Einige Wochen vor dem Angriff, in Jelenas Lager

[Wydh]

Sasha und Wydh betraten die Taverne, die zu ihrem Lager umfunktioniert wurde. Es herrschte ein reges treiben, dass sogar vor der Meisterin keinen halt machte.
Sie ging hin und her, verteilte befehle und räumte selbst einige Schüsseln von einem Tisch zum anderen.
"Ein wirklich passender Augenblick um mit ihr zu reden" dachte sich Wydh und schaute zu Sasha. Die schaute jedoch recht entspannt und bedeuetete ihr Jelena anzusprechen. Wydh ging auf sie zu und musste sich ein bischen in ihren Weg stellen, um überhaupt von ihr wahrgenommen zu werden.
"Jelena, habt ihr einen Moment, um mit mir und Sasha zu reden?"
 Ihr war etwas unwohl vor dem Gespräch, denn immerhin musste ihre Meisterin ihrem Vorschlag zustimmen und diese Idee stamme von Svenja und ihr. Also kein gutes Zeichen.

[Jelena]

Jelena blieb stehen und fuhr sich etwas fahrig durch die Haare, die inzwischen ein wenig wirr vom Kopf abstanden:
"Natürlich. Sollen wir uns hier irgendwo setzen? Oder lieber hoch gehen?"

[Wydh]

Erleichtert über die Reaktion entschied sich Wydh für ein Gespräch im oberen Teil der Taverne, wo sie niemand so leicht stören und vor allem hören konnte.
Zusammen gingen sie in eine Stube, die zurzeit als Jelenas Schlafstätte diente. Sie war die größte des Hauses und als einzige von einem Ofen gewärmt.
Außer einem großen Bett, bestand die Einrichtung ihres Zimmer aus einigen Schränken und einem niedrigen Tisch auf dem einige Teetassen herumstanden. Drumrum lagen Felle auf die sie sich setzen.

Normalerweise würde Jelena jetzt die Arme verschränken, sich etwas zurück lehnen und Wydh dann  mit einem neugierigen aber durchdringenden Blick mustern und dabei die Augenbraue etwas anziehen.
Ihr Blick würde sagen " Ich warte? Was willst du mir sagen?"

Doch sie tat es nicht. Sie saß  nur da und schaute abwechselnd zu Sasha und Wydh.
Das war nicht normal und das war es was Wydh so unglaublich unsicher machte.

"Nun es ist ja noch einige Wochen hin, bis wir mit dem Angriff beginnen und...  und Sasha meinte ja es wäre wichtig, dass ich lerne meine Natur neu zu entdecken.
Naja und da Svenja im moment sowieso die meiste Zeit im Wald verbringt dachte ich mir es wäre meiner Aufgabe nur förderlich ...  nun ja das ich mit ihr in den Wald gehe... bis wir den Angriff beginnen..."

[Jelena]

Jelena sah etwas verwirrt aus und mehr als nur ein bißchen müde. Und das, obwohl sie im Augenblick viel mehr schlief als sonst.
"Was genau meinst du mit in den Wald gehen?"

[Wydh]

Wydh hatte diese Antwort erwartet. Aber wo war der scharfe Ton, den sie sonst an den Tag legte?
Sie schaute nocheinmal unsicher zu Sasha, die aber ganz entspannt am Tisch saß und sich nicht sehr über Jelena zu wundern schien.

"Naja leben... in der Natur. So wie früher. Das war es doch was ich wieder lernen sollte.
Mein altes Ich wieder zu finden... und ich denke das werde ich am besten  lernen wenn ich zusammen mit Svenja, die ja sehr Naturverbunden ist, die Zeit dort verbringe."

[Jelena]

"In der Natur leben? Mit Svenja?"
Jelena schüttelte den Kopf und rieb sich über das Gesicht:
"Ich weiß nicht so recht was ich davon halten soll. Wydh, mir ist klar, dass du das machen musst, aber jetzt? Und hier? Wir haben keine Ahnung was sich alles um Brega herum treibt und so gern ich Svenja auch habe, wirklich wehrhaft ist sie nur bedingt!"

