Der Ratssaal

[Tannjew]

"Jelena, da seid ihr mir zuvor gekommen. Aber ihr habt vollkommen Recht. Durch diesen Vorfall hat sich unser Treffen hier drastisch verschärft. Es gilt nun einen Weg zu finden, wie wir den Verlust der lodrischen Soldaten kompensieren können. Außerdem wollte ich Robert um eine Einschätzung der Bedrohungslage bitten."

[Jelena]

Jelena wich dem Blick nicht aus, das hatte sie noch nie getan. Statt dessen war da nur Ruhe. Sie hatte keine Angst vor Robert oder dessen Wut und das wusste er auch. Sie nickte ihm nur ruhig zu und wartete auf seine Antwort zu Tannjews Frage.

[Münster]

Robert hasste es, wenn Jelena so ruhig und verständnisvoll dreinschaute. Dann wendete sich seine Aufmerksamkeit wieder Tannjew zu. Schließlich stand er erneut auf und breitete er einige Karten der Stadt und des Landes aus, die mit vielen verschiedenen Zeichen versehen worden waren. Dann setzte er zu seinem Bericht an:

"Nun, die Lage ist die, dass wir auf einem verdammten Pulverfass sitzen, dessen Lunte gerade in Engonia angezündet wird! Der Abzug der Lodrier wirft unsere strategischen Pläne vollkommen über den Haufen! Die Schanzanlagen der Stadt sind nur zu einem Drittel fertiggestellt, die Straßen sind überfüllt von Flüchtlingen und Kriegsversehrten, und wie mir unsere Kundschafter berichteten, streunen derzeit eine Handvoll Überlebende des Lupus durch die Provinz, so dass wir annehmen müssen, dass es bald zu Gewaltakten kommen wird. In Zusammenarbeit mit seiner Exzellenz, Inquisitior von Greifstedt, haben wir bereits ein Liquidationskommando entsandt, dass sie hoffentlich bald aufspüren wird. Die Lage an der Beransader scheint derzeit einigermaßen stabil. Zumindest gab es bisher keinen Versuch des Feindes, den Flusslauf erneut zu überqueren. Was den Stamm von Verrätern angeht, die dort hausen, so haben sich diese bisher nicht gezeigt, wenngleich ich an dieser Stelle auch empfehlen möchte eine Strafexpedition gegen diese in Betracht zu ziehen!"

Robert hielt einen Moment inne und schaut Tannjew musternd an.

"Die Vorbereitungen für die Operation Steinschlag sind praktisch abgeschlossen! Ich erwarte noch diese Woche die endgültige Fertigstellung!"

Erneut hält er kurz inne, bevor er in angespanntem Ton fortfährt:

"Fakt ist, dass unsere Verluste an der Beransader und der feige Rückzug der Lodrier uns mehr kosten, als bisher erwartet. Die Aufrechterhaltung der Versorgungslinie zu den Befestigungen an der Beransader, bei gleichzeitiger Befestigung Caer Conways ist unmöglich. Die wenigen Soldaten die wir noch besitzen leisten jetzt bereits die Arbeit, die normalerweise von der dreifachen Anzahl bewältigt wird! Ich sage es ungern, aber wir werden uns entscheiden müssen! Entweder wir befestigen die Beransader, darauf hoffend, dass uns das dortige Terrain einen Vorteil bietet oder wir ziehen uns nach Caer Conway zurück."

Es folgt eine kurze Pause.

"Oder... - Wir starten eine Invasion! Sofern die Caldrier mitziehen und Richard endlich aufhört sich seinen Hintern platt zu sitzen, könnten wir es schaffen, diesen Krieg im kommenden Jahr zu beenden. Ich will euch keine Illusionen machen! Hauptmann Stephanus' Stab und der Unsrige haben lange über diesen Punkt debattiert, doch am Ende kamen wir zu dem immer gleichen Ergebnis. Andarra ist auf Dauer nicht zu halten!"

[Tannjew]

"Ich weiß nicht, ob wir zu viel Kraft in die Befestigung der Beransader investieren sollten. Wir wissen nicht, wie viele Truppen der Kaiser uns im Frühjahr aus Caldrien auf den Hals hetzen wird. Womöglich werden diese gar nicht zu den jetztigen Truppen hinzustoßen sondern die Beranberge im Süden umgehen."
Tannjew wandte sich an Zolthan. "Ich möchte die Majaren bitten, dass sie Reiter ausschicken, um die Position dieser streunenden Wölfe zu ermitteln. Sie sollen sich nicht in unnötige Gefahr begeben. Allerdings dürfen sie mit den Lupus Umbra verfahren wie es ihnen beliebt." Der Stammesfürst der Majaren nickte.
"Jelena, wie steht es um das Säckel der Stadt? Können wir es uns leisten, Söldner anzuwerben, um die verlorene Kraft halbwegs wieder wett zu machen?"

[Münster]

"Entschuldige wenn ich dazwischenfahre, aber mit Verlaub, so viele Söldner kannst du für Geld nicht kaufen!", warf Robert missmutig in die Runde. "Auch wenn wir den Staatsschatz des Kaisserreichs besäßen..."

