichten Tage auf einer Wiese voller Spieler und ohne irgendwelche anderen Effekte dazu völlig wirkungslos verpufft ist. Das war einfach verschwendetes Potential.
9. Die Spielleitung (SL) - waren es ausreichend SLs? Konnte immer geholfen werden? Gab es Probleme?
Bei uns gab es keinerlei Probleme in diese Richtung und wir haben selten eine SL gebraucht, deshalb hier keine Wertung von mir. Ich hatte aber schon das Gefühl, genügend SLs um mich herum zu haben.
10. Wurde zuviel oder zu wenig auf Regelwerke geachtet?
Es wurde, soweit ich das beurteilen kann, nur wenig hart nach Regelwerk gespielt, was mir als erklärtem DKWDDK-Spieler ausgesprochen gut gefallen hat. Es wurde, mal mit Ausnahme vom ein oder anderen Windstoß und Feuerball, erfrischend wenig gezaubert und mir ist insgesamt auch kaum Telling aufgefallen. Auch in den Kämpfen wurde sehr dynamisch und situativ ausgespielt, “Mimimi, ich hab aber Kämpferschutz 6” ist ist mir eigentlich auf beiden Seiten nirgendwo begegnet. Gut, ja, Treffer wurden bisweilen auf beiden Seiten nicht ausgespielt - ob das aber nun am Regelwerk lag, kann ich nicht beurteilen und hoffe, dass dem nicht so war. So oder so, keine Beschwerden zum Regelwerk - vielleicht stattdessen der Appell, sich mal vom DragonSys-Horizont zu lösen und ein freieres, vielleicht sogar ein ganz punkte-loses Regelwerk auszuprobieren. Bei Magie und anderem überweltlichen Kram kann ich noch verstehen, dass es einen gewissen Konsens, eine Bemessungsgrenze für Macht und festgeschriebene Grundregeln braucht. Darüber hinaus funktionieren Cons aber nach meiner Erfahrung auch sehr gut ohne bzw. fast ohne Regeln.
11. Wie fandest du die Mitspieler?
Eine bunte und sympathische Truppe, die beinahe so etwas wie eine funktionierende Zusammenarbeit auf die Beine bekommen hat
. Und das, obwohl wir quasi nur einen Abend und einen Tag Zeit hatten, uns kennen zu lernen (mal abgesehen von denen, die sich eh schon kannten, natürlich). Wir hatten einige schöne Spielszenen und ich habe absolut nichts an den anderen SC auszusetzen. Danke vor allem auch an die Heiler, die sich trotz geringer Zahl und viel Arbeit wirklich sehr ins Zeug gelegt haben und selbst voll im Stress noch Zeit für Spezialeffekte und Kunstblut hatten..
12. Was hat Dir besonders gut gefallen?
Die “Außenmissionen” zu den Stelen im Wald und die dortigen Gefechte abseits vom Zeltplatz. Einige der Zweikämpfe mit einzelnen Kultisten inklusive Ringkampf am Boden und Messerstechereien.
13. Was hat Dir absolut nicht gefallen?
Stundenlang untätig auf Wache zu stehen, aber auch nicht wirklich weggehen zu können. Im Nachtkampf voll in eine Lampe starren zu müssen.
14. Zusammenfassung, Fazit - und würdest Du nochmal kommen?
Der Schwarze Mond war für mich eine solide, aber in jeder Hinsicht durchschnittliche Fantasy-Con. Er war nicht schlecht organisiert und nicht schlecht gemacht, aber es hat einfach das gewisse “Etwas” gefehlt, damit der Funke überspringt. Wirklich überraschende oder neue Ansätze waren selten, insgesamt wurde für meinen Geschmack etwas zu sehr auf ausgefahrene Wege gesetzt. Bei einer jungen und unerfahrenen Orga hätte ich mir dabei nichts gedacht - beim sechsten Teil einer Reihe mit einer doch recht erfahrenen Crew allerdings bleibt ein irgendwie eher schales Gefühl zurück.
Anmerkung: Ja, ich weiß, dass sicherlich hinter den Kulissen vieles anders gelaufen ist, als es geplant war. Und auch, dass es bis recht kurz vor knapp deutlich zu wenige NSC gab. Ich versuche hier aber, die Con rein an dem zu messen, was auf dem Platz passiert ist.Die vom Plot gezeichnete Bedrohungslage kam bei mir nur sehr bedingt an, die Kämpfe waren deutlich weniger heftig, als die Einladung mich hätte erwarten lassen. Wirklich positiv überrascht war ich davon, auf einer dezidiert als DragonSys3-Con ausgeschriebenen Veranstaltung ohne Regelwerks-Frust heimfahren zu können.
Alles in allem ziehe ich mein Fazit mit sehr gemischten Gefühlen. Der Schwarze Mond 6 war mit Abstand nicht die schlechteste, aber auch mit großem Abstand nicht die beste Con, auf der ich jemals war. Ich bin nicht enttäuscht heimgefahren (nur etwas genervt wegen der Lade- und Abreise-Problematik), aber auch nicht mit dem Gefühl, ich hätte wirklich etwas verpasst, wenn ich nicht dort gewesen wäre. Ob ich nochmal kommen würde, habe ich noch nicht final entschieden, aber aktuell tendiere ich eher zu einem “nein”. Immerhin hat die Con inklusive Ticket, Fahrtkosten und Verpflegung dann doch mindestens 130 Euro gekostet. Und das ist mir für ein “ganz okay” dann rückblickend doch leider etwas viel des Guten.