[Wydh]

"Sie ist Wehrhaft! Und ich erst recht!" sagte Wydh gerade herraus obwohl sie wusste das es Übertrieben war.
"Und und wenn ich erstmal wieder wirklich Ich bin, dann bin ich noch besser! Ich hab nun noch Zeit meine Sinne zu schärfen und das werde ich auf dem Schlachtfeld brauchen. Das sichert doch eher mein Leben, als wenn ich hier rumsitze und mich mit irgendwelchen Aufgaben langweile."
Langweile? Wydh du redest dich noch um Kopf und Kragen! dachte sie und setzte direkt hinter her: "Wobei die Aufgaben natürlich wichtig sind und langweilen würde ich mich ja nicht.. nein nein das war falsch ausgedrückt. Aber um auf den Punkt zu kommen... ich sollte meine Sinne schärfen! Und das lerne ich in dieser überfüllten Stadt nie und nimmer."

[Jelena]

Etwas blitzte in Jelenas Augen auf und sie fixierte den Lehrling vor sich mit festem Blick, so dass es einen Augenblick lang so aussah, als wäre sie wieder ganz die alte. Und wie so oft kam die Heilerin direkt zum Kern des Problems:
"Wydh? Was ist hier los? Bist du unglücklich bei mir?"

[Wydh]

Diese Frage überraschte Wydh so sehr das sie ihre Meisterin mit großen Augen und offenem Mund anschaute.
Nach einer gefühlten Ewigkeit sammelte Wydh ihre Gedanken und versuchte sie zu Ordnen.
Man konnte ihr richtig ansehen, wie es in ihrem Kopf arbeitete, doch zu einer formulierten Antwort kam sie nicht.
Sie begann zum ersten mal den Kopf auszuschalten und mit dem Herzen zu antworten.

"Nein,nein,nein.
Hier ist mein Zuhause, bei Dir ist mein Zuhause! Und hier bin ich Glücklich, denn ich habe eine Familie gefunden.
Ich möchte auch nicht lange fort, denn hier fühle ich mich wohl... und vor allem sicher,           
doch.... Ich will herausfinden ob ich noch das sein kann was ich vor Ewigkeiten war. Das was mir genommen wurde will ich wiederfinden.
Kannst Du .. ah verzeiht könnt Ihr das denn nicht verstehen?"

[Jelena]

Jelena nickte und öffnete einfach nur die Arme. Wydh tat was sie immer tat und war einen Augenblick später an Jelena angekuschelt.  Diese schien noch zu überlegen, antwortete aber schließlich:
"Ich verstehe dich nur zu gut, mačko moja... aber das ändert nichts am Grundproblem. Du und Svenja wäret bei einem Angriff nicht geschützt und wenn euch etwas geschieht, dann könnten Tage vergehen bevor wir etwas davon mitbekommen... Muss es denn jetzt sofort sein? Magst du nicht warten bis wir von Engonia zurück kommen?"
Man merkte Jelena deutlich an, dass ihr der Gedanke Wydh könne etwas zustoßen unerträglich war.

[Wydh]

Dieses Vorhaben war Gefährlich und das wusste Wydh auch.
Aber war es das Leben hier im Tross denn nicht auch?
Sie dachte einige Augenblicke nach bevor sie leise antwortete:

"Wer weiß ob ich nach der Schlacht noch Gelegenheit dazu habe...  alles wird anders sein.
Außerdem möchte ich die Chance auf ein Überleben verbessern, wenn man sich in den eigenen Reihen schon fürchten muss."

Dann drehte sie den Kopf etwas und flüsterte ihrer Meisterin etwas ins Ohr.