[Jelena]

"Was ein Glück das wir uns darum keine Gedanken machen müssen, oder?" war Jelenas spitze Antwort.
"Wir können etwa 250 Mann für einige Wochen bezahlen und ernähren, je mehr, desto geringer die Dauer. In einem Punkt muss ich Robert jedoch Recht geben: es wäre ratsam die Konfrontationen nach Westen zu tragen, statt hier auf sie zu warten. Wäre es nicht möglich sich mit dem Heer der Königin zusammen zu schließen und die Truppen an der Droor in die Zange zu nehmen? Welche Nachrichten bringt ihr aus Donnerheim?"

[Münster]

"Nichts für Ungut, Frau Kämmerin", erwiderte Robert schnippisch, "aber wenn diese Möglichkeit bestände, würden wir sie wohl in Betracht ziehen?! Fakt ist jedoch, dass dieses Unterfangen unmöglich ist. In dem Moment, wo wir eine Front schwächen um eine andere zu verstärken oder uns zu einer Front vereinen wird Konar uns zermalmen!"

[Jelena]

"Es reicht!" meinte Jelena mit erhobener Hand.
"Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist, aber ich bin nicht der Feind, Robert McMannahugh! Also steig von deinem hohen Ross herunter und sage uns, was wir tun können und nicht, was nicht!"

[Münster]

"Damit triffst du genau den Kern dessen, was ich sagen wollte! Mit dem Rückzug der Lodrier bleibt uns nur noch eine Option! Entweder wir starten schnellstmöglich eine Invasion und hoffen darauf, dass die Caldrier es uns gleichtun oder wir warten hier und werden meiner Schätzung zufolge spätestens in einem halben Jahr von der Landkarte getilgt!"

[Engonien NSC]

"Noch eine Offensive?" schrillte es von Delwyn. "Aine, schenk ihnen Weisheit! Seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen?" Aschfahl blickte der Stammesfürst die beiden an und zeigte mit zitternder Hand auf Robert. "Du und du,", seine Hand wies nun auf Tannjew, "ihr beide seid für den Tod vieler Toraner verantwortlich! Und nun wollt ihr mehr von ihnen in den Tod führen?"

[Jelena]

Jelena sah den Stammesfürsten verwundert an, so hatte sie ihn bisher noch nie gesehen: "Häuptling Delwyn! Wie könnt ihr so etwas behaupten?"

[Münster]

Robert wendete sich langsam zu Delwyn um. Er wirkte wie ein Raubtier, kurz vor dem entscheidenden Sprung, seine Zähne knirschten und die Ader auf seiner Stirn pochte, als wollte sie zerspringen. Dann brachte er mit eisiger Stimme hervor:

"Häuptling Delwyn! Wenn ihr aufhören würdet euch wie ein wimmernder Goblin in seinem eigenen  Erbrochenen zu gebären, könnten wir vielleicht, aber auch nur ganz vielleicht, eine Möglichkeit finden, mittels derer wir diesen Konflikt EVENTUELL überleben könnten!"

Dann wendete sich Robert an die übrigen Mitglieder im Ratssaal.

"Jeder von uns weiß, dass bereits viele gute Männer und Frauen ihr Leben für unsere gemeinsache Sache gegeben haben! Alles was wir bis jetzt erreicht haben, haben diese heldenhaften Soldaten mit ihrem Schweiß, mit ihrem Blut und ihrem Leben erkauft! Ihr, HÄUPTLING Delwyn, solltet gut überlegen, ob ihr das Andenken dieser Gefallenen weiter mit euren Worten entehren wollt?! - Ja! Es wird weitere Tote geben, bis dieser Krieg vorbei ist! Es wird weiteres Leid, weitere Entbehrungen und eine Vielzahl an schrecklichen Ereignissen geben, deren wir uns stellen müssen! Doch wenn wir uns jetzt nicht zusammenreißen und handeln, dann wird alles wofür wir bis jetzt gekämpft haben sinnlos!"

Robert fixierte Delwyn mit einem vernichtenden Blick.

"Und dann, DELWYN, werdet ihr euch in der nächsten Welt vor den verehrten Gefallenen rechtfertigen müssen, warum ihr ihnen ihren Sieg genommen habt!"

[Tannjew]

"Ruhe!" Tannjew konnte es nicht leiden, wenn sich Leute gegenseitig anschrieen. "Ri Delwyn hat in einem Recht: Eine Offensive können wir im Augenblick nicht wagen und eine koordinierte Offensive zusammen mit Caldrien oder Tangara halte ich augenblicklich für nicht machbar."

[Jelena]

"Ja, spreche ich denn orkisch?"
Jelena war nun mehr als aufgebracht.
"Ich spreche doch nicht davon das unsere Armee durch Middenfels schlagen soll! Was hindert uns daran die Schiffe der Ascalonier oder anderer Verbündeter zu besteigen und sie zur Droor zu bringen, wo sie sich mit den caldrischen Einheiten zusammenschließen? Immerhin harren diese bereits seit Monaten dort aus, vielleicht könnten unsere Krieger die Situation zu unserem Vorteil wenden?"

[Tannjew]

"Hmm, der Plan hat durchaus etwas für sich. Doch was passiert mit den Alten, den Frauen und den Kindern, sprich all jenen, die wir hier zurücklassen müssten. Robert, vielleicht wäre es Zeit wenn du etwas mehr zu Operation Steinschlag sagt. Es wird Zeit, dass jeder der Anwesenden hier aufgeklärt wird."