[Luthor Kaaen]

Die Tür unten in der Tav... im Lager wurde aufgestoßen und ein schnaufender Luthor trug zwei große Leinensäcke über den Schultern in den ehemaligen Schankraum. Er suchte sich eine ruhige Ecke, was schon eine Herausforderung für sich war, und begann in seinem Gepäck zu kramen und sich nicht um das Gewusel um sich herum zu kümmern.
Überhaupt war er in letzter Zeit sehr schweigsam geworden, nahezu in sich gekehrt. Bei abendlichen Diskussionen hielt er sich zurück, ebenso bei Besprechungen und bei Abenden, in denen mehr als Wasser die Kehle hinab rann. Bei dem Gedanken, das Ende des Bürgerkriegs in greifbarer Nähe zu haben, erfüllte ihn mit einem Gefühl der Erleichterung, aber auch Anspannung. Entscheidungen mussten gefällt werden.
Seine Weste trug er seltener in letzter Zeit, ebenso den Hut oder den teuren Mantel, den er erst vor kurzem für viel Geld auf dem Wollmarkt erstanden hatte. Er schüttelte den Kopf und begann, den Beutel mit den zugeschnittenen Verbänden hervorzuholen, um sie zum hundertsten Male neu aufzuwickeln. Dabei fiel sein Blick auf den Eisenhut, der seit Monden, fast schon einen halben Jahreslauf in seinem Gepäck verborgen war.

[Jelena]

Jelenas Augen wurden erst groß und dann ganz schmal. Sie drehte Wydh so, das sie ihr in die Augen blicken konnte:
"Was ist passiert?"

[Wydh]

"Er führte mich von Sasha und Svenja weg in eine dunkle Ecke zusammen mit einem seiner Soldaten.
Auf dem Boden lag Blut und er drohte mir das meines daneben liegen würde, denn ich hätte irgendeine geheime Verlobung preisgegeben, wovon ich selbst in diesem Moment erst erfahren habe. Und das von der zukünftigen Braut selbst. Er packte mich grob am Arm und redete Bedrohlich auf mich ein. Dabei wisst ihr selbst, Jelena, dass ich aus meinen Fehlern gelernt habe und Stillschweigen wahre. Ich habe nichts getan.
Sasha kann es bezeugen, denn sie stand neben mir und hat es im gleich moment erfahren. Und sie sah wie ich wenige Augenblicke später weggeführt wurde."
Sie deutete auf Sasha, die am anderen Ende des Tisches saß und zuhörte.

"Wie dem auch sei  Sir Robert kam nach einigen Augenblicken dazu und versuchte mir auf lächerliche Weise zu erklären wie wichtig es doch wäre seinen Ruf unbefleckt zu wahren. Ihr und Eure Macht könnte mich nicht schützen sagten sie, ich solle acht geben damit mir nicht plötzlich etwas passieren würde.
Jelena, ich habe erkannt wie gefährlich es momentan für mich ist. Sie hätten jede Gelegenheit mich in die nächste Ecke zu schleifen und mich zu erstechen."

[Jelena]

Jelena sah im ersten Augenblick verblüfft aus und dann ziemlich verletzt. Ihre Gesichtsfarbe wechselte zu einem interessanten Rot und sie wurde sehr, sehr still.
Als sie sprach, da war eine ziemliche Eiseskälte darin.
"Robert, hm? Jebo mu pas mater! NIEMAND! Niemand vergreift sich an meinen Welpen, egal ob gerechtfertigt oder nicht!"
Sie sah Wydh ruhig in die Augen, aber ein leiser Tadel war schon darin:
"Dich trifft keine Schuld, ich weiß das, aber leider haben deine früheren Streiche zu dieser Situation geführt. Ich will, dass du mich richtig verstehst, nichts rechtfertigt so ein Vorgehen, aber es würde mich doch sehr überraschen wenn Gerhardt dir auch nur ein Haar gekrümmt hätte. Ich werde mich zu gegebener Zeit mit ihm beschäftigen, dessen sei dir gewiss! Wo war eigentlich Wassilji während dieser Episode?"